Küsse im Mondschein
sich weigern würde, ihr Whistpartner zu sein - vermutlich, weil er damit überfordert war -, was Amanda in eine unangenehme Lage brachte, die Connor, da war Martin sich ziemlich sicher, so überhaupt nicht eingeplant hatte.
Er, Martin, hatte sie von seinem Sessel im hinteren Teil des Spielzimmers aus beobachtet, hatte gesehen, wie sie ihren Blick aus riesengroßen blauen Augen durch den Raum hatte schweifen lassen, auf der verzweifelten Suche nach einem Retter...
Im Stillen schüttelte er den Kopf, verwundert über seine unvermutete Empfänglichkeit. Wann war er bloß so lächerlich ritterlich geworden, leichtes Opfer eines, zugegebenermaßen, wunderschönen Augenpaares? Nicht nur in London, sondern auch noch in weiten Teilen jenseits davon gab es viele, die über die bloße Vorstellung schon herzlich lachen würden. Und dennoch - als er mit dem Anblick Amanda Cynsters konfrontiert worden war, während sie verzweifelt darum kämpfte, sich ihren Stolz zu bewahren, da hatte er sich zu einer immensen Überraschung dabei ertappt, wie er plötzlich aufsprang, um sich als ihr Whistpartner und Beschützer anzubieten.
Und noch überraschender war, dass er es sogar genossen hatte, dass ihm jeder Augenblick Vergnügen bereitet hatte. Das Spiel war fesselnder, war eine größere Herausforderung gewesen als jedes, das er seit seiner Rückkehr nach England bestritten hatte, was wiederum doppelt erstaunlich war angesichts der Tatsache, dass sein Partner weiblichen Geschlechts gewesen war. Nicht nur, dass sie außerordentlich viel Verstand und Intelligenz bewiesen hatte, sie war auch noch so klug gewesen, nicht gleich in Überschwänglichkeit zu verfallen und es mit ihren Dankesbezeigungen zu übertreiben. Martin dachte wieder an ihre Reaktion zurück und musste unwillkürlich lächeln. Bis zu einem gewissen Grade hatte sie seine Unterstützung als etwas Selbstverständliches hingenommen, als etwas, das ihr ihrer Meinung nach von Rechts wegen zustand, obgleich sie zu jenem Zeitpunkt noch nicht gewusst hatte, wer er war. Sie war in gewisser Weise eine Prinzessin - und da war es doch nur recht und billig, dass sie einen Ritter als Helfer und Beschützer zur Seite hatte.
Connors Beitrag zum Spiel gab Martin allerdings noch immer Rätsel auf. Sein, Martins, Misstrauen gegenüber den wohlwollenden Intentionen des anderen Mannes hatte zunächst lediglich auf Mutmaßungen beruht - bis zu jenem Augenblick während des Spiels, in dem Connor nicht bedient hatte. Nie und nimmer würde er glauben, dass Connor tatsächlich ein solcher Fehler unterlaufen könnte. Und dennoch musste dieser irgendwann im Laufe des Spiels, aus welchen Gründen auch immer, zu der Überzeugung gekommen sein, dass zu verlieren und damit Amanda Cynster in seiner Schuld stehen zu haben, ein durchaus annehmbares Risiko wäre.
Leider wusste Martin so gar nicht, was er davon halten sollte. Vielleicht sollte er sich auch überhaupt nichts dabei denken, vielleicht steckte ja nichts weiter dahinter als die Tatsache, dass Connor einfach ungeheuer schlau war. Denn Connor hatte ja vollkommen Recht - Amanda Cynster drohte keinerlei Gefahr von Seiten des verwegenen, skandalumwitterten Grafen von Dexter. Er hegte keine wie auch immer gearteten Absichten, was sie anbetraf. Denn er wusste nur allzu genau, wer er selbst war und wer sie war; und sie war nun einmal nicht für ihn bestimmt. Zwar hatte er die vergangenen Stunden in ihrer Gesellschaft sehr genossen, doch er hatte nicht vor, sich von einem Paar juwelengleicher Augen und süßer Rosenknospenlippen - noch nicht einmal von einer Haut wie Samt und Haaren wie Seide - aus dem Konzept bringen und seine Lebensgewohnheiten umkrempeln zu lassen.
Für Damen wie Amanda Cynster war in seinem Leben einfach kein Platz. Nicht jetzt, nicht später, niemals mehr. Martin ignorierte die Stimme des Bedauerns, die einem gedämpften, abgeschwächten Echo gleich in seinem Kopf raunte, bog in die Park Lane ein und strebte auf sein Haus zu.
»Ich habe ihn gefunden!« Mit freudig leuchtenden Augen zog Amanda ihre Zwillingsschwester in ihr Schlafzimmer und schloss die Tür. »Er ist perfekt. Einfach fabelhaft - mehr könnte ich mir wirklich nicht wünschen.«
Aufgeregt drückte Amelia ihre Hand. »Erzähl!«
Was Amanda denn auch ausführlich tat. Als sie geendet hatte, blickte Amelia nicht weniger verblüfft und fassungslos drein, als Amanda es getan hatte. »Dexter?«
»Der geheimnisvolle, schwer fassbare, skandalumwitterte Graf von
Weitere Kostenlose Bücher