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Kuessen al dente - Roman

Kuessen al dente - Roman

Titel: Kuessen al dente - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Nelson
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riesigen X. »Essen auf eigene Gefahr!«, schien die Vorspeise zu warnen. Dann legte er das Kinn auf seine manikürten Hände und kniff die Augen zusammen. Zwei identische Goldringe, massiv wie Radmuttern und mit Brillanten gespickt, steckten an seinen kleinen Fingern, die im Gegensatz zu dem dichten Haarflaum um seinen Hals gänzlich unbehaart waren.
    »Fahren Sie fort«, sagte er.
    Sie trank einen Schluck Wasser und räusperte sich. »Also, wir stellen uns vor«, begann sie, »in der Upper East Side ein Restaurant mit achtzig Plätzen zu eröffnen. Als Küchenchefin werde ich für den gastronomischen Teil verantwortlich sein, mein Partner wird als Geschäftsführer den administrativen
Teil übernehmen. Wir beide sind seit mehr als zwanzig Jahren im Geschäft und haben nicht nur in Restaurants in New York gearbeitet, sondern auch in Italien und Frankreich.«
    »Upper East Side? Warum nicht im West Village? Ich dachte, die guten Lokale finden sich alle im Zentrum?«
    »Das West Village ist übersättigt. Dort gibt es genügend erstklassige Restaurants mit gediegen-elegantem Flair, wo man Spitzengastronomie in unterhaltsamer Atmosphäre genießen kann. Die Upper East Side hingegen kann, abgesehen von einigen Drei- oder Vier-Sterne-Gourmet-Tempeln, nur mit Studentenkneipen, Tomatensoßen-Italienern und überteuerten ›Bringt die Eltern mit, solange sie die Rechnung bezahlen‹-Lokalen mit mittelmäßiger Küche aufwarten. Da besteht Bedarf, da gibt es eine Lücke.«
    Ihr Selbstvertrauen, das sich den ganzen Vormittag über rargemacht hatte, kehrte langsam zurück. Vielleicht lag es an ihrem Haar, das einen kaum wahrnehmbaren Kräuselfaktor von eins zeigte, wie sie in dem Rokokospiegel hinter Lucas Kopf gesehen hatte. (Professionelles Föhnen in Verbindung mit dem jüngst erstandenen Seidenbezug für ihr Kopfkissen und frostigen Temperaturen ergaben wundersam glattes Haar.) Vielleicht lag es auch an ihren Füßen, die plötzlich nicht mehr wehtaten. Oder weil sie in diesem Moment wusste, dass sie — mit oder ohne Bernard — die Sache schaukeln konnte.
    Pablo kam mit zwei von Lucas Yeoward-Gläsern und einer Flasche Col d’Orcia Brunello an ihren Tisch. Während er Luca die Weinflasche begutachten ließ, fragte sich Georgia, ob das das normale Prozedere war, oder ob der kostbare Wein anzeigte, dass sie eine Hürde genommen hatte. Pablo öffnete die Flasche und reichte Luca den Korken, der ihn kurz betrachtete und nickte. Offenbar hielt er es für überflüssig, den Wein zu kosten.

    »Zum Wohl«, sagte Pablo, nachdem er eingeschenkt hatte.
    »Fahren Sie fort, Georgia«, forderte Luca sie auf, während er den Wein in seinem Glas kreisen ließ.
    Und das tat sie. Sie begann mit dem Wichtigsten, dem Essen. Sie beschrieb ein leichtes Sommermenü, bestehend aus Goldbrasse mit einem Pesto aus jungem Gemüse, israelischem Couscous, Basilikum-Tomatensalat und Zitronen-Rosmarin-Eis. Anschließend skizzierte sie ein herzhaftes Wintermenü mit Kürbis-Apfelrisotto, Lammkeule an Püree von Fingerlingskartoffeln und Spinat-Mangold-Gemüse, zum Dessert Schokolade-Bananen-Brotpudding, damit Luca sah, dass sie die Vier-Jahreszeiten-Küche beherrschte. Und sie sprach über ökonomische Menügestaltung, um ihm zu zeigen, dass sie die Kosten im Auge behielt. Sie sprach von der Weinkarte und nannte dabei Namen von außergewöhnlichen Winzern, die nicht überall zu finden waren, um an den Weinkenner in ihm zu appellieren, und ging die kurze, aber qualitativ hochwertige Liste der Spirituosen durch, die die Cocktail- und Aperitif-Liebhaber zufriedenstellen sollte. Sie führte aus, dass sie den Uptown-Bewohnern die Möglichkeit geben wolle, in einem Restaurant um die Ecke zu dinieren, und dass sie die Leute aus Downtown in die Peripherie locken würde. Lucas gefurchte Brauen entspannten sich allmählich, die pulsierende Vene an seiner Stirn beruhigte sich, das Wippen seines Fußes hörte auf. Ihm gefiel, was er hörte.
    Derart ermutigt nahm sie ihn mit auf einen virtuellen Rundgang durch ihr Lokal, beschrieb den bronzenen Türknauf unter dem Fenster des Eingangsportals, das Arrangement aus Pfirsichblüten auf dem Empfangspult, den Kiefernholzboden mit unterschiedlich breiten Dielen, die aus einer alten Scheune in Columbia County stammten, die handgeschliffene Marmorplatte der Bar. Lucas Blick schweifte in die
Ferne, und Georgia sprach weiter, erzählte von hauchdünnen Gardinen und gestärkten Leinenservietten auf alten Bauerntischen.
    Da

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