Küsse im Morgenlicht
waren, wandten die Männer sich wieder ihren eigenen Plänen zu. Während der Gala und des Balles wollten Lucifer, Luc und Martin gemeinsam mit Simon, Sugden und Cottsloe die Herzoginwitwe konsequent im Auge behalten. Später, wenn die Gäste wieder gegangen waren, würden Amelia, Amanda und Phyllida Helena von unterschiedlichen Plätzen im Hause aus beobachten, während Martin, Sugden und Lucifer wiederum über die Anlage patrouillieren würden. Luc und Simon, die das Haus und die Räumlichkeiten, in denen die Gäste untergebracht waren, am besten von allen kannten, sollten in den langen Korridoren Wache halten.
Nachdem die Männer ihre Aufgabenbereiche abgesprochen hatten, hatte sich ihre Gruppe wieder aufgelöst. Luc war zu den Hundezwingern hinuntergegangen, um Sugden über die aktuellen Pläne zu informieren und bei der Gelegenheit auch gleich noch einmal einen raschen Blick auf die jungen Hunde zu werfen und zu sehen, welche Fortschritte sie gemacht hatten.
Als er ins Haus zurückkehrte, zögerte er zunächst einen kurzen Moment. Dann schlenderte er weiter zum Musikzimmer. Im Flur vor dem Zimmer blieb er stehen … dann hörte er aus dem Salon hinter der Tür Amelias Stimme. Und Phyllidas und Amandas. Das Gesicht zu einer leicht missmutigen Grimasse verzogen, marschierte er weiter.
Mit raschen Schritten eilte er die Haupttreppe hinauf, hielt auf der ersten Etage kurz inne, ehe er mit energisch vorgeschobenem Kinn schließlich auch noch die Stufen ins Obergeschoss hinauf nahm.
Portia, Penelope und Miss Pink befanden sich derzeit im Erdgeschoss. Sie hatten ihre Bücher ausnahmsweise einmal ins Schulzimmer verbannt und wandten sich in einem der unteren Räume der praktischen Beobachtung ihres Unterrichtsstoffes zu. Der gesamte obere Mittelflügel war also menschenleer. Luc ging langsam auf das Kinderzimmer zu, öffnete die Tür und trat ein.
Noch war alles unverändert. Doch er hatte im Grunde auch nichts anderes erwartet. Amelia war im Moment mit viel zu vielen anderen Dingen beschäftigt, als dass sie bereits Zeit gehabt hätte, sich der Umgestaltung des Kinderzimmers zu widmen. Irgendwann aber würde sie dieses Vorhaben sicherlich angehen. Wahrscheinlich sogar schon bald.
Luc trat ans Fenster, ließ den Blick über das Tal schweifen und versuchte sich vorzustellen, was ein Kind für ihn bedeuten würde, wie es sich wohl anfühlen würde, Vater zu sein.
Er wünschte sich einen Sohn. Das war doch schließlich wohl das mindeste, was das Schicksal ihm noch schuldig war - ihm, der sich fast zeit seines Lebens ganz allein mit vier Schwestern abmühen musste. Doch unwillkürlich verzogen sich seine Lippen zu einem spöttischen Lächeln. Denn in Wahrheit war es ihm vollkommen egal, ob ihr erstes Kind ein Junge oder ein Mädchen werden würde. Alles, was er wollte, war Amelia mit seinem Kind an ihrer Brust zu sehen.
Die Unterhaltung mit Helena hatte seinen Überlegungen eine neue Richtung gegeben. Er hatte gar nicht bedacht, dass es mit dem Geständnis allein noch nicht getan wäre. Denn erst einmal würde Amelia noch eine Entscheidung treffen müssen.
Im Geheimen hatte sie sich bereits entschieden, dessen war Luc sich ganz sicher. Sie hatte sich ihm mit Leib und Seele verschrieben, hatte ihre Loyalität auf ihre neue Familie übertragen, trug aller Wahrscheinlichkeit nach sogar bereits sein Kind unter dem Herzen. Sie war die seine. Und auf irgendeiner ganz tiefen, unterbewussten Ebene hatte er das auch schon seit geraumer Zeit geahnt. Nun aber hatte er es auch mit all seinen Sinnen und seinem Verstand erfasst.
Endlich hatte nämlich sogar sein überaus analytischer Verstand begriffen, was ihm sein Instinkt schon lange verraten hatte.
Befriedigung und ein Gefühl der Ruhe und Geborgenheit stiegen in ihm auf - dicht gefolgt von stetig zunehmender Frustration. Ausgerechnet jetzt, da er endlich bereit war, Amelia rückhaltlos alles zu gestehen, schien das Schicksal sich gegen ihn zu wenden und den geeigneten Zeitpunkt für seine Beichte immer weiter hinauszuschieben.
Tagsüber eilte Amelia vor lauter Vorbereitungen, die sie noch zu erledigen hatte, unaufhörlich von einem Raum in den anderen, und abends, wenn er sich zu ihr in ihr gemeinsames Ehebett legte, war sie erschöpft und schläfrig. Am nächsten Morgen aber sprang sie schon wieder so früh aus den Federn und mitten hinein in die Geschäftigkeit des Tages, dass Luc zumeist noch nicht einmal aufgewacht war, ehe sie das Schlafzimmer auch schon wieder
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