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Kuesse, so sueß wie spanischer Wein

Kuesse, so sueß wie spanischer Wein

Titel: Kuesse, so sueß wie spanischer Wein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Goodman
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nötig", sagte er mit hochrotem Gesicht und hatte Mühe, seinen Zorn hinunterzuschlucken.
    Rose setzte sich wieder hin. Sie hatte natürlich gewusst, dass er das Testament auch übersetzen konnte, aber die Andeutung, es sich von einem anderen vorlesen zu lassen, garantierte ihr, dass Pueg nichts ausließ.
    „Senorita Rosalinda Miralles, Ihre Tante, hat Ihnen ihren ganzen Besitz hinterlassen."
    Rose saß ganz still und umklammerte krampfhaft das Testament. Dass die ihr unbekannte Tante den selben Vornamen wie sie hatte, erstaunte sie, aber dass sie ihr auch ihren ganzen Besitz vermacht hatte, versetzte Rose einen Schock.
    „Sie sagen gar nichts dazu, Senorita? Es muss Sie doch überraschen, dass Ihnen eine Verwandte, von der Sie nie etwas gehört haben, ihre ganze Habe hinterlässt, obwohl es sicher jemanden geben muss, der mehr Anspruch darauf hätte." Er lehnte sich zurück und lächelte, doch er blickte kalt, und Rose wusste instinktiv, wen er meinte.
    „Ich war nicht darauf vorbereitet, Senor", antwortete sie höflich. „Ich bin sicher, meine Tante kannte viele Menschen, aber offensichtlich niemanden, den sie im Testament bedenken wollte. Ich habe meine Tante leider nie kennen gelernt, aber ich gehöre zu ihrer Familie und bin nach ihr benannt."
    „Das ist mir nicht entgangen."
    „Nun, Senor Pueg, vielleicht hätten Sie die Güte, mir den Besitz meiner Tante zu beschreiben?"
    Er schien einen Moment lang zu zögern, beugte sich dann aber dem Unausweichlichen.
    „Also gut, Senorita Grey. Ihre Tante besitzt ein Haus, nicht weit von hier entfernt, außerdem gibt es einige Schmuckstücke und eine kleine Summe Geld."
    Pueg nannte den Betrag, der für Rose nicht unerheblich klang, und lächelte säuerlich bei ihrer Reaktion.
    „Bis vor fünf Jahren bewirtschaftete Ihre Tante selbst das große Stück Land, aber mit zunehmendem Alter wurde ihr das zur Last, und sie verkaufte den größten Teil an die umliegenden Bauern. Die letzten zwei Jahre verbrachte sie in einem Pflege-. heim in Palma, wobei sie den größten Teil ihres Geldes aufbrauchte. Das Haus wollte sie nicht aufgeben, und ich befürchte, es ist in keinem guten Zustand. Es ist praktisch nur noch eine Ruine, Senorita Grey." Er schien Genugtuung bei diesen Worten zu empfinden, und Ärger stieg wieder in Rose hoch.
    „Dann lässt es sich wohl kaum leicht verkaufen, oder?"
    „Nicht als Wohnsitz, aber für die angrenzenden Bauern ist das Land wertvoll." Pueg nahm einen amtlich aussehenden Vordruck aus der Schublade und schob ihn ihr über den Schreibtisch zu.
    „Unterzeichnen Sie bitte hier und hier." Mit seinem dürren Zeigefinger tippte er auf die entsprechenden Stellen. „Ich werde mich in Ihrem Sinne darum kümmern."
    Rose bezweifelte das sehr, und sie dachte gar nicht daran zu unterzeichnen, bevor sie ihre Erbschaft nicht wenigstens in Augenschein genommen hatte.
    „Mit dem Verkauf sollten wir noch warten, bis ich mir das Haus angesehen habe", sagte sie entschlossen. „Wenn Sie mir bitte die Adresse geben würden? Dann kann ich gleich hinfahren."
    Die Atmosphäre in dem zu üppig ausgestatteten Büro wurde noch kühler. Rose stand auf.
    Einen Augenblick später kritzelte der Anwalt etwas auf ein Stück Papier und reichte es ihr zusammen mit einem großen Schlüssel.
    „Ich kann Ihnen nur abraten, Senorita", sagte Pueg schroff. „Der Anblick einer Ruine sagt gar nichts aus."
    „Sie haben bestimmt Recht, Senor, aber ich möchte unbedingt sehen, wo die Familie meiner Mutter gelebt hat," Sie verabschiedete sich und war dankbar, den Raum verlassen zu können. Selbst durch die geschlossene Tür hindurch konnte Rose noch den eisigen Blick Puegs fühlen.
    Nachdenklich ging sie zum Auto zurück. Sie musste jemanden nach dem Weg fragen, aber wen?
    Wenig später stand sie vor dem Laden, in dem sie den Hut gekauft hatte. Rose machte sich bei der älteren Frau, die die Tür gerade verriegelte, durch Zeichen bemerkbar, und mit einer für Mallorquiner typischen Höflichkeit schloss die Ladenbesitzerin wieder auf und lächelte Rose zuvorkommend an.
    „Können Sie mir sagen, wo ich diese Adresse finden kann?" fragte Rose, reichte ihr das Papier und hoffte, dass sie sich verständlich machen konnte. Die Frau schaute auf den Zettel und überlegte. Dann sah sie Rose lächelnd an und redete, wie Rose befürchtet hatte, im Inseldialekt schnell auf sie ein. Als beide merkten, dass das so nicht ging, sahen sie sich verzweifelt an. Schließlich griff die Frau nach

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