Küss mich, wenn Du kannst
millionenschwere Männer mag.«
»Das habe ich gehört«, murrte Ian, ihr Ehemann, und steckte seinen Kopf durch die offene Terrassentür. »Annabelle, mit diesem riesigen Obstkorb machst du nicht einmal annähernd gut, was du mir letzte Woche zugemutet hast.«
»Wie wär‘s mit kostenlosem Babysitting? Ein ganzes Jahr lang, so wie ich‘s versprochen habe.«
Gwen tätschelte ihren fast flachen Bauch. »Allein schon dafür hat sich‘s gelohnt. Gib‘s doch zu, Ian.«
»Gar nichts gebe ich zu«, konterte er und schlenderte auf die Terrasse. »Von diesem Kerl habe ich Fotos gesehen - der hat immer noch alle Haare.«
Sobald es um sein schütteres Haar ging, reagierte er überempfindlich. Liebevoll lächelte sie ihn an. »Ich habe dich wegen deines Verstandes geheiratet. Nicht wegen deiner Haare.«
»Immerhin hat Heath Champion sein Jurastudium mit den besten Noten seines Jahrgangs abgeschlossen«, betonte Annabelle, um ein bisschen zu sticheln. »Also hat auch er eine ganze Menge im Hirn. Deshalb war er ja so begeistert von unserer Gwennie.«
Ian weigerte sich, die akademischen Würden ihres Klienten zu kommentieren. »Ganz zu schweigen von deiner Behauptung, sie sei ein Sexersatz.«
»Falsch! Ich habe ihm nur erzählt, sie habe sich auf dieses Fachgebiet spezialisiert.«
»Was irgendwie komisch ist - warum hast du ihm nicht verraten, dass sie jetzt als Psychologin in einer Grundschule arbeitet?«
»Verglichen mit allen anderen Tatsachen, die ich nicht erwähnt habe, finde ich dieses Versäumnis eher geringfügig«, verteidigte sich Annabelle.
Kurz nach ihrem Studium war sie den beiden begegnet, als sie im selben Apartmentgebäude gewohnt hatten. Trotz seiner mangelnden Haarpracht sah Ian großartig aus, und Gwen vergötterte ihn. Würden sie einander nicht so heiß und innig lieben, hätte Annabelle niemals gewagt, ihre Freundin für einen Abend von deren Ehemann auszuleihen. Aber Heath hatte sie in die Enge getrieben, und sie war verzweifelt gewesen. Obwohl einige andere Frauen in Frage gekommen wären, hätte keine dem Python den entscheidenden K.-o.-Schlag versetzt und ihn zur Unterschrift des Vertrags bewogen. So hatte sie an Gwen gedacht - eine traumhafte Schönheit, mit jenem mysteriösen Gen geboren, das allen Männern automatisch den Atem raubte.
Ian fühlte sich immer noch geschädigt. »Wenn ich mir vorstelle, wie reich, erfolggekrönt und attraktiv der Typ ist...«
»Das bist du auch«, beteuerte seine loyale Ehefrau, »abgesehen von reich, aber auch das werden wir eines Tages hinkriegen.«
Endlich warf seine Softwarefirma, die er daheim betrieb, einen gewissen Profit ab, deshalb wollten sie demnächst in ihr erstes Haus ziehen. Annabelle wurde wieder einmal von schmerzlichem Neid erfüllt, wie immer in Ians und Gwens Gesellschaft. Nach einer solchen Beziehung sehnte sie sich. Vor einiger Zeit hatte sie geglaubt, Rob könnte ihr dieses Glück schenken. Das bewies einmal mehr, wie dumm ein Mädchen war, wenn es dem Ruf seines Herzens folgte.
Sie stand auf und streichelte Gwens Bauch. Dann umarmte sie Ian ganz besonders zärtlich. Er hatte ihr nicht nur seine Frau geborgt, er entwarf auch die Website für Perfect for You. Die brauchte Annabelle für ihr Image, wenn sie auch nicht beabsichtigte, ihre Agentur in einen Internet-Dating-Service umzuwandeln.
Dagegen hatte sich Nana energisch gewehrt. »Drei Viertel der Leute, die sich da einklicken, sind verheiratet oder pervers, oder sie sitzen hinter Gittern.« Natürlich hatte sie übertrieben. Annabelle kannte einige Paare, die sich online gefunden hatten. Aber nach ihrer Meinung konnte kein Computer auf dieser Welt den ersten Eindruck bei einer persönlichen Begegnung ersetzen.
Nachdem sie in Gwens Bad ihr Make-up aufgefrischt hatte, suchte sie ihren kurzen Khakirock und die mintgrüne Bluse nach Schmutzflecken ab. Zufrieden mit dem Ergebnis dieser Inspektion, fuhr sie in die Stadtmitte. Sie erreichte das Bürogebäude des Python ein paar Minuten zu früh, und so leistete sie sich im Starbucks auf der anderen Seite einen überteuerten Mokka-Frappuccino. Als sie das Lokal verließ, sah sie Heath auftauchen, ein Handy ans Ohr gepresst. Er trug eine Pilotenbrille, ein hellgraues Polohemd und eine dunkle Baumwollhose. An einem Daumen über einer Schulter hing ein schickes Sportsakko. Solche Männer müsste man gerichtlich zwingen, stets einen Defibrillator bei sich zu tragen, der die Herzmuskelstörungen seiner Bewunderinnen beseitigen
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