Küss mich hier und küss mich jetzt (Julia) (German Edition)
kam. Ralph unterbrach sich und wandte sich abrupt um.
„Genau wie was?“, drängte Kit leise.
„Nichts.“ Ralph zog ein Taschentuch hervor und tupfte sich die Stirn ab. Als er sich zu Jasper umdrehte, war jede Feindseligkeit aus seinem Gesicht gewichen. „Wir sprachen gerade von dir … und Sophie.“
Grinsend steuerte Jasper auf das Tablett mit den Drinks zu. „Ist sie nicht wunderschön? Und schlau und talentiert noch dazu. Großartige Schauspielerin.“
In dem Anzug, die Haare noch feucht von der Dusche, sah Jasper wie fünfzehn aus, ging es Kit durch den Kopf. Sein Herz verschloss sich noch weiter gegen Sophie Greenham.
„Das ist mir auch schon aufgefallen“, entgegnete er. „Denk über das nach, was ich über die Überschreibung von Alnburgh gesagt habe“, wandte er sich an Ralph. „Oh, und ich habe Thomas versprochen, mich heute Abend um den Port zu kümmern. Irgendwelche Vorlieben?“
Ralph schien seine Fassung gänzlich wiedergewonnen zu haben. „Da ist ein ausgezeichneter 29er … nein, halt, wir nehmen doch den 71er.“ Er lächelte herausfordernd. „Behalten wir das wirklich gute Zeug für meinen Hundertsten, den ich durchaus zu feiern gedenke!“
Mit zornigen Schritten durchquerte Kit die Eingangshalle und fluchte so derb, dass ein vorbeieilender Kellner hinter einem Blumenarrangement in Deckung ging. Er hatte es also nicht geschafft, seinen Vater hinsichtlich des Schlosses zur Vernunft zu bringen. Dann würde er eben dafür sorgen müssen, dass er in Bezug auf Sophie Greenham erfolgreicher war.
Wie gut, dass ich die Lasagne heute Mittag nicht ganz aufgegessen habe, dachte Sophie und zerrte an dem Reißverschluss des schwarzen Kleides. Rückblickend wäre es sinnvoller gewesen, es im Geschäft anzuprobieren – all die Croissants und Baguettes in Paris mussten mehr Kalorien enthalten haben, als ihr bewusst war. Na ja, dann musste sie eben das chinesische Seidenkleid anziehen, das Jasper zu sexy fand …
Hoffnung wallte in ihr auf. Sofort drängte sie das Gefühl zurück.
Nein, heute Abend geht es nicht darum, sexy auszusehen oder Spaß zu haben, ermahnte sie sich streng. Es geht darum, Jasper zu unterstützen und Kit zu zeigen, dass sie nicht das liederliche Flittchen war, als das er sie abgestempelt hatte.
Sie dachte an das Bild in der Zeitung – unnahbar, heldenhaft, kein Lächeln – und verspürte einen Stich in ihrem Inneren. Weil, stellte sie überrascht fest, sie tatsächlich nicht wollte, dass er so schlecht über sie dachte.
Abermals zerrte sie am Reißverschluss. Diesmal erfüllte er seine Aufgabe, und Sophie stieß erleichtert den angehaltenen Atem aus. Dann schaute sie missmutig an sich herunter. Ihr karges Zimmer bot nichts so Luxuriöses wie einen Ganzkörperspiegel, aber sie brauchte sich auch gar nicht zu sehen, um zu wissen, dass sie einen furchtbaren Anblick bot. Das Kleid gehörte wirklich zu den unvorteilhaftesten Outfits, die man sich vorstellen konnte. Als ärmelloser Schlauch reichte es vom Hals bis zu den Knöcheln. Ein seitlicher Schlitz bedeutete immerhin, dass sie halbwegs normal gehen konnte und keine Trippelschritte machen musste. Trotzdem kam sie sich vor, als habe sie sich in eine schwarze Tuchbahn aus der Vorkriegszeit gewickelt.
„Sehr gut“, sagte sie laut und musterte sich mit gestrengem Blick in dem kleinen Spiegel über dem Waschbecken. Ein blasses Gesicht schaute ihr entgegen, umrahmt von glänzend roten Haaren. Im grellen Neonlicht wirkte die Farbe noch auffälliger. Hastig griff sie nach ein paar Haarnadeln, drehte die Haare zu einem straffen Zopf und steckte ihn im Nacken fest.
Großartig. Sie schnitt ihrem Spiegelbild eine Grimasse. Formloses Kleid, strenge Frisur. Jaspers Freundin war bereit für die Öffentlichkeit … allerdings genoss Sophie insgeheim das Wissen, sehr sexy Unterwäsche und ihre – wie Jasper sie nannte – „Nimm-mich“-Schuhe zu tragen. Sie drehte sich um, um auch ihre Kehrseite zu inspizieren und stieß ein verärgertes Schnauben aus. Zwischen ihren Schulterblättern baumelte noch das Preisschild.
Sie zerrte daran und zuckte gleich darauf zusammen, als das Plastikbändchen schmerzhaft in ihre Finger einschnitt. Nach einem weiteren Versuch war sie überzeugt, dass das ein Job für eine Schere war, die sie nicht besaß.
Sophie biss sich auf die Unterlippe. Jasper war bereits nach unten gegangen, sie sollte ihn im Salon treffen, sobald sie fertig war. Auf keinen Fall würde sie Tatiana um Hilfe bitten,
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