Kuesse sich, wer kann
Parkplatz standen einige Vans. In den Autos saß niemand, an der Tür stand kein Wachposten, alle waren in der Lagerhalle.
»Ein Blick in die Vans, und wir finden einen Haufen Federn, wetten«, sagte Lula. »Scheint hier ein Promi-Parkplatz zu sein. Aber die offene Tür ist doch geradezu eine Einladung.«
Aus der Lagerhalle dröhnten männliche Stimmen.
»Ich würde da nicht reingehen«, sagte ich zu Lula. »Die Männer da drin haben Waffen und Killervögel.«
Auf Zehenspitzen schlich Lula zur Tür. »Das wissen wir doch gar nicht. Vielleicht ist das mit dem Hahnenkampf auch nur aufgebauscht.« Sie spähte durch die Tür und staunte: »Da ist ja die kleine rote Henne! Obwohl, ich glaube, es ist ein Hahn. Und da noch einer, ein großer schwarzer glänzender. Und ganz viele Käfige, aber ich kann nicht in sie hineinsehen.«
»Toll. Genau das, was ich brauche. Ich melde es gleich weiter.«
Ich trat ein paar Schritte zurück, drückte mich an die Wand der Halle, wo die Schatten länger waren, und wählte die Nummer der Polizeizentrale. Als ich wieder auflegte, merkte ich, dass Lula nicht mehr da war.
Ein Schrei im Innern der Halle, dann lautes Kreischen, Krähen und Gebrüll! Lula stürzte aus der Tür. Zwei Hähne zischten an mir vorbei, halb fliegend, halb laufend, tauchten in der Nacht unter. Ein dritter Vogel hatte sich an Lula gehängt.
»Vampirhähne!«, schrie sie.
Sie holte nach dem Vogel aus, der Vogel krächzte, schlug mit den Flügeln und pickte gegen ihren Schädel. Es gelang ihr, das Tier zu verscheuchen, worauf es kehrtmachte und nun die Männer attackierte, die aus der Tür gerannt kamen.
Noch mehr Flüche, Schreie und Krächzen, Lula und ich nahmen die Beine in die Hand. Wir rannten die Gasse entlang, schlugen an der Querstraße einen Haken nach links und kamen wieder auf die Stark Street. Dort blieben wir stehen, ließen den Oberkörper hängen und verschnauften erst mal. Schritte hörte ich keine hinter uns, anscheinend verfolgte uns doch niemand. Im Lagerhaus wütendes Gebrüll, jemand leuchtete mit einer Taschenlampe die Gasse ab.
Lula richtete sich auf und sah sich um. »Hatten wir nicht unser Auto hier abgestellt?«
Der Schrott- SUV war weg. Langsam nervte diese Autodiebstahlmasche.
»Da fragt man sich doch, wie es die Leute hier abends nach Hause schaffen«, sagte Lula. »Zwei Minuten lässt man sein Auto unbeaufsichtigt, und schon sackt die Autofee es ein.«
Der Hahn hatte Lulas Spinnennetzfrisur umgestaltet, sie glich jetzt eher einem Rattennest. Sie trug ein schwarzes Lederbustier, einen Jeansrock, der nur knapp den Hintern bedeckte, und High-Heel-Lederstiefel, die bis über die Knie reichten. Vermutlich stammte das Outfit aus ihrer SM -Collection.
Wir standen an der Stark, Ecke Sidney Street. Ein getunter Grand Cherokee hielt neben uns, das Fenster auf der Beifahrerseite glitt herunter, und ein Mann lehnte sich heraus.
»Hey, Bitch«, sagte er. »Läuft was?«
»Hau ab«, sagte Lula. »Wir haben zu tun.«
»Sieht nicht so aus. Du hast doch nur darauf gewartet, dass ich’s dir besorge.«
»Cousin Ernie wird ganz schön sauer sein«, sagte Lula zu mir. »Wie soll er morgen zur Arbeit kommen?«
Die Türen des Cherokee öffneten sich, zwei schlaksige Jungs in weiten Klamotten stiegen aus und stellten sich vor Lula in Pose.
»Du siehst aus wie eine Profinutte«, sagte der eine. »Warum willst du nicht mit mir?«
»Ich bin nicht mehr im Dienst«, sagte Lula. »Verzieh dich.«
»Ich zieh dir gleich meinen Riemen durch deinen geilen fetten Ladyarsch«, sagte der Junge.
Lula kniff die Augen zusammen. »Hast du fett gesagt? Leg dich nicht mit mir an, Kleiner. Mir haben sie gerade Ernies Auto geklaut. Ich habe eine Wurzelbehandlung hinter mir, und die Betäubungsspritze lässt nach. Ich bin extrem gereizt, du kleiner Wichser mit deinem Griffel zwischen den Beinen.«
»Nix Griffel. Willst du meinen Schwanz sehen?«
Er öffnete den Reißverschluss seiner Schlabberhose, und Lula streckte die beiden Jungs mit ihrem Elektroschocker nieder.
»Hunh«, sagte sie, sah erst hinunter auf die beiden, leblos auf dem Bürgersteig Liegenden, dann zu ihrem SUV , der noch mit laufendem Motor auf der Straße stand. »Ich glaube, wir haben ein neues Auto.«
»Nein! Das ist Autodiebstahl.«
»Willst du hierbleiben und auf einen Bus warten?«
Ein schlagendes Argument.
Wir krochen in den Cherokee, Lula hinters Steuer, und brausten davon. Zwei Polizeiwagen kamen uns entgegen mit Blaulicht, ohne
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