Kuesse - heiß wie die Sonne Siziliens
Pflegeeltern mich ablehnten? Aber mein Blatt wendete sich, als mein Onkel mich als Erbin einsetzte. War es fair, dass er mir das Gut vermacht und es nicht an dich verkauft hat? Ich weiß es nicht, aber ich werde mich nicht beschweren, über gar nichts.“ Sie verschränkte die Arme vor ihrer Brust, als wollte sie sich vor einem möglichen Angriff schützen.
Er lehnte sich über den Tisch und schob sanft eine Strähne ihres rotgoldenen Haars von ihrer Wange zurück.
„Ich habe keine Entschuldigung für das, was zwischen mir und meinem Chef passierte. Jahrelang hatte ich mir geschworen, niemandem zu glauben und niemandem zu vertrauen. Dann habe ich alles vergessen und einen riesigen Fehler gemacht. Ich habe geglaubt, dass ich nie darüber hinwegkommen würde.“
„Bist du aber“, insistierte er. „Du stehst wieder auf den Füßen. Du hast Verstand und Energie, und du kannst wirklich hart arbeiten.“ Und du bist schön, couragiert und strahlend .
Sie errötete bei diesem Kompliment, er sah, wie sich ihre Wangen mit einem zarten Schimmer überzogen. Isabel bildete die erstaunlichste Mischung aus Bescheidenheit und Selbstvertrauen. Schon der Gedanke, dass jemand sie verletzt hatte, erfüllte ihn mit Wut.
Er wollte sie in die Arme nehmen und ihr ins Ohr flüstern, dass er ihr immer helfen würde, dass sie nie wieder allein sein würde. Aber das konnte er nicht sagen. Solche Versprechen vermochte er nicht mehr zu geben, weder ihr noch irgendwem sonst.
„Als Nächstes steht an, dass du Italienisch lernst.“
„Ich weiß. Ich spüre jeden Tag, wie schwierig das Leben zu meistern ist, wenn man die Sprache nicht spricht. Ich kann noch nicht einmal die Zeitung lesen.“
Einen Augenblick später war sie mit dem Tagesanzeiger von gestern zurück. Zusammen übersetzten sie einen Artikel. Manchmal musste er über ihre Aussprache lachen. Kurz fürchtete er, ihre Gefühle verletzt zu haben, aber sie fiel in sein Lachen ein. Was für eine Frau! Er wusste zwar, dass sie verletzt und sehr verletzlich war, doch heute Abend machte sie einen glücklichen und entspannten Eindruck. Und wie sexy sie war mit ihren zerzausten Haaren und dem leicht von der Sonne gebräunten Gesicht. Halt es in nachbarschaftlichen Bahnen, sagte er zu sich selbst. Zumindest bis du dir sicher bist, dass sie zu mehr bereit ist.
„Ich denke, den Fortgeschrittenenkurs kannst du ab morgen belegen.“
„Morgen können wir darüber reden, aber bevor ich Italienisch lerne, brauche ich erst einmal fließendes Wasser. Ich habe Motoröl und Diesel für die Pumpe, aber ich …“ Sie beendete den Satz nicht.
„Dann schauen wir uns das gute Stück doch an.“ Die Reparatur der Pumpe gab ihm eine gute Gelegenheit aus ihrer Nähe wegzukommen. Es war seinem Geisteszustand entschieden zuträglicher, eine altmodische Pumpe in Gang zu bringen, als sich vorzustellen, Isabel die ganze Nacht in den Armen zu halten.
Zwei Stunden lang schufteten sie gemeinsam, um die alte Maschine in Bewegung zu bringen. Aber irgendwann waren sie so weit: Sie ließen die Pumpe ansaugen, und Isabel hörte das herrliche Geräusch von gurgelndem Wasser in den Leitungen. Wenige Momente später sah sie, dass sich der Wassertank zu füllen begann.
„Ich glaube, du kannst duschen!“, verkündete Dario.
Eine Dusche brauchte sie jetzt auch dringend, so verschwitzt und schmutzig, wie sie war. Sobald Dario gefahren war. Wozu er aber keine Anstalten machte. Er meinte, die Wildschweine könnten wiederkommen.
„Du kannst es nicht riskieren, deine Weinstöcke zu verlieren.“
Bevor sie einwenden konnte, dass es auf der Azienda nirgends Platz zum Schlafen für ihn gab, sagte er, es gebe ja den Raum hinter der Küche, den sie noch nie betreten hatte. Dort stehe ein Bett, in dem er gut schlafen würde.
Zu diesem Zeitpunkt hatte Isabel keine Energie mehr für Diskussionen, und warum eigentlich sollte sie den Mann, der sie mit Essen und Wasser versorgte, wegschicken, was sie obendrein gar nicht ernsthaft wollte? Und sie fühlte sich sicherer in seiner Gegenwart. Nicht nur sicherer, sondern auch glücklicher.
Er versprach ihr, morgen noch einen Durchlauferhitzer anzubringen, aber sie beschloss, dass auch eine kalte Dusche sich sicher wunderbar anfühlen würde, und ging in das kleine Bad. Als sie fertig war, wickelte sie sich in ein Handtuch und rief vom oberen Treppensatz hinunter: „Du bist dran!“
Er stand unten am Fuß der Treppe und blickte zu ihr hinauf. Sie hielt den Atem an. Beide
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