Küsse im Morgenlicht
wurde, wo sie sich befand. Dann wandte sie sich wieder zu Reggie um, deutete auf den Kutschweg, verabschiedete sich mit einigen knappen Worten auch von den anderen und verließ die Gruppe, um mit beschwingten und weit ausholenden Schritten auf Luc zuzumarschieren.
Luc wollte sofort vom Kutschbock hinunterspringen und sie begrüßen, doch ein rascher Blick auf die anderen Parkbesucher bestätigte ihn in seiner Befürchtung, dass sie beide bereits wieder die ungeteilte Aufmerksamkeit aller auf sich gezogen hatten. Jeder, der Augen im Kopf hatte, starrte sie unverhohlen an.
Luc nickte Reggie einmal kurz zu. Dann griff er hinab und packte die Hand, die Amelia ihm entgegenstreckte. »Steig ein. Schnell.«
Ohne zu fragen, folgte Amelia seinem Befehl. Er zog sie neben sich auf den Kutschbock. Als sie saß, warf er Reggie noch einen kurzen Blick zu. »Könnt Ihr die Verantwortung für die Gruppe übernehmen und bitte Louise ausrichten, dass ich Amelia innerhalb der nächsten Stunde wieder in der Upper Brook Street absetze?«
Reggie musste sich augenscheinlich bemühen, um ein Grinsen zu unterdrücken, riss die Augen weit auf und fragte: »Innerhalb der nächsten Stunde?«
Luc blickte ihn mit schmalen Augen an. »Ganz richtig.« Dann schaute er zu Amelia hinüber, die seinen Blick erwiderte. »Halt dich fest.«
Gehorsam packte Amelia die Seitenlehne, während Luc die Karriole zunächst ein Stückchen zurücksetzte, dann kurz mit den Zügeln schnalzte und die beiden Grauschimmel schließlich anziehen ließ. Er schaute weder rechts noch links und gab sich alle Mühe, so zu tun, als ob er die aufmerksamen Blicke der anderen gar nicht bemerkte - er wollte sich nicht durch ein plötzliches Winken von einem der Parkbesucher schließlich doch noch aufhalten lassen und sich zu einem Gespräch genötigt sehen. Dann steuerte er seine Pferde mit sicherer Hand nicht etwa die Avenue entlang, sondern geradewegs aus dem Park hinaus.
Erst als sie durch das große Tor gefahren waren, wandte Amelia sich wieder zu ihm um. Um ihre Lippen spielte ein zartes Lächeln, und in ihren Augen blitzte es verwundert. »Wohin fahren wir denn?«
Er fuhr sie nach Hause - zu seinem Zuhause, Calverton House -, wo er sie in sein Arbeitszimmer führen wollte, jenen einzigen Ort, an dem sie hoffentlich von niemandem gestört würden, wo sie die notwendigen organisatorischen Absprachen treffen konnten, und wo er Amelia, wenn dies nötig sein sollte, sicherlich auch mit dem einen oder anderen Trick von den besonders brenzligen Fragen würde ablenken können.
Cottsloe öffnete ihnen die Tür, trat zurück und bedachte Amelia sofort mit einem strahlenden Lächeln: »Mylord, Miss Amelia.«
Sofort huschte ein neugieriger, spekulierender Ausdruck über Cottsloes Gesicht - und dieser Ausdruck wurde nur noch umso eindringlicher, als der alte Butler sah, dass sein Herr fest die Finger um Amelias Hand geschlungen hatte. Er geleitete sie in die Eingangshalle. »Cottsloe, Ihr habt es verdient, dass Ihr die Neuigkeiten als einer der Ersten erfahrt. Miss Amelia hat mir die große Ehre erwiesen, meine Ehefrau werden zu wollen. In Kürze wird sie Lady Calverton sein.«
Cottsloes strahlendes Lächeln schien von einem Ohr zum anderen zu reichen. »Mylord - Miss Amelia - bitte nehmt meine zutiefst empfundenen Glückwünsche entgegen.«
Luc grinste, Amelia lächelte. »Vielen Dank, Cottsloe.«
»Wenn ich mir die Frage erlauben darf, Mylord, …?«
Luc schaute Amelia an. Auch sie sah fragend zu ihm auf. Würde Luc seinem Butler den Hochzeitstermin verraten? Doch schon ertönte die Antwort: »Nächsten Mittwoch. Sicherlich, das ist ein bisschen plötzlich, aber der Sommer steht kurz bevor.« Den Blick fest auf seine zukünftige Ehefrau gerichtet, hob er ihre Hand an seine Lippen und fügte hinzu: »Und überhaupt gibt es keinen Grund, warum wir den Termin noch weiter vor uns herschieben sollten.«
Erstaunt und mit großen Augen sah sie ihn an. Luc konnte geradezu mitverfolgen, wie sich die Fragen in ihrem Kopf zusammenbrauten. Dann erklärte er seinem Butler: »Wir sind dann im Arbeitszimmer… und ich möchte nicht, dass uns jemand stört.«
»Sehr wohl, Mylord.«
Damit wandte Luc sich um und marschierte - Amelias Hand noch immer fest gepackt - quer durch die Eingangshalle. Schwungvoll stieß er die Tür zu seinem Arbeitszimmer auf, trat ein und zog Amelia dabei weiterhin energisch hinter sich her. Schließlich wandte er sich um, schloss die Tür, riss Amelia an sich
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