Küsse, die "Verzeih mir" sagen
heimisch, obwohl sie die Dinge, die ihr am wichtigsten waren, mitgebracht hatte. Aber ohne ihre Tochter nützten ihr auch die vertrauten Möbel nichts. Von nun an würde Roberta viel Zeit mit ihrem Vater verbringen wollen – und Annie würde viel allein sein.
Ihrer Tochter konnte sie daraus keinen Vorwurf machen. Wer würde Chase nicht als Vater haben wollen, zumal er sich so rührend und ehrlich um Roberta bemühte?
Du denkst zu viel an Chase und zu wenig an deinen neuen Job, ermahnte sie sich.
Um sich abzulenken, fing Annie an, das Schlafzimmer einzurichten. Als es ihr einigermaßen gefiel, wurde es draußen schon dunkel. Sie wollte gerade zum Handy greifen, um Chase anzurufen, als die Haustür aufging.
„Mom?“
„Ich bin im Schlafzimmer!“
Roberta kam hereingerannt. „Daddy wartet draußen. Ich soll ihn anrufen und Bescheid sagen, ob du hier bist, bevor er geht.“
Wortlos reichte Annie ihr das Handy. Gut zu wissen, dass Chase so fürsorglich war. Wobei sie das nicht überraschte. Er hatte sich auch immer sehr um ihre Sicherheit gesorgt. Natürlich würde er auf ihre Tochter genauso aufpassen.
„Mach ich“, hörte sie Roberta sagen. „Ich habe dich auch lieb. Gute Nacht, bis morgen.“
Nachdem sie aufgelegt hatte, umarmte sie Annie mit glänzenden Augen. „Daddy will mit mir und Nicky am Samstag reiten gehen. Ist das okay?“
„Natürlich.“
„Er mag Pferde genauso gern wie ich. Ich kann es kaum abwarten!“
Annie schloss die Haustür ab und schaltete das Verandalicht aus.
Roberta hüpfte vor Aufregung im Zimmer herum. „Kann ich Debbie anrufen und es ihr erzählen?“
„Heute nicht mehr, es ist schon zu spät. Aber gleich morgen nach der Schule.“
„Okay, dann morgen.“
Später, als sie beide in ihren Betten lagen, wälzte Annie sich herum und versuchte, nicht an den einen wundervollen Ausritt zu denken, den sie mit Chase zum Khaiberpass gemacht hatte. Sie hatten mehrere Nächte in einem Zelt unter freiem Himmel übernachtet und sich immer und immer wieder geliebt – bewacht von einer diskreten, handverlesenen Eskorte. Sie war nie im Leben vorher – oder danach – so glücklich gewesen. In einer dieser Nächte war sie schwanger geworden.
War sein Ausritt mit Rachel im letzten Sommer auch so eine unvergessliche Erinnerung für Chase? Beneidete er Vance um seine Frau?
Tränen liefen ihr über die Wangen, und sie drückte das Gesicht ins Kissen.
„Oh Chase … Ist es zu spät für uns?“, schluchzte sie.
Die ganze Situation war unerträglich. Wie sollte sie so dicht in seiner Nähe leben, ohne ihm wirklich nah zu sein? Jedes Mal, wenn er Roberta umarmte oder küsste, erinnerte sie sich, wie sie in seinen Armen gelegen hatte. Wie herrlich sich seine Lippen auf ihren anfühlten, wenn seine Liebkosungen sie beide in den siebten Himmel brachten.
Und jetzt wohnte er gleich um die Ecke und war doch weiter von ihr entfernt als je zuvor. Drei Jahre lang hatte er hier sein Leben gelebt, war mit anderen Frauen ausgegangen, hatte sich an Rachel herangemacht.
Irgendwie musste sie damit klarkommen. Was hatte sein Agent gesagt? „Ihr Leben war in Gefahr, Dr. Myers hatte keine andere Wahl, als Ihnen fernzubleiben.“
Aber jetzt, wo sie sich wiedergefunden hatten, gab es da noch eine Chance für sie beide? Oder war es zu spät? Liebe musste genährt werden, um zu wachsen, und zehn Jahre waren eine lange Zeit.
Ein Schmerz in ihrem Arm ließ sie aufstöhnen. Sie hatte sich im Bett hin- und hergeworfen und ihren Gips vergessen. Noch eine Nacht wie diese, und sie musste sich den Bruch neu richten lassen.
Sie sehnte den nächsten Tag herbei und hatte gleichzeitig Angst davor. Ihre Eltern würden sie übers Wochenende besuchen. Und als sie Santa Rosa am Morgen verlassen hatten, hatte ihr Vater gesagt: „Meinst du nicht, wir sollten Robertas Vater langsam mal kennenlernen?“
Instinktiv wollte sie den Moment so lange wie möglich hinauszögern – zumindest brauchte sie Aufschub, bis sie ihre Gefühle wieder besser unter Kontrolle hatte. Doch daraus würde wahrscheinlich nichts werden. Wie alles, was mit Chase zu tun hatte, war auch diese Begegnung unvermeidlich.
Die Kinder ritten rechts und links von Chase und unterhielten sich über ihre Halloweenkostüme. Nicky würde als Harry Potter gehen und Roberta als Hermine. Chase konnte es gar nicht abwarten, mit ihnen, Rachel und Vance durch die kleine Gemeinde zu ziehen. Zu lange hatte er diese Art von Vaterfreuden entbehrt. Zum Glück waren
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