Küss mich, wenn Du kannst
schon vorgebetet, die sie in der »Community Small Business Initiative« beriet? Und wie oft wurden ihre Worte missachtet?
Auf Kiki Onos Lippen erschien ein munteres Lächeln, und auch Briana wirkte nicht allzu genervt. Aber wenn SuSu Kaplan weiterhin so ausdrucksvoll die Stirn runzelte, würde sie schon mit dreißig Botox brauchen.
Im Chefbüro bildete ein halbes Dutzend curryfarbene Keramikfiguren das einzige Dekor. Ansonsten wurde der Raum von Glas, geraden Linien und glatten Flächen beherrscht. Persönlich liebte Portia einen weicheren, feminineren Einrichtungsstil. Aber sie glaubte, das Büro einer Frau müsste Autorität bekunden. Männer konnten sich mit so vielen Bowlingtrophäen und Familienfotos umgeben, wie sie nur wollten. Diesen Luxus durften sich Frauen in Spitzenpositionen nicht leisten.
Auf dem Weg in ihr privates Badezimmer hörte sie die Geräusche von Schuhen und Jacken, die abgelegt wurden. Klirrend landeten Gürtel und Armbänder auf dem Schreibtisch. Mit der Spitze ihres lavendelblauen Christian-Louboutin-Stilettos schob sie die Präzisionswaage aus Chrom unter dem Standwaschbecken hervor, trug sie ins Büro und stellte sie auf den schwarzen Marmorboden. Als sie die Tabelle, die sie brauchte, aus einem Schubfach nahm, hatte sich SuSu bis auf ihren marineblauen BH und einen passenden Slip ausgezogen.
»Wer ist tapfer genug, um den Anfang zu machen?«, fragte Portia.
»Ich.« Ohne Zögern stieg Briana Olsen, eine schlanke skandinavische Schönheit, auf die Waage.
»Hundertzwanzig Pfund.« Portia notierte das Gewicht in ihrer Tabelle. »Seit dem letzten Monat hast du ein Pfund zugenommen. Bei deiner Größe ist das kein Problem. Allerdings deine Maniküre...« Sie zeigte auf den teilweise abgeblätterten mokkabraunen Nagellack an Brianas Zeigefinger. »Also wirklich, wie oft muss ich dir noch sagen, wie wichtig eine makellose äußere Erscheinung ist? Jetzt du, Inez.«
Das leichte Übergewicht der Empfangsdame stand von vornherein fest. Aber sie besaß einen fabelhaften Teint, verstand sich auf ihr Make-up und übte stets einen angenehmen, beschwichtigenden Einfluss auf die Kundschaft aus. Zudem war die Rezeptionstheke hoch genug, um den Großteil ihrer rundlichen Figur zu verbergen.
»Falls du dir jemals einen neuen Ehemann wünschst...«, begann Portia.
»Ja, ja, ich weiß. Eines Tages werde ich‘s mir ernsthaft überlegen.«
Stets um den Teamgeist bemüht, wollte Kiki die Chefin daran hindern, Inez noch länger zu nerven. »Nun bin ich dran«, zirpte sie, warf ihr seidiges schwarzes Haar in den Nacken und trat auf die Waage.
»Hundertzwei Pfund«, konstatierte Portia. »Exzellent.«
»Asiatinnen haben‘s viel leichter, weil sie so zartknochig sind«, murrte SuSu. »Ich bin Jüdin.«
Das betonte sie jedes Mal, wenn sie alle gewogen wurden. Zu ihren Vorzügen zählten ein Studienabschluss von der Brown University und Kontakte zu den reichsten Familien am North Shore. Mit den fantastischen karamellfarbenen Glanzlichtern in ihrem Haar und einem untrüglichen Gespür für Mode strahlte sie einen aparten Sexappeal im Jennifer-Aniston-Stil aus. Leider hatte sie nicht Jennifers Figur. Portia zeigte auf die Waage. »Lass dich von deinem Elend erlösen.«
SuSu bockte. »Am liebsten würde ich vor Gericht gehen. Das ist einfach entwürdigend.«
»Mag sein, aber es geschieht zu deinem Besten.«
Widerstrebend stellte sich SuSu auf die Waage. Portia seufzte, als sie die Zahl in die Tabelle eintrug. »Hundertsiebenundzwanzig Pfund.« Im Gegensatz zu Inez konnte sich die Assistentin nicht hinter einer Theke verstecken. Stattdessen durchstreifte sie als Power-Matches-Repräsentantin die schicksten Clubs. »Alle anderen gehen wieder an die Arbeit. Bleib hier, SuSu, wir müssen reden.«
SuSu strich eine schimmernde Locke hinter ihr Ohr und zog einen Schmollmund. Voller Mitgefühl schaute Kiki sie an, dann folgte sie den Kolleginnen aus dem Chefbüro.
Erbost griff SuSu nach ihrem engen schwarzen Banana-Republic-Kleid und hielt es vor ihren Körper. »Das ist diskriminierend und illegal.«
»Oh, mein Anwalt ist anderer Meinung, und in dem Arbeitsvertrag, den du unterschrieben hast, steht es klar und deutlich. Vor deiner Einstellung haben wir darüber gesprochen, erinnerst du dich? In dieser Branche ist das Aussehen enorm wichtig, und ich investiere Geld genug, um meinen Standard zu halten. Niemand zahlt seinem Personal so hohe Prämien und Zulagen wie ich. Deshalb bin ich ziemlich
Weitere Kostenlose Bücher