Küsse im Mondschein
Dexter.«
»Und? Sieht er gut aus?«
» Wahn -sinnig gut. Er ist...« Amanda mühte sich einen Moment damit ab, die richtigen Worte zu finden, dann machte sie eine wegwerfende Handbewegung. »Egal. Er ist ganz einfach attraktiver als jeder andere Mann, den ich bisher gesehen habe.«
»Was weißt du sonst noch über ihn?«
»Er ist intelligent, raffiniert, scharfsinnig - tatsächlich war er sogar so umsichtig, Mellors dazu zu bewegen, meinen Champagner gegen Wasser auszutauschen und das obendrein auch noch so unauffällig zu tun, dass keiner etwas davon merkte.« Mit Schwung ließ Amanda sich in die Kissen zurückfallen; sie und Amelia hatten wieder einmal Zuflucht auf ihrem Bett gesucht. »Kurz und gut, auf physischer und intellektueller Ebene ist Dexter absolut perfekt. Wenn man bedenkt, dass er darüber hinaus auch noch so reich wie Krösus ist - na ja, jedenfalls bei weitem zu reich, um hinter meiner Mitgift her zu sein - und dass er, wenn auch nur die Hälfte der Gerüchte, die sich um ihn ranken, stimmt, ein ungeheuer aufregendes Leben geführt hat, viel, viel wilder als alles, wovon ich jemals auch nur träumen würde - dann nimmt seine Vollkommenheit sogar einen noch strahlenderen Glanz an.«
»Hmmm, aber es gibt da immer noch diesen alten Skandal, vergiss das nicht.«
Amanda tat den Einwand ihrer Schwester mit einer lässigen Handbewegung ab. »Wenn weder die Matronen noch eine der grandes dames die Angelegenheit mehr für erwähnenswert halten, wie käme ich dann dazu, großes Aufhebens darum zu machen?« Sie legte die Stirn in Falten. »Hast du eigentlich mal gehört, worum es bei diesem Skandal überhaupt ging?«
»Nur, dass irgendein Mädchen darin verwickelt war, das er angeblich verführt hatte und das sich dann das Leben nahm. Aber das alles passierte vor etlichen Jahren, als er zum ersten Mal nach London kam und so richtig auf den Putz haute. Ganz gleich, wie die Wahrheit auch aussehen mag, jedenfalls wurde er aufgrund dieser Geschichte von seinem eigenen Vater verbannt -«
»Und kehrte daraufhin erst vergangenes Jahr wieder nach England zurück, ein Jahr nachdem er den Titel geerbt hatte - so viel zumindest weiß ich.«
»Wie alt ist er?«, wollte Amelia wissen.
Amanda zog die Brauen hoch. »Dreißig? So ungefähr, schätze ich. Ich glaube, er wirkt älter, als er ist. Er macht den Eindruck, als ob es ihm... ernst wäre.«
Amelia starrte ihre Schwester an. » Ernst? Du meinst, mit dir?«
»Nein, so habe ich das nicht gemeint. Ich wollte damit sagen, dass er ernst ist, ernst und... tiefsinnig. Und irgendwie reserviert - nein, das ist der falsche Ausdruck! -, beherrscht. Das lässt Männer immer älter erscheinen.«
Amelia nickte. »Na schön, ich gebe ja zu, dass er geradezu perfekt für dich zu sein scheint. Nur, wie willst du das große Problem denn jetzt in Angriff nehmen? Sämtliche Gastgeberinnen der Gesellschaft haben bereits versucht, ihn wieder zurück in ihren Kreis zu locken, aber er sagt jede Einladung ab.«
»Seien wir doch ganz ehrlich - er ignoriert jede Einladung.«
»Genau. Also, wie willst du es dann anstellen, dass du ihn oft genug triffst, um ihn dazu zu bringen...« Amelia verstummte jäh und sah ihrer Zwillingsschwester forschend ins Gesicht. »Du hast überhaupt nicht die Absicht, ihn in unsere Welt hineinzulocken. Sondern du willst stattdessen in seine Welt eintreten!«
Amanda grinste. »Das ist mein Plan, richtig, zumindest so lange, bis ich ihn so sicher eingefangen und umgarnt habe, dass er bereit ist, mir überallhin zu folgen.«
Amelia kicherte. »Du redest über ihn, als ob er ein Hund wäre.«
»Ein Hund wohl kaum - dann schon eher ein Löwe. Ein mächtiges wildes Tier mit lohfarbener Mähne, das tagsüber am liebsten in seiner Höhle liegt und faulenzt und das bei Nacht auf die Jagd geht.« Amanda nickte, und auf ihrem Gesicht erschien ein äußerst entschlossener Ausdruck. »Genau das ist die Aufgabe, die ich bewältigen muss - ich muss meinen Löwen einfangen und zähmen.«
Sie war nicht so töricht zu glauben, dass ihr diese Aufgabe leichtfallen würde. Im Gegenteil, Amanda verbrachte den ganzen nächsten Tag damit, ihr weiteres Vorgehen zu planen und sich verschiedene Methoden der Annäherung zu überlegen. Das Pferd war eine Möglichkeit, aber sie wollte nicht zu eifrig bemüht erscheinen, und außerdem - wenn sie diesen Trumpf zu früh ausspielte, dann würde der Graf von Dexter womöglich genau das tun, was er gesagt hatte, und keineswegs
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