Küsse, die "Verzeih mir" sagen
Informationen gesammelt, während sie offiziell als Archäologen arbeiteten. Das ging viele Jahre lang gut, aber dann wurden sie enttarnt und durch die Explosion gezielt getötet. Nur zwei Menschen haben damals überlebt. Dr. Myers wurde von einem Arzt gerettet und von uns in die Schweiz ausgeflogen, wo er über ein Jahr lang im Krankenhaus lag, um sich von seinen schweren Verwundungen zu erholen und wieder laufen zu lernen.“
Jetzt wurde Annie blass und begann zu schwanken. Chase streckte die Hand aus, um sie zu halten, doch sie lehnte sich an den Türrahmen. „Ich glaube Ihnen kein Wort.“
Sid griff in sein Jackett und zog einen braunen Umschlag heraus. „Diese Fotos werden Sie überzeugen. Sie wurden direkt nach der Explosion und später im Krankenhaus aufgenommen.“
Als sie keine Anstalten machte, nach dem Umschlag zu greifen, warf Sid ihn an ihr vorbei in den Flur, wo er über die Fliesen glitt. „Da wir wussten, in welcher Beziehung Sie zu Mr Myers standen, haben wir Sie sofort in die USA geflogen und zu Ihrem eigenen Schutz unter Beobachtung gestellt, falls Al Qaida sie aufspüren würde. Da Ihr Leben in Gefahr war, blieb Dr. Myers nichts anderes übrig, als sich von Ihnen fernzuhalten. Er hat seine Arbeit als Archäologe aufgegeben, um ganz für uns zu arbeiten.“
Annie schloss die Augen. „Ich glaube, das reicht jetzt. Verschwinden Sie, alle beide.“
„Ich muss mit dir reden, Annie“, flehte Chase.
Ihre Züge verhärteten sich. „Das wäre in den letzten zehn Jahren wichtig gewesen. Jetzt ist es zu spät.“
Um damit schlug sie ihnen die Tür vor der Nase zu.
Kopfschüttelnd wandte sich Sid ihm zu. „Ich bin jetzt schon ziemlich lange im Geschäft, aber ich habe selten jemanden getroffen, der so stur war. Ich bin mir nicht sicher, ob wir zu ihr durchdringen können.“
„Ich auch nicht“, gab Chase zurück.
Annie würde ihm nie verzeihen. Genau das hatte er befürchtet. Für sie war er wirklich tot.
Und das würde er nicht lange überleben.
4. KAPITEL
Annie machte einen Bogen um den braunen Umschlag auf den Flurfliesen, als könne er sie beißen, doch der Gedanke daran ließ sie auch im Wohnzimmer nicht los. Am besten, sie verbrannte ihn, ohne ihn überhaupt zu öffnen.
Möglicherweise hatte Agent Manning ja die Wahrheit gesagt. Aber dann wollte sie erst recht keine Bilder sehen. Was sollte sie mit einem Mann, der es nicht für nötig gehalten hatte, ihr ein Lebenszeichen zu geben, nachdem er aus dem Krankenhaus entlassen worden war? Das wäre mithilfe der CIA ja wohl kein Problem gewesen.
Von wegen Gefährdung durch Al Qaida, das war ja lächerlich! Robert hatte eine Möglichkeit gesehen, sich aus ihrer Beziehung zu stehlen, und sie nur zu gern genutzt. Und jetzt suchte er nur aus einem einzigen Grund den Kontakt: seine Tochter. Was fiel ihm ein, zehn Jahre nichts von sich hören zu lassen und dann einfach vor der Tür zu stehen, weil er mit ihr reden wollte, als wäre nichts gewesen?
Auf keinen Fall würde sie zulassen, dass er sich Roberta näherte. Besser, sie besorgte sich einen Anwalt. Ein guter Freund ihres Vaters, den sie oft bei gemeinsamen Abendessen getroffen hatte, stand in dem Ruf, der beste Anwalt in ganz Nordkalifornien zu sein. Er würde ihr bestimmt helfen, eine einstweilige Verfügung gegen Robert zu erlassen, die es ihm verbot, ihr oder Roberta noch einmal zu nahezukommen. Und er unterlag der Schweigepflicht, sodass ihre Eltern nichts von Robert erfahren würden.
Ganz bestimmt würde Robert keine unnötige Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollen, indem er auch noch ein Gerichtsverfahren heraufbeschwor.
Gestärkt durch ihren Plan, ging Annie vom Wohnzimmer ins Schlafzimmer, wo ihr Handy lag, und hob auf dem Weg den Umschlag vom Boden auf. Dann rief sie die Auskunft an und ließ sich mit der Kanzlei verbinden.
„Radinger und Byland“, meldete sich die Rezeptionistin.
„Hier spricht Annie Bower, die Tochter von Joseph Bower. Ist Mr Radinger da?“
„Ja, aber er spricht gerade mit einem Mandanten.“
„Würden Sie mich in die Warteschleife stellen? Es handelt sich um einen Notfall.“
„Wie Sie wünschen.“
Annie schaltete den Lautsprecher ein und ließ sich aufs Bett sinken. Wahrscheinlich würde Mr Radinger fragen, was sich in dem Umschlag befand, also musste sie ihn wohl öffnen. Mit einem Arm im Gips dauerte es eine Weile, bis sie es geschafft hatte. Sechs Schwarz-Weiß-Fotos fielen heraus.
Schockiert starrte sie darauf. Das erste Bild zeigte
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