Kuess Mich, Highlander
ging, wie könnte sie sich ernähren? Wo würde sie hingehen? Wie konnte sie fliehen, wenn es keinen Platz für sie gab, wohin sie fliehen konnte? Sie betrachtete den Jungen, der niedergeschlagen wirkte.
»Ich weiß nicht, was Ihr meint, aber ich wollte Euch nur helfen. Ich weiß, was diese Männer Mädchen antun. Es ist nicht angenehm.«
»Danke für die Beruhigung«, sagte Lisa trocken. Sie betrachtete den Jungen noch einen Moment forschend. Sein Blick war offen und direkt, aber seine Augen wirkten zu alt für solch ein junges Gesicht.
Er sank neben ihr auf den Boden. »Also, was kann ich für Euch tun, Mädchen«, fragte er niedergeschlagen, »wenn Ihr kein Zuhause habt und ich Euch nicht befreien kann?«
Bei einem konnte er ihr helfen, erkannte sie, denn sie würde gewiss nicht dem erhabenen Circenn Brodie diese Frage stellen. »Ich brauche ... äh ... ich habe zu viel Wasser getrunken«, informierte sie ihn vorsichtig.
Ein rasches Grinsen überzog sein Gesicht. »Wartet hier.« Er schoss die Treppe hinauf. Als er zurückkam, trug er eine Steinzeugschüssel bei sich, die genauso aussah wie diejenige, die sie Circenn letzte Nacht auf den Kopf geschlagen hatte.
Sie betrachtete sie unsicher. »Und was dann?«
»Nun, dann schüttet Ihr den Inhalt aus einem Fenster«, sagte er, als wäre sie begriffsstutzig.
Lisa zuckte zusammen. »Es gibt in diesem Turm kein Fenster.«
»Ich werde sie für Euch ausschütten«, sagte er einfach und sie erkannte, dass diese Dinge so gehandhabt wurden. Er hatte in seinem kurzen Leben wahrscheinlich schon Hunderte von Schüsseln ausgeschüttet. »Ach, aber ich lasse Euch dabei nun ein wenig ungestört«, fügte er hinzu und stürzte erneut die Treppe hinauf.
Getreu seinem Wort kehrte er wenige Augenblicke später zurück und schoss dann mit der Schüssel ein drittes Mal davon.
Lisa setzte sich auf die Stufen und wartete darauf, dass der Junge zurückkehren würde. Ihre Möglichkeiten waren begrenzt: Sie konnte der Burg törichterweise entfliehen und dort draußen wahrscheinlich sterben oder zu ihrem Raum zurückkehren und ihrem Feind in der Hoffnung so nahe wie möglich kommen, um diese Phiole zu finden - von der sie glauben musste, dass sie eine Rückfahrkarte war. Entweder das oder sie müsste akzeptieren, dass sie für immer ins vierzehnte Jahrhundert verbannt wäre. Aber da ihre Mutter zu Hause im Sterben lag, würde sie eher selbst sterben, als dieses Schicksal anzunehmen.
»Erzähle mir von Circenn Brodie«, sagte sie, als der Junge zurückkehrte. Er kauerte sich neben sie auf die Stufe.
»Was wollt Ihr wissen?«
Küsst er alle Mädchen? »Ist er ein gefälliger Mann?«
»Es gibt keinen gefälligeren«, versicherte der Junge ihr.
»Was seine Ehre betrifft, nicht sein Aussehen«, machte Lisa deutlich.
Er grinste. »Ich weiß, was Ihr meint. Der Laird ist ein gefälliger Mann. Er trifft keine übereilten Entscheidungen.«
»Warum hast du dann versucht, mir zur Flucht zu verhelfen?«
Wieder ein Achselzucken. »Ich hörte seine Männer gestern Abend darüber sprechen, Euch zu töten. Ich dachte, wenn Ihr heute Morgen noch atmet, würde ich Euch zur Flucht verhelfen.« Sein schmales Gesicht wurde ruhig und seine Augen verträumt. »Meine Mama wurde getötet, als ich fünf Jahre alt war. Ich sehe nicht gern, wenn ein Mädchen leidet. Sie könnten jemandes Mama sein.« Arglose braune Augen suchten ihren Blick.
Lisas Herz strömte dem mutterlosen Jungen entgegen. Sie verstand den Schmerz über den Verlust einer Mutter nur zu gut. Sie hoffte, dass seine »Mama« nicht lange leiden musste, sondern einen schnellen und gnädigen Tod hatte. Sie strich ihm sanft das wirre Haar aus der Stirn. Er beugte sich ihrer Zärtlichkeit entgegen, als hätte er sich nach einer solchen Berührung gesehnt. »Wie heißt du, Junge?«
»Nennt mich Eirren, aber in Wahrheit würde ich bei Euch auf alles hören«, sagte er mit kokettem Lächeln.
Sie schüttelte gespielt tadelnd den Kopf. »Wie alt bist du?«
Er hob eine Augenbraue und grinste. »Alt genug, um zu wissen, dass Ihr ein hübsches Mädchen seid. Ich bin vielleicht noch kein Mann, aber eines Tages werde ich es sein, also sollte ich besser so viel üben wie möglich.«
»Unverbesserlich«, murmelte sie.
»Nein, erst dreizehn«, sagte er gelassen. »So wie ich es sehe, kann ein Junge mit weitaus mehr durchkommen als ein Mann, also sollte ich das alles besser jetzt tun. Was wollt Ihr noch wissen, Mädchen?«
»Ist er verheiratet?«
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