Küssen auf eigene Gefahr
Hallo. Kann ich Ihnen helfen?«
Er musterte sie mit einem raschen Blick von Kopf bis Fuß. »Ich will dich zurückholen, Baby.«
»Entschuldigung?« Kaylee beglückwünschte sich im Stillen, genau den Ton von Catherine getroffen zu haben. Und zwar exakt denjenigen, der sie und ihren Vater jedes Mal dazu veranlasst hatte zu sagen: Mensch, Caty, jetzt sei doch mal ein bisschen lockerer.
Bobby runzelte die Stirn. »Kaylee?«
»Nein, ich bin Catherine, Kaylees Schwester. Und wer sind Sie? Hey!«, rief sie empört, als er sich an ihr vorbei in den Flur drängte. Was würde Catherine in einer solchen Situation tun? Kaylee lief zum Telefon und nahm den Hörer ab. Sie schaffte es, die Neun und die Eins zu wählen, bevor er mit zwei Fingern die Gabel niederdrückte.
»Zeigen Sie mir irgendetwas, das beweist, dass Sie wirklich die sind, für die Sie sich ausgeben«, verlangte er.
Darüber, wie Catherine auf diese Aufforderung reagieren würde, musste sie nicht erst lange nachdenken. Sie reckte das Kinn in die Höhe, genau so, wie es ihre Schwester immer tat. »Den Teufel werde ich tun«, sagte sie eisig. »Das hier ist mein Haus - wie komme ich denn dazu, Ihnen beweisen zu müssen, wer ich bin?« Damit streckte sie gebieterisch den Arm aus und deutete auf die Tür. »Gehen Sie. Sofort.«
Er zog eine Pistole. Zwar richtete er sie nicht auf sie, aber auch so war die Geste bedrohlich genug. »Ich möchte einen Beweis sehen.«
Nun, andererseits konnte man auch nicht behaupten, dass die Dickköpfigkeit ihrer Schwester an Dummheit grenzte. Hoch erhobenen Hauptes ging Kaylee vor Bobby her ins Wohnzimmer, wo sie zwei gerahmte Fotos vom Bücherregal nahm und ihm unter die Nase hielt. Eines davon war eine Studioaufnahme von ihr selbst, auf der sie, wie sie in aller Bescheidenheit fand, einfach klasse aussah. »Kaylee«, erklärte sie. Die andere Aufnahme zeigte ihre Schwester am Strand. Die Gesichter auf den beiden Bildern glichen einander in verblüffender Weise, trotzdem waren die Unterschiede zwischen den Schwestern nicht zu übersehen. »Ich.« Sie hielt das Bild neben ihr Gesicht, dann griff sie nach Catherines Handtasche, kramte die Brieftasche hervor und zog den Führerschein heraus. Sie reichte ihn Bobby und deutete mit einer fließenden Handbewegung auf ihre Kleidung, die sie, wie Bobby ganz genau wusste, unter normalen Umständen niemals im Leben tragen würde. »Auch ich.«
Sein Blick wanderte langsam über ihren Körper und blieb eine Weile an ihren langen, glatten Beinen hängen. »Hübsch.«
Du nichtsnutziger; erbärmlicher; verlogener Mistkerl. Kaylee blieb jedoch nichts anderes übrig, als still dazustehen und seinen Blick kühl zu erwidern. Wenn ich nicht so viel Angst hätte, dass du mir was antust, würde ich dir dafür den Hals umdrehen.
»Wo ist Kaylee?«, fragte er.
»Keine Ahnung. Aber Sie haben mir immer noch nicht gesagt, wer Sie sind.«
»Bobby LaBon.« Und nach einer Pause. »Kaylees Freund.«
»Ach so. Ich erinnere mich, dass sie Sie mal erwähnt hat.« Kaylee trat einen Schritt von ihm weg. »Und was wollen Sie hier?« In Anbetracht der Waffe konnte es dafür wohl nur einen Grund geben. Oh, Bobby. »Haben Sie sich etwa gestritten?«
»Hören Sie, versuchen Sie nicht, mich für dumm zu verkaufen. Ich bin schon den ganzen Tag hinter ihr her, und ich weiß, dass sie hier war. Also, zum letzten Mal, wo ist sie?« Er starrte sie mit zusammengekniffenen Augen an. »Oder soll ich ein bisschen nachhelfen?« Damit war offensichtlich die Pistole gemeint.
»Ich weiß nicht, wo sie ist«, sagte Kaylee und wusste im nächsten Moment, dass sie einen Fehler gemacht hatte, da sich Bobbys Augen noch mehr verengten. Aber was war es? Oh, Scheiße. Es war ihre Stimme. Sie hatte unwillkürlich wieder mit der heiseren Stimme gesprochen, die sie sich im Lauf der Jahre mit so viel Mühe antrainiert hatte.
Er baute sich bedrohlich vor ihr auf. »Spar dir die Maskerade, Kaylee. Diese Stimme würde ich unter tausenden erkennen.«
Der Teil von ihr, der nicht vor Angst wie gelähmt war, nahm zufrieden zur Kenntnis, dass er sie von ihrer Zwillingsschwester unterscheiden konnte. Sie dachte allerdings nicht daran, irgendetwas zuzugeben. »Catherine«, verbesserte sie frostig. »Mein Name ist Catherine.«
»Lass den Unfug. Ein paar Minuten lang hast du mich damit zum Narren halten können, aber jetzt nicht mehr.« Seine Stimme wurde weicher. »Hör mal, Baby. Ich bin nicht im Auftrag von Sanchez oder Chains oder
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