Küss mich, wenn Du kannst
Doch das erwähnte Annabelle nicht, weil es keine Beweise gab. »Noch vor dem ersten Drink fing sie an zu weinen.«
»Jeder hat hin und wieder einen schlechten Tag«, erwiderte Portia, eine Hand in die Hüfte gestützt - eine feminine Pose, die bei ihr so aggressiv wie ein Karateschlag wirkte. »Einen ganzen Monat hat es gedauert, bis ich sie zu einem Treffen mit Heath überreden konnte. Endlich hat sie zugestimmt. Und was machen Sie , Miss Granger? Sie entscheiden einfach, dass sie ihm nicht gefallen würde, und schicken sie nach Hause.«
»Was Claudia durchgemacht hat, war nicht nur ein schlechter Tag«, konterte Annabelle. »Sie ist ein seelisches Wrack.«
»Selbst wenn sie sich auf dem Boden gewälzt und wie ein Hund gebellt hätte, würde es mich kein bisschen stören. Jedenfalls war Ihr Verhalten dumm und heimtückisch.«
Ihr Leben lang hatte sich Annabelle mit starken Persönlichkeiten auseinander setzen müssen. Vor dieser hier würde sie nicht zurückschrecken - nicht einmal, wenn Schweißtropfen in ihre Augen rannen und das T-Shirt an ihrer Brust klebte. »Heath hat mir unmissverständlich erklärt, was er erwartet.«
»Nach meiner Ansicht würde das heißeste, schönste Sexy-Girl von Chicago seine Erwartungen übertreffen.«
»Von seiner Ehefrau wünscht er sich nicht nur Schönheit.«
»Oh, bitte! Männer wie Heath nehmen die Körbchengröße immer viel wichtiger als den Intelligenzquotienten.«
Auf diese Weise kamen sie nicht weiter, und so bemühte sich Annabelle, professionell statt angesäuert zu wirken. »Für uns beide wäre die ganze Prozedur viel einfacher, wenn wir zusammenarbeiten würden.«
Angewidert verzog Portia das Gesicht, so als hätte Annabelle ihr eine große Tüte mit fettigem Junk-Food angeboten. »Was die Auswahl meiner Praktikantinnen betrifft, stelle ich sehr hohe Ansprüche. Die erfüllen Sie nicht, Miss Granger.«
»Diesen gehässigen Quatsch höre ich mir nicht an.« Annabelle stapfte zur Tür. »Von jetzt an sollten Sie sich direkt bei Heath beschweren.«
»Oh, glauben Sie mir, genau das werde ich tun. Und ich kann kaum abwarten, was er zu Ihrem anmaßenden Benehmen sagen wird.«
»Was zum Teufel haben Sie sich dabei gedacht?«, moserte Heath ein paar Stunden später ins Telefon. Er schrie nicht direkt - nur beinahe. »Wie ich soeben erfuhr, haben Sie Claudia Reeshman aufs Abstellgleis geschoben.«
»Und?« Wütend klopfte Annabelle mit ihrem Kugelschreiber auf den Notizblock, der neben ihrem Küchentelefon lag.
»Offensichtlich habe ich Ihnen zu viele Kompetenzen zugebilligt.«
»Als ich Sie gestern Abend anrief und erzählte, ich hätte das Mädchen weggeschickt, weil’s Ihnen nicht gefallen würde, waren Sie mir dankbar.«
»Leider haben Sie vergessen, den Namen zu erwähnen. Für Models habe ich nie geschwärmt. Aber Claudia Reeshman... Großer Gott, Annabelle.«
»Vielleicht möchten Sie mich wieder feuern.«
»Wären Sie damit einverstanden?«
»Wie soll unsere Beziehung funktionieren?« Der Kugelschreiber bohrte ein Loch ins Papier. »Trauen Sie mir oder nicht?«
Aus dem Hörer drang eine Hupe, gefolgt von längerem Schweigen. »Okay, ich vertraue Ihnen«, antwortete er schließlich.
»Wirklich?«, würgte sie hervor.
»Wirklich.«
Einfach so? Ihre Kehle verengte sich, und sie schluckte krampfhaft. Dann versuchte sie, den Anschein zu erwecken, sie hätte keine andere Entscheidung erwartet. »Gut. Warum höre ich diese Huperei? Sitzen Sie im Auto?«
»Ich sagte doch, ich würde nach Indianapolis fahren.«
»Stimmt, heute ist Freitag.« Die nächsten beiden Abende würde er in Indiana mit einem Klienten verbringen, der für die Colts spielte. Ursprünglich hatte er diesen Trip für das nächste Wochenende geplant, hatte ihn aber dann wegen der Buchclubklausur vorverlegt, an die sie nicht denken wollte. »Da Sie fast jedes Wochenende aus Chicago verschwinden, fällt es mir ziemlich schwer, Dates zu arrangieren.«
»Zuerst kommt das Geschäft. Übrigens, Sie haben Portia Powers tierisch auf die Palme gebracht. Jetzt will sie Ihren Kopf auf einem Silbertablett haben.«
»Zusammen mit einem Messer und fettfreier saurer Sahne zum Runterspülen.«
»Dass Claudia Reeshman immer noch in Chicago ist, wusste ich gar nicht. Ich dachte, sie wäre für immer nach New York gezogen.«
Wahrscheinlich will sie sich nicht zu weit von ihrem Drogendealer entfernen, dachte Annabelle.
»Tun Sie mir einen Gefallen«, fuhr Heath fort. »Wenn Portia mir wieder mal
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