Küss mich hier und küss mich jetzt (Julia) (German Edition)
Hinterkopf schmiegte, und den Kuss vertiefte.
Es war, als würde er etwas tun, was ihm Schmerzen bereitete. Der Kuss fühlte sich fest und zärtlich zugleich an. Und der Ausdruck auf Kits Gesicht, als er sich zurückzog, wirkte schicksalsergeben, fast wie besiegt. Wieder verspürte Sophie, wie ihr Herz vor Mitgefühl überquoll. Rasch legte sie eine Hand in seinen Nacken, fuhr mit der anderen durch sein Haar und zog seinen Kopf zu sich herunter.
Hinter ihnen fiel die schwere Eingangstür ins Schloss, der laute Knall hallte durch die leeren Flure. Sophie drängte sich leidenschaftlich an Kit. Mit beiden Händen fuhr sie über seinen Rücken und genoss es, die Bewegungen der Muskeln zu spüren, während sie sich immer heißer und leidenschaftlicher küssten.
„Sophie? Liebling, bist du das?“
„Jasper“, entfuhr es ihr.
Hastig zog Kit sich zurück. Schritte näherten sich ihnen.
„Ja, ich bin es“, rief sie und strich ihren Rock glatt. „Wir haben dich gar nicht zurückerwartet …“
Sie unterbrach sich, als Jasper die Halle betrat. Sein Gesicht war vom vielen Weinen ganz verquollen, seine Augen gerötet. Immer noch liefen ihm Tränen über die Wangen.
„Oh, mein armer Schatz!“, rief sie.
In einer Geste absoluter Hoffnungslosigkeit hob Jasper die Hände. „Er ist gestorben.“
Sofort eilte Sophie zu ihm, schloss ihn in die Arme und strich beruhigend über sein Haar. Unablässig flüsterte sie ihm tröstende Worte ins Ohr.
Über seine Schulter sah sie Kit aus der Halle gehen. Innerlich beschwor sie ihn, sich noch einmal umzudrehen, sodass sie ihm in die Augen schauen und ihm schweigend alles erklären konnte.
Er tat es nicht.
11. KAPITEL
Und so, nicht ganz eine Woche nach Ralphs glamouröser Geburtstagsparty, wurden in Alnburgh Vorbereitungen für seine Beerdigung getroffen.
Am Morgen nach Ralphs Tod reiste Kit nach London ab, sodass Sophie keine Gelegenheit blieb, mit ihm zu sprechen.
Nur das Wetter änderte sich nicht. Es herrschten eisige Temperaturen, und es schneite beinahe ununterbrochen. Die Rohre in einem der unbenutzten Badezimmer platzten, ein Wasserfall ergoss sich über die Rüstungen, Schwerter und Pistolen, die im Waffensaal an der Wand hingen. Thomas, der seit Ralphs Tod um zehn Jahre gealtert schien, eilte hilflos durch das Schloss und leerte überlaufende Eimer aus.
Seit jenem Abend in der Halle hatte sie Jasper nicht mehr weinen gesehen. Aber ohne die Perspektive, jeden Tag am Bett seines Vaters sitzen und auf Besserung hoffen zu können, verfiel er zusehends mehr. Kummer und Bedauern, nicht den Mut gefunden und seinem Vater seine Liebe zu Männern gestanden zu haben, nagten an seiner Seele.
Sophie hingegen blieb es überlassen, sich um Sergio zu kümmern, der zu jeder unpassenden Tag- und Nachtzeit im Schloss anrief und Jasper zu sprechen verlangte. Die meisten Anrufe wehrte sie ab. Denn das Hauptproblem bestand nicht darin, dass Jasper schwul, sondern Sergio eine selbstsüchtige Primadonna war.
Nach einem dieser Gespräche, von dem Jasper hohläugig und schmallippig zurückkehrte, betrank er sich hemmungslos. Und auch das bereitete Sophie zunehmend Sorgen. Mit jedem Tag stand er später auf und unternahm dafür früher Ausflüge zu den Alkoholflaschen in die Bibliothek.
Aber es gab niemanden, mit dem sie darüber sprechen konnte. Tatiana ließ sich so gut wie gar nicht blicken. Mrs Daniels und Thomas waren Angestellte, sie ins Vertrauen zu ziehen, kam ihr wie ein Tabubruch vor. Wie gerne hätte sie mit Kit geredet!
Mit jedem Tag vermisste sie ihn mehr. Irgendwann ertappte sie sich dabei, die Tage bis zur Beerdigung zu zählen, weil sie ihn dann auf jeden Fall wiedersehen würde.
Am Tag vor der Beerdigung vertrieb Sophie sich die Zeit damit, die Pistolen nacheinander von der Wand zu nehmen und trocken zu reiben. Thomas hatte Angst, die komplizierte Mechanik im Inneren könne nach dem Wassereinbruch rosten. Und so holte sie sich eine Leiter und nahm sich die einzelnen Waffen vor. Froh, etwas zu tun zu haben, während Jasper auf dem Sofa im Salon lag und ununterbrochen Pferderennen im Fernsehen anschaute.
Seltsamerweise empfand sie das Reinigen der Pistolen als seltsam beruhigend. Aus der Nähe betrachtet, erkannte sie die filigrane Schönheit der antiken Waffen. Unter welchen Umständen, fragte sie sich ein ums andere Mal, war wohl der letzte Schuss aus dieser oder jener abgegeben worden? Vielleicht bei einem Duell? Zwischen zwei Fitzroybrüdern, die um eine adelige
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