Kuessen al dente - Roman
ungefähr so schwierig wie ein Ticket für das nächste Stones-Konzert im Beacon Theater.
Georgia saß über die Hochglanzseiten der Zeitschrift gebeugt und studierte den Artikel so konzentriert, dass sie gar nicht merkte, dass sie beim Lesen die Lippen bewegte und erst wieder richtig atmete, als sie zum Ende gekommen war. Claudia wurde als überaus attraktive und begnadete Schlemmerin beschrieben, die die toskanische Küche revolutioniert hatte, eine italienische Alice Waters mit einem Schuss Gina Lollobrigida und einer Prise Mutter Teresa. Das Rezept für » Sole e luna « war für den Hausgebrauch etwas vereinfacht in einem grauen Kasten abgedruckt mit der Überschrift: »Ein Gericht, das überall ankommt.« Souschef Georgia Gray, Amerikanerin und Mitbeteiligte an der Kreation dieser Dia-Spezialität, wurde mit einem ganzen Satz und einem kunstvoll verwackelten Foto gewürdigt.
Kichernd betrachtete Georgia das Foto, das sie zeigte, wie sie mit einer Platte sorgfältig arrangierter Gemüsesorten die Küche durchquerte. Eine geschlagene Stunde hatte es gedauert, bis diese verschiedenen Gemüse ausgesucht, platziert, besprüht und in ihrer makellosen Schönheit noch einmal anders auf der Platte drapiert worden waren. Abgesehen von ihrem Haar, das sie auf Anraten der Stylistin offen trug, war Georgia praktisch nicht zu erkennen. Doch ihre Freunde zu Hause würden diese Frisur auf Anhieb mit ihr in Verbindung bringen.
Nachdem sie laut und vernehmlich ausgeatmet und das Magazin zugeklappt hatte, schickte sie Ganesha ein stummes
Dankeschön. Dieser eine Satz in Verbindung mit dem abgedruckten Rezept würde das Seine dazu beitragen, das Marco-Debakel aus dem kollektiven Gedächtnis der kulinarischen Welt zu tilgen. Wusste doch jeder, dass ein Küchenchef nur so gut war wie seine letzte Kritik. Und obwohl der Artikel nicht wirklich eine Kritik war und auch nicht direkt Georgias Können behandelte, kam er einer solchen doch sehr nahe.
»Das ist super«, rief Georgia begeistert. »Einfach toll.«
»So muss es sein, Boss«, bemerkte Bruno grinsend. Nur er, Claudia und Georgia waren noch in der Küche; die anderen hatten sich mit Taste -Magazinen bewaffnet und in Maschinengewehrgeschwindigkeit in ihre Handys plappernd nach draußen verzogen.
»Richtig«, pflichtete Georgia ihm bei. »Herzlichen Glückwunsch, Claudia. Ich wüsste niemanden, der dieses Lob mehr verdient als du.«
»Was ist mit euch beiden? Ohne euch hätte ich das nie geschafft. Ohne irgendeinen von der Crew, aber speziell ohne euch zwei nicht.« Sie ergriff Brunos und Georgias Hand und drückte sie.
»Ich sollte Elena suchen gehen«, sagte Bruno. »Sie wird ganz aus dem Häuschen sein, wenn ich ihr von dem Artikel erzähle.« Er zuckte vielsagend mit den Augenbrauen. »Keine Ahnung, was anschließend passiert.«
Claudia lachte. »Solange ihr um vier Uhr nachmittags in der Küche steht, ist es mir völlig egal, was ihr tut.« Sie ging zu dem riesigen Kühlschrank, machte das Gefrierfach auf, kramte darin herum und brachte schließlich einen viereckigen weißen Plastikbehälter zum Vorschein.
»Ich glaube, ich sehe mal nach Effie und Vanessa«, verkündete Georgia und machte Anstalten, Bruno zu folgen.
»Hör mal, Georgia, wenn es dir nichts ausmacht, würde ich gern kurz mit dir reden.« Sie stellte den Behälter auf die Anrichte und angelte einen Teelöffel aus der Besteckschublade.
»Okay.«
Sobald das Quietschen von Brunos Clogs verstummt war, wandte sich Claudia an ihren Schützling.
» Gelato ?«, bot sie Georgia an. »Sergio bringt es mir aus Vivoli mit. Stracciatella, meine Lieblingssorte. Ich fürchte, was man über Schwangerschaft und Eiscreme sagt, trifft hundertprozentig zu. Bei mir jedenfalls.«
»Nein, danke. Vielleicht später.«
Claudia hielt den Löffel in die Höhe. »Ich trickse mich selbst aus und glaube, wenn ich nur einen kleinen Löffel nehme, dann esse ich nicht so viel. Das funktioniert natürlich nicht, aber wie käme ich dazu, mir das einzugestehen?«
Georgia lachte.
»Und, wie war Sizilien?«
»Großartig. Sizilien ist wunderschön. Die Bougainvilleas, die Zitronenbäume, das Meer, die Luft – eine phänomenale Mischung von süß und salzig.«
»Und Gianni?«
»Er ist nett«, meinte sie ausweichend. »Aber sag, wie geht es dem Baby?«
»Wunderbar. Ich bin überzeugt, dass es ein Mädchen wird. Ich träume nur noch in Rosa; von rosa Tortengüssen, rosa Tulpen und sogar einem rosa Rasenmäher, stell dir das vor!
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