Kuess mich - es ist Karneval
auf.”
Wie jedesmal, wenn sie ihm beim An-oder Auskleiden behilflich sein mußte, begann ihr Herz zu rasen. Sie zwang sich, ruhig zu bleiben, und half ihm, das Hemd aufzuknöpfen und auszuziehen.
“Du hast vor, hier in Rio zu bleiben und nicht nach Hause zu fahren?” erkundigte sie sich. Sein dunkles welliges Haar, das sich im Nacken zu kleinen Locken kringelte, war so dicht, daß sie es am liebsten mit den Fingern durchwühlt hätte.
“Ja, ich habe vor, hier zu bleiben.” Roberto rückte die dreieckige Schlinge, in der sein Arm steckte, zurecht. “Aber ich werde ab übermorgen Hilfe brauchen.”
Der folgende Tag war Donnerstag. Ellen hatte ihm mitgeteilt, daß sie an diesem Tag seine Wohnung verlassen und aus Rio abreisen würde. Schweigend hängte sie sein Hemd auf einen Bügel. Sie wollte Brasilien nicht verlassen, noch nicht jetzt!
Doch sie blieb kühl und beherrscht. “Ich bin sicher, daß sich Teresa gern als Krankenschwester zur Verfügung stellen wird.
Vielleicht hat auch einer deiner Freunde Zeit. Schlimmstenfalls könntest du ja auch jemanden engagieren.”
“Am liebsten wäre mir, du könntest bei mir bleiben”, sagte Roberto und sah sie mit seinen braunen Augen fest an. “Wärst du dazu bereit?”
“Ja”, erwiderte sie, ohne auch nur einen Moment zu überlegen. Ihr wurde sofort klar, daß sie zu schnell geantwortet hatte.
“Ich meine … nun, schließlich hast du dich bei dem Versuch verletzt, mir meine Perlen zurückzuholen, also ist es doch nur recht und billig, daß ich hierbleibe und mich um dich kümmere”, versuchte Ellen ihr rasches Einverständnis sowohl vor sich selbst als auch ihm gegenüber zu rechtfertigen. Sie griff nach dem Badezimmerstuhl und stellte ihn neben das Waschbecken.
“Bitte setz dich.”
Daß ich unter diesen Umständen hier in Rio bleibe, ist ja noch zu verstehen, dachte Ellen, aber warum habe ich eingewilligt, weiterhin mit ihm in seiner Wohnung zu wohnen?
Warum half sie ihm, wenn es sie bereits in tiefe Verwirrung stürzte, nur in seiner Nähe zu sein? Im Grunde kannte sie die Antwort auf diese Frage: Sie sehnte sich danach, ihm zu helfen.
Sie genoß es, für ihn zu sorgen.
Ellen legte das Handtuch um Robertos Schultern. Wenn sie bliebe, würde sie ihre Gefühle mit Sicherheit einem Härtetest aussetzen, aber in sexueller Hinsicht liefe sie bestimmt nicht Gefahr, schwankenden Boden zu betreten. Robertos schmerzende Rippen würden noch mindestens drei Wochen bandagiert sein, und danach würde sie nach Hause fahren. Es war also auszuschließen, daß die Leidenschaft die Oberhand gewinnen könnte. Es besteht nicht das geringste Risiko, daß wir uns in eine heiße Liebesaffäre stürzen, dachte sie, -wobei ihr Herz allerdings verdächtig stark klopfte.
“Du kannst sicher sein, daß du noch genügend Zeit für deine Fotos von Rio haben wirst, selbst wenn du dich um mich kümmerst”, versprach er ihr.
Warum will er wohl, daß ich hierbleibe? fragte sie sich.
Vielleicht dachte er, daß sie sich auf diese Weise die Reise und ihren Aufenthalt in Rio nachträglich verdienen könne? Sie bemerkte, wie sein Blick ihre Brüste streifte. Möglicherweise glaubte er auch, die Anwesenheit einer ansehnlichen Blondine könnte ihm die Langeweile bis zu seiner völligen Genesung vertreiben.
Nach dem Rasieren prüfte Roberto das Ergebnis. “Perfekt.
So, und jetzt trägst du noch ein wenig Rasierwasser auf.”
Ellen zitterte vor Erregung. “Letztes Mal hast du kein Rasierwasser benutzt”, protestierte sie.
Roberto lächelte nachsichtig. “Ich hatte es vergessen.”
Er weiß, daß es mich verwirrt, ihn zu berühren, dachte sie, als sie die Flasche aus dem Spiegelschrank nahm, und er tut es mit Absicht.
In diesem Augenblick läutete die Türglocke.
Roberto verzog den Mund. “Von der Klingel gerettet”, stellte er leise fest. “Vielleicht ist es Mr. Wonderful, der uns mitteilen möchte, daß er sich entschieden hat, ein Kabriolett zu kaufen.”
“Wollen wir’s hoffen”, sagte Ellen und eilte dankbar zur Tür.
Doch dort wartete eine rundliche Frau mit einer Stupsnase und bräunen Dauerwellen. Sie schien erst Anfang Dreißig zu sein, wirkte aber bereits recht matronenha ft. Neben ihr stand ein ernstblickender Junge mit braunen Augen, und im Hintergrund kicherten zwei kleine Mädchen in hübschen geblümten Kleidern. Als Ellen den Jungen näher betrachtete, hatte sie den Eindruck, Roberto als Schuljungen vor sich zu haben.
“Sie müssen Yolanda
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