Kuessen al dente - Roman
einherging: Kinder, Familie, Sicherheit? Oder vielleicht, weil sie Angst vor dem hatte, was passieren könnte, wenn sie ihn nicht heiratete. Aber wie könnte sie sich mit einem Mann ein Leben und eine Familie aufbauen, dem sie nicht vertrauen konnte? Sie drehte den Gasherd an und wartete auf das Knistern der Flamme.
Wenig später brutzelten die Eier in der flachen Pfanne. Georgia drehte ihr Haar zu einem Knoten und fixierte ihn im Nacken. Während ihrer einjährigen Trennungsphase hatte sie sich mit einem Dutzend Männer getroffen und war mit vieren davon ins Bett gegangen. Zum einen mit Marco. Und dem Trüffellieferanten, der immer so nett mit ihr geflirtet hatte.
Außerdem mit Jim, dem Singer-Songwriter, einem Freund von Lo, der ausschließlich Cordanzüge trug. Und dann war da noch Paul gewesen, ein richtig netter Typ, der eine äußerst unheimliche Freundin hatte, wie sich herausstellte.
Tatsache war, dass Georgia gern die eine Hälfte eines Paares war. Wenn sie mittags an einem überteuerten Brunchbuffet anstand, in Sheep Meadows in der Sonne briet oder in die Spätvorstellung im Kino ging – dann fühlte sie sich als Paar einfach wohler. Doch während dieser Zeit als Single hatte sie keinen Mann kennengelernt, nicht einen einzigen, mit dem sie gern ein Paar gewesen wäre. Als Glenn dann ein Jahr, nachdem sie seine Tür hinter sich zugeschlagen hatte, mit einem Blumenstrauß in der Hand an die ihre klopfte, hatte sie ihn nach kurzem Zögern mit offenen Armen empfangen. Sie war es leid, auf den einzig Richtigen zu warten, und bereit, sich wieder auf ein Leben als Paar einzulassen.
Der Duft des brutzelnden Specks lockte Petal in die Küche, wo sie imaginäre Leckerbissen von Georgias Turnschuhen leckte. Georgia ignorierte den Mops, warf gekonnt das Omelette in die Luft, um es zu wenden, und überlegte dabei, wann Glenn und sie das letzte Mal Sex gehabt hatten. Bei ihren mörderischen und auch noch gegenläufigen Arbeitszeiten blieb ihnen kaum Zeit für einen Kuss, ganz zu schweigen von einem romantischen Schäferstündchen. Ist der Sex erst einmal passé, besteht für die Beziehung nicht mehr viel Hoffnung – jede Frau, die nur ein einziges Mal die Cosmopolitan gelesen hatte, wusste das.
Ihr erstes Mal hatte in jenem Sommer in Newport auf der Mysterious Ways stattgefunden, einer wunderschönen, zwanzig Meter langen Holzjacht, die aus einem James-Bond-Film hätte stammen können und in dem Jachthafen lag, wo sie beide den Sommer über gejobbt hatten. Leichten Zugang zu
unbeaufsichtigten Booten zu haben, war einer der Vorteile seines Jobs gewesen. Abgesehen von der Übelkeit, die ihr bei jedem Schaukeln des Bootes schier den Magen umdrehte, war ihr erster Sex grandios gewesen. Danach hatte Glenn den alten Beatles-Song Julia geträllert, und dabei Julia durch Georgia ersetzt. Irgendwie war es ihr gelungen, trotz ihrer Seekrankheit ein heiteres Lächeln zu bewahren und ihn nicht merken zu lassen, wie knapp sie davor war, sich vor ihrem ahnungslosen Liebhaber die Seele aus dem Leib zu kotzen. Am Ende des Sommers hatten sie beinahe jedes Boot im Hafen eingeweiht – dabei drei ganze Beatles-Alben verschlissen –, und sie hatte sich nicht ein einziges Mal übergeben.
Clem kam in die Küche und zog sich einen Hocker an die Kochinsel. »Bist du okay?«
»Hm«, machte Georgia. »Ich versuch nur gerade herauszufinden, ob es tatsächlich möglich ist, dass ich seit fünf Wochen keinen Sex mehr mit meinem zukünftigen Ehemann gehabt habe. Aber ich bin auch Teil des Problems, ich kann also nicht alles auf das Kokain schieben. Was passiert nur mit uns? Und warum fällt mir das alles erst jetzt auf? Hier«, sie ließ das Omelette auf einen Teller rutschen, »iss auch einen Happen.«
»Weißt du, manchmal passiert gar nichts«, nuschelte Clem mit vollem Mund. »Manchmal lebt man sich einfach auseinander. Ist mir passiert, und passiert anderen auch. Das Phänomen hat sicherlich auch einen tollen Namen.« Sie schob sich eine zweite Gabel voll Ei in den Mund und rieb sich den Bauch. »Hm, schmeckt das köstlich. Selbst mit diesen langweiligen Zutaten ist es ein wahres Gedicht. Wenn du Georgia’s Joint aufmachst, dann wird das ein Renner, keine Frage. Du kochst einfach das Essen, das dir selbst am besten schmeckt, und sie werden alle kommen.« Clem arbeitete als Redakteurin bei Happenings , einem wöchentlich erscheinenden Stadtmagazin,
war dort für die Rubrik »Food and Wine« zuständig und sehr viel besessener von der
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