Küsse im Morgenlicht
hättest, was du dahergefaselt hast. Ich habe genau gehört, was du gestern Nacht gesagt hast. Und ich bin davon überzeugt, du selbst hast dich auch gehört. Du hast in unsere Heirat eingewilligt - und ich werde darauf bestehen, dass du dein Wort hältst.«
Luc blinzelte und runzelte so angestrengt die Stirn, bis sich schließlich tiefe Furchen über seinen Augenbrauen bildeten. »Aber ich habe doch gar nicht vor, einen Rückzieher zu machen - unter Berufung auf meine zeitweilige Unzurechnungsfähigkeit, wie du wahrscheinlich meinst. Denn so betrunken, dass ich nicht mehr wusste, was ich tat, war ich ja nun auch wieder nicht.«
»Oh.« Lucs scharfer Ton ließ nur wenig Zweifel daran, dass er es ernst meinte.
»Es steht also außer Frage, dass ich selbstverständlich mein Wort halte.« Noch immer sah er Amelia mit gerunzelter Stirn an.
Diese war so erleichtert, dass sie es kaum beschreiben konnte. Doch sie gab sich alle Mühe, sich ihre Erleichterung nicht anmerken zu lassen, und blickte Luc mit scheinbar bloß aufmerksamem Interesse an. »Und worüber wolltest du dann mit mir sprechen?«
Luc sah sich um, dann ergriff er erneut ihren Arm und drängte sie, langsam weiterzuschlendern. Er war so groß gewachsen, dass er den Kopf zu Amelia hinabneigen musste, wenn er sich mit ihr unterhielt, wodurch ihre Unterredung unwillkürlich etwas Vertrautes bekam - obgleich sie beide sich an einem öffentlichen Ort getroffen hatten. »Dass wir heiraten werden, steht auf jeden Fall schon mal fest. Das haben wir ja bereits beschlossen. Aber nun müssen wir uns an die nächsten Schritte wagen. Wir müssen überlegen, in welchem Rahmen und wann wir vor den Altar treten wollen.«
Mit einem strahlenden Lächeln sah Amelia zu Luc auf. Dann wollte er sein Versprechen also doch nicht brechen... ganz im Gegenteil sogar! Ihr Herz schien vor lauter Freude geradezu zu hüpfen - ein äußerst irritierendes Gefühl für Amelia. »Ich dachte, am besten heiraten wir gleich in den nächsten Tagen. Es dürfte dir doch keine Schwierigkeiten machen, zum Bischof von Canterbury zu gehen und von ihm den Ehedispens einzuholen, nicht wahr?«
Abermals kehrten die Sorgenfalten auf Lucs Stirn zurück. »Aber was ist mit dem Brautkleid? Was ist mit deiner Familie? Eine Heirat gleich in den nächsten Tagen - wäre das nicht ein kleines bisschen übereilt?«
Abrupt blieb Amelia stehen, hob den Kopf und schaute ihn an. »Um das Kleid mache ich mir nicht allzu viele Gedanken. Und was meine Eltern anbelangt - die kann ich bestimmt überreden. Die werden mit Sicherheit keinerlei Einwände erheben. Und sowieso wollte ich schon immer eine Junibraut sein. Und das wiederum bedeutet, dass wir innerhalb der nächsten vier Wochen heiraten müssen.«
Luc verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. Amelia wusste, dass er nun gerade angestrengt über irgendetwas nachdachte. Sie konnte es an dem Ausdruck erkennen, der in seinen dunkelblauen Augen lag. Doch wie immer konnte sie nicht sagen, was das war, worüber er nachgrübelte.
»Eine Heirat innerhalb der nächsten vier Wochen wäre sicherlich machbar. Eine Heirat innerhalb der nächsten vier Tage ist völlig undenkbar. Stell dir doch bloß mal vor, was die Leute vermuten würden, wenn sie wie aus heiterem Himmel erfahren, dass wir in solch überaus unschicklicher Eile vor den Traualtar treten. Auf so was folgt meist unweigerlich die Frage, was denn wohl der Anlass dafür ist, dass wir so überstürzt heiraten. Darauf gibt es dann doch bloß zwei mögliche Antworten. Und keine dieser beiden Möglichkeiten würde unsere Verbindung deinen Eltern sonderlich schmackhaft machen - geschweige denn mir.«
Amelia dachte über seine Worte nach… und stimmte ihm schließlich widerwillig zu. »Es würde der Eindruck entstehen, dass es bei unserer Heirat in erster Linie ums Geld geht. Und genau diesen Eindruck möchtest du wahrscheinlich gerade nicht erwecken - ich meine, wenn man bedenkt, wie hart du dafür arbeiten musstest, um die finanzielle Misere deiner Familie vor den Augen der Öffentlichkeit zu verbergen.« Sie seufzte einmal, dann blickte sie Luc abermals in die Augen. »Also gut, du hast Recht. Dann heiraten wir eben erst innerhalb der nächsten vier Wochen.« Damit würde das Datum ihrer Hochzeit schließlich immer noch im Juni liegen.
Luc biss die Zähne zusammen, umfasste Amelias Arm und zog sie weiter. »Im Übrigen könnten die Leute auch noch etwas anderes denken - zumindest, wenn wir so überstürzt heiraten.
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