Küss mich wie damals
dagegen gesträubt und mir eingeredet, ich wolle das Risiko einer zweiten Ehe nicht eingehen. Mein Widerstand war jedoch sehr schwach, und ich merkte, dass ich dir nicht entrinnen wollte. Sag mir, Fanny, dass du Verständnis hast. Sag mir, dass du mir mein ungehobeltes Benehmen, meine Übellaunigkeit und alles, was du abscheulich an mir fandest, verzeihst und mir erlaubst, den Versuch zu unternehmen, Wiedergutmachung zu leisten. Ich liebe dich. Ich möchte, dass du meine Gattin wirst. Das habe ich mir in den vergangenen siebzehn Jahren immer wieder gewünscht. Bitte sag mir, dass es noch nicht zu spät ist. Sag mir, dass du mich heiraten wirst.“
Das Herz klopfte Frances bis zum Hals, sodass sie keinen Laut herausbrachte. Marcus hatte schon einmal geäußert, er liebe sie, und zu was hatte das geführt? Sie war kein naives Mädchen mehr, sondern eine reife Frau und imstande, die Folgen dessen, was sie tat, abzuwägen. Und unter den von ihr getroffenen Entscheidungen war erst an diesem Abend der Beschluss gewesen, Lady Lavinias Eskapade zu decken und das Mädchen nur in James’ Begleitung nach Hause zu schicken.
Beklommen überlegte sie, ob Marcus in seiner Anwandlung von Reumütigkeit diese Tatsache übersehen könne. Falls sie ihm jetzt an Ort und Stelle gestand, was sie getan hatte, würde er sofort zu der Schlussfolgerung gelangen, sie habe ihn mit einer List dazu gebracht, sie heimzubringen, damit Lady Lavinia sicher nach Hause kam. Er würde ihr vorwerfen, sie habe unter falschen Voraussetzungen zugehört, als er ihr sein Herz ausschüttete. In der Dunkelheit gestattete sie sich ein verstohlenes, wehmütiges Lächeln, während sie sich seine Verärgerung vorstellte, die größer sein würde als jeder frühere Wutausbruch.
„Du hast mich überrumpelt, Marcus“, erwiderte sie, wenngleich es sie sehr viel Selbstüberwindung kostete, einen ruhigen Ton anzuschlagen. „Ich brauche Zeit zum Nachdenken.“
„Worüber willst du nachdenken?“
„Vor vier Tagen hast du mich noch meiner Fehler wegen angeschrien …“
„Dafür habe ich mich entschuldigt. Und es wird nicht wieder geschehen.“
„Nein? Du solltest keine Versprechungen machen, Marcus, die du nicht halten kannst. So etwas hast du schon einmal getan.“
„Das weiß ich. Ich kann es dir nicht verargen, dass du unschlüssig bist. Willst du meinen Heiratsantrag nicht wenigstens in Betracht ziehen? Wenn du dich auf meine Versprechungen nicht verlassen willst, dann sei versichert, dass ich versuchen werde, nach unserer Trauung nicht mehr so aufbrausend zu reagieren.“
„Aber ich werde dich oft dazu reizen.“
„Ich werde mich beherrschen.“
Frances lachte leise. „Oh, Marcus! Siebzehn Jahre lang habe ich davon geträumt, du würdest wieder wie ein strahlender Prinz in mein Leben treten und mich auf deinem rassigen Ross zu einem himmlischen Ort mitnehmen, wo wir nichts anderes zu tun haben, als uns zu lieben. Du weißt jedoch, dass das Leben so nicht ist. Wir beide haben uns verändert. Du bist jetzt der Duke of Loscoe und Großgrundbesitzer, mit allen Pflichten, die damit verbunden sind. Ich bin Porträtmalerin und Stiefmutter, nicht nur für Augusta und James, sondern auch für zahlreiche Waisenkinder.“
„Unsere Verantwortungsbereiche ergänzen sich, Fanny. Sie schließen sich nicht aus.“ Marcus hob ihre Hand an die Lippen und küsste sie auf die Innenfläche. „Aber du hast Kopfschmerzen, und meine Hartnäckigkeit ist dir keine Hilfe. Ich werde geduldig sein und dich morgen aufsuchen.“
„Also gut“,gab Frances nach und fragte sich, was der nächste Vormittag ihr bringen mochte. Gleich in der Frühe musste sie, ehe Marcus bei ihr eintraf, jemanden zu James schicken und herausfinden, ob an diesem Abend alles gut gegangen war. „Du kannst kommen, aber bitte nicht vor mittags. Ich habe vor, lange zu schlafen.“
„Dann muss ich mich in Geduld üben, mein Liebling.“ Marcus machte den Wagenschlag auf, stieg aus und streckte Frances die Arme entgegen. So geschmeidig wie ein junges Mädchen ließ sie sich von ihm aus dem Fahrzeug heben. Er stellte sie zu Boden, ließ sie jedoch nicht los, sondern schaute sie an, die Hände auf ihrer schlanken Taille haltend. Er war ihr so nah, dass ihre Körper sich berührten und man beinahe den Eindruck hätte haben können, sie seien miteinander verschmolzen. Dann neigte er langsam den Kopf und drückte ihr einen sachten, sehr weichen Kuss auf den Mund.
Allen Anstand vergessend, schlang
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