Küsse, die "Verzeih mir" sagen
und das Telefonat mit Robert hatte sie tief erschüttert. Auch wenn er nur ein paar Worte gesagt hatte, reichten sie, um alte Wunden aufzureißen und Annie ins Gefühlschaos zu stürzen. „Der Arzt hat mich sogar schon entlassen. Wir können fahren.“
„Ich habe alles gepackt“, verkündete Roberta.
„Na, dann los.“
Annie gab sich alle Mühe, sich nichts anmerken zu lassen, aber sie würde sehr, sehr froh sein, wenn sie sich zu Hause wieder ins Bett legen konnte.
Am Freitagmorgen stellte Chase seinen Wagen auf dem Gästeparkplatz vor Annies Apartment ab. Sid Manning, sein Kontaktagent bei der CIA, parkte um die Ecke und wartete auf sein Zeichen.
Den Anruf bei Annie am Mittwoch hätte er sich sparen können, aber das hatte er ja vorher schon geahnt. Auch jetzt versprach er sich keine Wunder. Doch irgendwie würde er Annie dazu bringen müssen, ihm zuzuhören, sonst hatten sie keine Chance.
Er beobachtete ihr Apartment schon seit dem Vortag. Letzte Nacht war ein gut aussehendes älteres Ehepaar aus ihrer Wohnung gekommen und weggefahren. Das mussten ihre Eltern sein. Vor ein paar Minuten hatte er zum ersten Mal einen Blick auf seine Tochter werfen können, als sie aus der Wohnung stürmte und in ein Auto stieg, in dem eine Frau und ein blondes Mädchen saßen.
Der Moment hatte nicht lange gedauert, aber Chase hatte ihn ausgekostet, so gut es ging. Roberta war zierlich und bewegte sich mit natürlicher Anmut, genau wie Annie. Ihr langer, dunkler Pferdeschwanz wippte dabei auf und ab, und sie winkte dem blonden Mädchen fröhlich zu. Als er sie aus der Nähe sah, begann sein Herz schneller zu schlagen. Die Ähnlichkeit mit seiner Familie, mit ihm, war unverkennbar.
Tränen stiegen ihm in die Augen. Seine Tochter. Sie war wunderbar.
Als sie eingestiegen und das Auto um die Ecke gebogen war, rief Chase Sid Manning an. „Sie ist jetzt allein. Ich gehe rauf.“
„Bin schon auf dem Weg.“
Chase hatte beschlossen, ohne Vorwarnung aufzutauchen, auch wenn das Annie noch wütender machen würde. Wahrscheinlich war sie noch nicht wieder ganz fit und hatte sich wieder hingelegt, nachdem Roberta gegangen war.
Aber es ging nicht anders. Er wusste nicht, was er sonst tun sollte.
Es war all die Jahre schlimm genug gewesen, ohne Annie zu leben. Aber seit er wusste, dass es Roberta gab, hatte sich alles geändert. Wenn er die Zeit nicht mit ihnen zusammen verbringen konnte, hatte sein Leben keinen Sinn mehr.
Er atmete tief durch und ging zur Haustür. Sid parkte den Wagen am Straßenrand und kam von der anderen Seite. Als Chase klingelte, reagierte Annie schneller als erwartet.
„Hast du etwas vergessen, Liebes?“, rief sie von drinnen, während sie gleichzeitig die Tür öffnete.
Doch als sie Chase sah, stieß sie überrascht die Luft aus und wich zurück. Ihre langen, dunklen Haare umrahmten weich ihr Gesicht, doch ihre Miene war versteinert. „Wie kannst du es wagen, hier aufzutauchen?“
Sie trug ein schlichtes, pinkfarbenes Sommerkleid und keine Schuhe.
Chase konnte nicht fassen, wie schön sie war.
„Ms Bower?“, sagte Sid, zog seinen Ausweis hervor und hielt ihn ihr hin. „Ich bin Agent Manning von der CIA, und ich muss mit Ihnen sprechen. Es geht um die Sicherheit von Ihnen und Ihrer Tochter, und um die von Dr. Myers, der eine Zeit lang für uns gearbeitet hat.“
„Was für eine geniale Ausrede“, erwiderte sie spöttisch.
„Könnten wir vielleicht reingehen?“
„Nein. Sie können mir auch hier erzählen, um was es geht.“ Ihr Blick war kühl, verriet aber keinerlei Anzeichen von Nervosität oder Angst.
Doch auch Sid blieb ruhig. „Es wird aber eine Weile dauern.“
Ärgerlich presste sie die Lippen zusammen. „Sie wollten etwas sagen, also legen Sie los, oder ich mache die Tür wieder zu.“
„Ich wollte nur sichergehen, dass Sie es bequem haben …“
„Das kümmert euch vom CIA doch sonst auch nicht.“
Chase fing einen überraschten Seitenblick von Sid auf. „Agent Manning ist mein Kontakt hier in den USA“, erklärte er. „Ich wurde für tot erklärt, weil Al Qaida meinen Kopf wollte. Wir haben lange Zeit befürchtet, sie wären auch hinter dir und Roberta her. Jetzt, wo du weißt, dass ich lebe, musst du unbedingt erfahren, was damals passiert ist. Die Explosion an der Ausgrabungsstätte war kein Unfall.“
Wenn sie überrascht oder erschrocken war, verbarg sie es gut.
„Das stimmt, Ms Bower“, kam ihm Sid zu Hilfe. „Dr. Myers und seine Eltern haben für die CIA
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