Küss mich, wenn Du kannst
die Tabelle auf dem Computerbildschirm, und donnerndes Hämmern ersetzte den Lärm der Motorsäge. Sie musste sofort hier raus. Würde sie immer noch für die CSBI arbeiten, könnte sie jetzt mit einer der Frauen reden. Vielleicht sollte sie in den Health Club gehen oder Betsy Waits anrufen und fragen, ob sie sich mit ihr zum Dinner treffen wollte. Stattdessen konzentrierte sie sich wieder auf die Computerdaten. Sie musste sich selber beweisen, wie kompetent sie immer noch war. Das würde sie nur schaffen, wenn sie die perfekte Ehefrau für Heath Champion fand.
Das Hämmern ging in ein Klopfen über. Erst als es lauter und beharrlicher wurde, merkte sie, dass es nicht von oben kam. Sie verließ den Schreibtisch und ging in den Empfangsraum hinaus, immer noch in der kurzen naturweißen Burberry-Jacke und der Bottega-Veneta-Hose, die sie in der Kirche getragen hatte. Aber vor der Arbeit war sie aus den Schuhen geschlüpft. Lautlos überquerte sie den Teppich. Durch die Milchglasscheibe sah sie breite Schultern. »Wer ist da?«
»Der Mann deiner Träume«, erwiderte eine harte, entschlossene Stimme.
Sekundenlang schloss sie die Augen und ermahnte sich, die Tür nicht zu öffnen. Sonst würde sie sich nur selbst schaden. Dieser Mann tat ihr nicht gut. Aber ein dunkler, disharmonischer Chor übertönte den Befehl ihrer Willenskraft, und sie drehte den Schlüssel im Schloss herum. »Ich arbeite.«
»Dabei schaue ich dir zu.«
»Du wirst dich zu Tode langweilen«, prophezeite sie, trat beiseite und ließ ihn herein.
Normalerweise sahen muskulöse Männer im Sportdress besser aus als in der Straßenkleidung. Nicht so Bodie Gray. Die Baumwollhose und das taillierte französische blaue Hemd saßen wie angegossen. Kommentarlos schaute er sich im Empfangsraum um, betrachtete die kühlen grünen Wände, die Möbel im Zen-Stil.
Dieses Spiel, sein beharrliches Schweigen, würde sie ihm nicht mehr erlauben. »Woher wusstest du, dass ich hier bin?«
»Weil deine Nummer auf meinem Display stand.«
Hätte sie ihn bloß nicht angerufen. Sie legte den Kopf schief. »Wie ich höre, ist dein Herr und Meister übers Wochenende mit meiner Rivalin weggefahren.«
»Wie schnell sich so was rumspricht. Hübsch hast du‘s hier.«
Gierig sog der bedürftigste Teil ihres Wesens das vage Lob ein. Nach außen hin blieb sie leidenschaftslos. »Das weiß ich.«
Bodies Blick wanderte zum leeren Empfangstisch. »Offenbar delegierst du nicht viel.«
»Oh, ich fürchte mich nicht vor harter Arbeit. In unserer Geschäftswelt muss sich eine Frau gewaltig anstrengen. Sonst kann sie nicht überleben.«
»Irgendwie habe ich den Eindruck gewonnen, dass dir niemand ernsthafte Schwierigkeiten bereitet.«
»Dann hast du keine Ahnung. Erfolgreiche Frauen werden stets nach anderen Kriterien beurteilt als Männer.«
»Nach deinen Brüsten.«
Von sexistischem Humor hatte sie nie besonders viel gehalten. Deshalb erschrak sie, weil sie lächelte. Aber Bodies dreister Machismo, den er niemals bereute, wirkte einfach unwiderstehlich.
»Zeig mir deine Geschäftsräume«, verlangte er.
Das tat sie. Er steckte den Kopf hinter die Paravents aus Pergament, studierte die Tabellen der Quoten an der Wand und stellte Fragen. Unterdessen hörte sie die leisen spanischen Gespräche der Arbeiter, die entschieden hatten, für diesen Tag hätten sie hier genug getan, und über die Hintertreppe hinabstiegen.
Sie musste noch mehr über Heaths Wochenende herausfinden. Doch sie wartete, bis sie Bodie in ihr Privatbüro führte, bevor sie das Thema anschnitt. »Erstaunlich, dass Heath dich dieses Wochenende nicht mitgenommen hat. Offenbar bist du nicht so unentbehrlich, wie du glaubst.«
»Hin und wieder habe ich ein paar Tage frei.«
»Seinetwegen bin ich heute hier.« Sie deutete auf ihren Computer. »Soll die kleine Miss Granger so viel um ihn herumscharwenzeln, wie sie will - die passende Ehefrau werde ich ihm verschaffen.«
»Wahrscheinlich.«
Portia setzte sich auf die Schreibtischkante. »Erzähl mir von den Frauen, die er früher getroffen hat. Allzu mitteilsam ist er nicht.«
»Über Heath will ich nicht reden.« Er trat ans Fenster, starrte zur Straße hinaus, dann zog er an der Vorhangschnur. Mit leisem Rauschen schlossen sich die schweren Stoffbahnen.
Als er sich wieder zu ihr wandte, hätten seine Augen - so hell und ausdruckslos - ihr Inneres in Eis verwandeln müssen. Stattdessen erwärmten sie ihre verkümmerte Seele wie milder Balsam.
»Zieh dich
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