Küss mich hier und küss mich jetzt (Julia) (German Edition)
unausstehlichen Kontroll-Freak abzutun. Aber nach dem, was Jasper ihr gestern über seine Mutter erzählt hatte und diesem Zeitungsartikel, begann sie, Kit allmählich in einem anderen Licht zu sehen.
Schlimmer jedoch wog, dass sie auch sich selbst in einem anderen Licht sehen musste. Da sie selbst lange unter den Vorurteilen anderer hatte leiden müssen, glaubte sie, nicht dazu zu neigen, übereilt Urteile über andere Menschen zu treffen. Jetzt musste sie sich eingestehen, dass sie es diesmal vielleicht doch getan hatte.
Er allerdings auch, rief sie sich in Erinnerung. Er sah in ihr das oberflächliche Flittchen, das nur auf Jaspers Geld aus war. Möglicherweise gelang es ihr ja heute Abend in dem nonnenhaften Kleid und mit ein paar sorgfältig eingestreuten Kommentaren zur aktuellen internationalen Politik, seine Ansicht zu ändern.
Als sie den Pub verließen, hob sie die Zeitung auf. „Hast du etwas dagegen, wenn ich die mitnehme?“
„Weshalb?“, fragte Jasper überrascht. „Möchtest du den Held der weiblichen Herzen unter dein Kopfkissen legen?“
„Nein!“ Zu ihrem Leidwesen schoss ihr das Blut in die Wangen. „Ich will die Schlagzeilen studieren, damit ich auf der Party intellektuelle Konversation betreiben kann.“
Jasper lachte den ganzen Weg zurück zum Wagen.
Ralph richtete die Fliege im Spiegel über dem Kamin im Salon und fuhr sich mit einer Hand über die zurückgekämmten Haare.
„Ich muss schon sagen, Kit, dass du immer wieder von meinem Tod anfängst, zeugt von reichlich schlechtem Geschmack“, sagte er gekränkt. „Ausgerechnet heute Abend. Ein runder Geburtstag ist allein schon deprimierend genug, ohne dass du mich ständig daran erinnerst, dass meine Lebensuhr tickt.“
„Das ändert nichts an der Tatsache, dass Alnburgh die Erbschaftssteuer nicht überleben wird. Und die wird nun mal bei deinem Tod fällig, es sei denn, du überschreibst das Schloss jemand anderes. Sieben Jahre ist …“
Ralph unterbrach ihn mit einem bitteren Lachen. „Mit jemand anderes meinst du doch dich, oder? Was ist mit Jasper?“
Alnburgh gehört dir, Kit. Vergiss das nicht. Und lass dir von niemandem etwas anderes einreden.
Kit ballte die Hände in den Taschen seiner Anzughose zu Fäusten. Wenn Ralph sich in dieser streitlustigen Stimmung befand, das wusste er aus Erfahrung, war es die beste Strategie, auf Abstand zu gehen.
„Jasper ist nicht der logische Erbe“, erwiderte er gefährlich ruhig.
„Oh, da bin ich mir nicht so sicher“, sagte sein Vater spöttisch. „Sehen wir es doch mal aus seinem Blickwinkel. Jasper wird wahrscheinlich noch weitere sechzig oder siebzig Jahre leben. Ich bin fest entschlossen, noch länger als sieben Jahre durchzuhalten. Angesichts deines Jobs würde ich sagen, du forderst dein Glück tagtäglich heraus, meinst du nicht auch? Vergiss nicht, was mit meinem lieben Bruder Leo passiert ist. Kam nie von den Falklands heim. Äußerst hässliche Angelegenheit.“
Im Spiegel trafen sich die Blicke von Vater und Sohn, dann wandte Ralph den Kopf ab. Er ist schon halb betrunken, wurde Kit klar, und das hieß, dass jeder weitere Vorstoß seinerseits kontraproduktiv war.
„Überschreib Alnburgh an Jasper, wenn du willst.“ Er zuckte die Schultern und griff nach der Zeitung, die zusammengefaltet auf dem Sofatisch lag. „Das wäre auf jeden Fall besser, als gar nichts zu unternehmen. Allerdings bin ich nicht sicher, ob er es dir danken würde. Immerhin hasst er es ebenso wie Tatiana, hier zu sein. Außerdem könnte ihm dann weitere Gefahr von irgendwelchen Flittchen drohen, die nur auf sein Geld aus sind … wie von dieser Rothaarigen, die er fürs Wochenende eingeladen hat.“
Die Verleihung der Tapferkeitsmedaillen war die Schlagzeile der heutigen Ausgabe. Gelangweilt fragte Kit sich, ob Ralph sie gesehen und beschlossen hatte, nichts darüber zu sagen.
„Sophie?“ Ralph wandte sich um, schob die Hände in die Hosentaschen und wippte auf den Absätzen seiner Lackschuhe auf und ab. „Ich finde sie sehr charmant. Und hübsch noch dazu. Guter alter Jasper, was? Hat sich endlich mal was Scharfes angelacht, nicht?“
„Außer, dass sie sich einen Dreck um ihn schert“, erwiderte Kit trocken.
„Eifersüchtig, Kit?“, fragte Ralph hämisch. „Du glaubst doch, du solltest all die gut aussehenden Mädchen abbekommen, oder? Ich würde sagen, du willst sie selbst, genau wie …“
Der seltsame Ausbruch fand ein jähes Ende, als Jasper in diesem Moment ins Zimmer
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