Küsse im Mondschein
sich hartnäckig weigerte nachzugeben.
Symbolisierte er also den Felsen, so stand Amanda für die Gezeiten, die diesen Felsen schließlich doch noch schleifen würden.
War er der Löwe, so war Amanda diejenige, die das Schicksal ausgesandt hatte, um den Löwen zu bändigen.
Freudig ließ sie ihn ihren Mund erobern, ließ sich von ihm den Atem rauben, erwiderte sie seinen Kuss. Fest klammerte sie sich an ihn, als er ihre Sinne betörte. Dann aber besann sie sich wieder und drängte ihn, nicht nur seinen Hunger, sondern auch den ihren zu stillen. Trieb ihn immer noch stärker an.
Martin hatte die Hände unterdessen weiter hinabgleiten lassen zu ihrem Gesäß, um ihre Pobacken zu umfassen und sie verlangend zu kneten und Amandas Hüften energisch gegen seinen Körper zu drücken, so dass seine Erektion hart gegen ihren Bauch stieß. Seine Zunge war tief in ihrem Mund, fordernd, verlangend, heiß und eindringlich - bis plötzlich ein Geräusch an ihrer beider Ohren drang.
Er verlangsamte den Rhythmus ihres Kusses ein wenig. Amanda fühlte Martins heißen, keuchenden Atem, spürte, wie sein sich rasch hebender und senkender Brustkorb gegen ihre schmerzenden Brüste drückte, ahnte das Donnern seines Herzens, ihres Herzens, während Martin angestrengt lauschte.
Doch kein Laut drang mehr zu ihnen vor. Abermals neigte er den Kopf und zog Amanda wieder mit sich in den Strudel ihres gemeinsamen Kusses hinab, zog sie auf den Pfad des immer stärker, immer drängender werdenden Verlangens.
»Wo geht es lang? Da drüben?«
Sie waren vollkommen ineinander versunken, vollkommen blind und taub gegenüber allem, was um sie herum vorging. Doch in diese Versunkenheit drang jäh eine hohe, mädchenhafte Stimme - und beförderte Amanda und Martin mit einem höchst unsanften Ruck wieder zurück in die Realität.
»Was …?« Amanda schaute über ihre Schulter.
Martin folgte ihrem Blick. Dann fluchte er lästerlich.
»Das ist doch nicht zu fassen!« zischte Amanda. »Schon wieder Miss Ellis! Und schon wieder mit einem anderen Mann!«
Hand in Hand stapfte das unglückselige Paar am Ufer des Sees entlang und näherte sich dem kleinen, bewaldeten Tal; dass sich dort bereits zwei Besucher befanden, hatten Miss Ellis und ihr Galan noch gar nicht wahrgenommen.
Martin stieß abermals einen Fluch aus. »Ich muss gehen.«
Amanda wandte sich wieder um, schaute ihn an. Hätte am liebsten laut »Nein!« gerufen. Doch sie schluckte ihren Protest hinunter. Stattdessen murmelte auch sie eine Verwünschung, während Martin die Hände von ihr gleiten ließ.
Hastig schweifte sein Blick zwischen Amanda und dem sich unaufhaltsam nähernden Paar hin und her, während er bereits rückwärts zwischen den Bäumen verschwand. »Wo kann ich dich heute Abend finden?«
Amanda hob die Hand an die Stirn; in ihrem Kopf schien sich alles zu drehen. »Bei den Kendricks. Halt, nein, dort können wir uns nicht treffen! Denn die haben weder eine Terrasse noch einen Garten, nur einen einzigen, großen Ballsaal. Aber sie sind Freunde der Familie - ich muss also hin.«
Im Schatten der ihn umgebenden Bäume blieb Martin stehen. »Du meinst das Haus in der Albemarle Street?«
Amanda nickte.
»Es gibt dort einen Balkon, der seitlich am Haus über einen Grünstreifen hinausragt.«
»Der ist doch in der ersten Etage.«
»Trotzdem, sei um Mitternacht auf diesem Balkon.«
Sie blinzelte, nickte dann jedoch. »Ich werde da sein.«
Sein eindringlicher Blick schien ihr sagen zu wollen, dass sie ihr Versprechen besser halten sollte. Dann wich er gänzlich zwischen die Bäume zurück. Er schien mit den Schatten zu verschmelzen, schien sich unmittelbar vor Amandas Augen in Luft aufzulösen.
Amanda war gründlich erbost, sie war in Aufruhr, ihre Nerven waren aufs Äußerste angespannt, gereizt - sie bebten geradezu. Und zweifellos würde diese Stimmung noch einige weitere Stunden anhalten. Doch trotz ihrer Verärgerung dauerte es nicht lange, bis sie sich entschloss, diese einmalige Gelegenheit, die sich ihr gerade zu bieten schien, beim Schopfe zu packen. Sie setzte ein künstliches Lächeln auf und wandte sich um, um Miss Ellis und deren Kavalier zu begrüßen.
Denn wenn ihre eigenen Erwartungen an diesem Nachmittag schon unerfüllt bleiben mussten, so wollte Amanda doch eher verdammt sein, als Miss Ellis in dieser Hinsicht mehr zu gönnen.
12
Exakt um Mitternacht schlüpfte Amanda hinaus auf den schmalen Balkon. Man erreichte ihn über eine Glastür am Ende des
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