Küsschen, Küsschen!: Elf ungewöhnliche Geschichten (German Edition)
Sie rein!», schrie sie. «Ich weiß nicht, was Sie wollen, aber kommen Sie in drei Teufels Namen rein!»
Unglücklicherweise und ziemlich überraschend gab es in diesem Hause nichts, was irgendwelchen Wert gehabt hätte, und Mr. Boggis, der an unfruchtbares Gebiet prinzipiell keine Zeit verschwendete, entschuldigte sich bald und ging. Der Besuch hatte kaum fünfzehn Minuten gedauert, und das, so sagte er sich, als er in seinen Wagen stieg, war genau das Übliche für solche Fälle.
Nun hatte er nur noch Bauernhäuser zu besuchen, und das nächste lag ungefähr eine halbe Meile entfernt. Es war ein großes Fachwerkgebäude von beträchtlichem Alter, und seine Südwand wurde von einem prächtig blühenden Birnbaum verdeckt.
Mr. Boggis klopfte an die Tür. Er wartete, bekam aber keine Antwort und klopfte daher noch einmal. Als sich wieder nichts rührte, ging er um das Haus herum, denn er nahm an, der Bauer sei im Kuhstall. Auch auf dem Hof fand er niemanden. Sie werden wohl alle in der Kirche sein, dachte er und fing an, in die Fenster zu spähen, ob er etwas Interessantes entdecken könnte. Im Esszimmer war nichts. Er versuchte es mit dem Wohnzimmer, und dort, direkt vor seiner Nase, erblickte er in der Fensternische ein wunderschönes Stück, einen halbrunden Spieltisch aus Mahagoni, reich mit Intarsien versehen, im Stil von Hepplewhite, um 1780.
«Aha!», sagte er laut und presste das Gesicht gegen die Scheibe. «Gut gemacht, Boggis.»
Aber das war noch nicht alles. Da stand auch ein Stuhl, ein einzelner Stuhl, allem Anschein nach von noch besserer Qualität als der Tisch. Ebenfalls Hepplewhite, nicht wahr? Und so schön! Die Stäbe der Rückenlehne waren mit fein geschnitzten Blättern und Ranken verziert, das Rohrgeflecht des Sitzes war zweifellos echt, und was die anmutig geschweiften Beine betraf, so hatten die beiden hinteren jenen besonderen Schwung nach außen, der so viel bedeutet. Ein erlesener Stuhl. «Bevor dieser Tag vorüber ist», sagte Mr. Boggis ruhig vor sich hin, «werde ich die Freude haben, auf diesem entzückenden Stuhl zu sitzen.» Nie kaufte er einen Stuhl, ohne das zu tun. Für ihn war das die Probe aufs Exempel, und es war immer interessant zu sehen, wie er sich behutsam auf den Sitz sinken ließ und dabei auf das Nachgeben achtete, das ihm, dem Fachmann, genau verriet, wieweit die Jahre die Fugen und die Schwalbenschwanzverbindungen hatten eintrocknen lassen.
Es eilt nicht, sagte er sich und beschloss, später wiederzukommen. Er hatte ja den ganzen Nachmittag vor sich.
Der nächste Hof lag inmitten von Feldern. Damit man den Wagen nicht sah, musste Mr. Boggis ihn auf der Landstraße stehen lassen und etwa sechshundert Schritte auf einem Seitenweg gehen, der in den hinteren Hof des Bauernhauses mündete. Wie er beim Näherkommen bemerkte, war dieses Anwesen erheblich kleiner als das vorige, sodass hier nicht viel zu erhoffen war. Alles sah vernachlässigt aus, und einige Ställe waren baufällig.
In einer Ecke des Hofes standen dicht beieinander drei Männer. Einer von ihnen hielt zwei große schwarze Windhunde an der Leine. Als die Männer den schwarzgekleideten Mr. Boggis mit seinem Pfarrerkragen herankommen sahen, verstummten sie, schienen plötzlich starr und steif zu werden und wandten ihm ihre Gesichter zu, um ihn argwöhnisch zu beäugen.
Der älteste von den dreien, ein untersetzter Mann mit breitem Froschmund und kleinen, verschmitzten Augen, hieß – was Mr. Boggis natürlich nicht wusste – Rummins und war der Besitzer des Hofes.
Der hochgewachsene junge Mann neben ihm, dessen eines Auge nicht ganz in Ordnung zu sein schien, war sein Sohn Bert.
Der kleine Mann mit dem flachen Gesicht, der niedrigen, faltigen Stirn und den ungeheuer breiten Schultern hieß Claud und hatte sich bei Rummins eingefunden, weil er ein Stück Schweinefleisch oder Schinken von dem tags zuvor geschlachteten Schwein zu ergattern hoffte. Claud wusste von der Schlachtung – das Quieken des Tieres war weithin zu hören gewesen –, und er wusste auch, dass man für so etwas eine behördliche Genehmigung brauchte, dass Rummins aber keine hatte.
«Guten Tag», sagte Mr. Boggis. «Schönes Wetter heute.»
Keiner der Männer rührte sich. Alle drei dachten genau dasselbe – dass dieser Geistliche, der ganz gewiss nicht aus der Gegend stammte, ein Abgesandter der Behörde sei und hier herumschnüffeln wolle.
«Was für schöne Hunde», fuhr Mr. Boggis fort. «Ich muss
Weitere Kostenlose Bücher