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Kuessen al dente - Roman

Kuessen al dente - Roman

Titel: Kuessen al dente - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Nelson
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hatte er sich noch niemals verspätet. In fünfzehn Minuten sollte ihre Besprechung mit Luca beginnen, und von ihrem Partner keine Spur; auch sämtliche Anrufe landeten direkt auf seiner Mailbox. Und da Bernard Pünktlichkeit mit Gottesfurcht gleichsetzte und zu jeder Verabredung mindestens sieben Minuten zu früh erschien, war dies extrem beunruhigend.
    Oben im Speiseraum trank Luca vermutlich seinen dritten Espresso aus und kam zum Ende seines ersten Termins, einer Besprechung mit seinem Steuerberater. Georgia und Bernard waren die Nummer drei, direkt nach dem Vertreter eines Müllentsorgungsunternehmens, einem unangenehmen Menschen aus New Jersey mit extrem üblem Mundgeruch. Dieser Termin würde nicht lange dauern, wie Lucas Sekretär Georgia versichert hatte.
    »Er ist eben mal für kleine Jungs gegangen. Damit gewinnt ihr zehn Minuten«, verkündete die Stimme des Sekretärs über die Gegensprechanlage im Umkleideraum. Er war ein unfreundlicher Zeitgenosse, der ständig ein spöttisches Grinsen im Gesicht trug und sich nur widerwillig bereiterklärt hatte, Georgia über Lucas Tun auf dem Laufenden zu halten. »Du
kannst nur hoffen, dass dein Freund noch rechtzeitig hier eintrudelt.«
    »Das wird er«, sagte Georgia in die Sprechanlage. »Ganz bestimmt.«
    Bei der Vorstellung, die Präsentation ihres Businessplans ohne Bernard bestreiten zu müssen, der sie an entscheidenden Stellen unterbrach, eine Bemerkung einwarf oder überhaupt das Wort führte, wenn es vom Konzept (Georgias Aufgabe) zu den Finanzen (seinem Teil) überging, bekam Georgia Kopfschmerzen, und seltsamerweise taten ihr dazu auch noch die Beine weh. Vielleicht waren es auch die zwölf Zentimeter hohen Absätze ihrer Louboutins, die ihre Ballen überbeanspruchten. Die Stiefel, die sie bei Barneys im Ausverkauf erstanden hatte, waren so unbequem, dass sie sie erst zweimal getragen hatte: Bei einem spontanen Mittagessen mit Glenn im Le Bernardin, weil ein VIP-Kunde ihn versetzt hatte (offenbar hatte der Kunde kein Vertrauen in die Kochkünste eines Eric Ripert gehabt), und bei ihrem Einstellungsgespräch mit Marco im Marco. Vielleicht nicht das beste Omen für die heutige Gelegenheit, aber Lo hatte darauf bestanden, dass Killerabsätze ein unverzichtbares Accessoire seien, wenn es darum ging, einem Mann eine größere Geldsumme zu entlocken. Dann hatte sie Georgia noch einen Pucci-Schal um den Hals drapiert und erklärt, der verleihe ihr das gewisse italienische Etwas.
    »Er kommt aus Bari«, wischte sie Georgias Proteste vom Tisch. »Das wird ihm gefallen.« Obwohl Georgia der Ansicht war, dass dieser Schal eher an eine Midwestern-Stewardess erinnerte als an Sophia Loren, band sie ihn sich pflichtschuldig am Morgen genau so um, wie Lo es ihr gezeigt hatte.
    Zum elften Mal drückte Georgia auf die Wahlwiederholungstaste ihres Handys, um zum elften Mal die zum Erbrechen
höfliche Stimme von Bernard zu hören, die sie bat, ihm eine Nachricht zu hinterlassen. Der Schal fühlte sich an wie eine Schlinge um ihren Hals und zog sich scheinbar bei jeder Nachricht, die sie ihm aufs Band sprach, enger. »Wo bist du, wo bist du, wo bist du?«, sagte sie leise, falls jemand vor dem Umkleideraum herumgeisterte. Sie musste ja nicht lauthals in die Welt hinausposaunen, dass ihr Partner sie versetzt hatte.
    Seufzend klappte sie das Telefon zu und nahm die oberste Mappe von dem Stapel, den sie auf dem Klappstuhl abgelegt hatte, dem einzigen Möbelstück im Raum. Das war ihr persönliches Exemplar des Businessplans, das ihre Notizen enthielt, wichtige Sätze, Ideen und Vorschläge, die sie in dem Gespräch mit Luca nicht vergessen durfte. »Okay«, flüsterte sie und blätterte durch die Seiten. »Du schaffst das, Georgia. Du schaffst das.« Der Spickzettel, der hinter dem Deckblatt steckte, flatterte zu Boden, und ehe sie Gelegenheit hatte, ihn aufzuheben, rasselte die Stimme von Lucas Adlatus durch die Sprechanlage.
    »Georgia, ihr seid dran.«
    »Aber die Besprechung ist doch erst in …«, sie sah noch einmal auf ihre Uhr, »in zwei Minuten angesetzt. Und du hast mir zehn Minuten zusätzlich versprochen. Kannst du ihn nicht noch ein wenig hinhalten?«
    »Nee, geht nicht. Tut mir leid. Er hat den Mülltypen schneller als geplant abgefertigt.«
    »Aber mein Partner ist noch nicht da.« Ihre Füße und ihre Schläfen hämmerten im Gleichklang vor Schmerzen.
    »Tja, Lucas Zeitplan ist knapp. Nach euch kommen noch fünf Leute, und um drei bringt ihn der Wagen zum

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