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Küssen auf eigene Gefahr

Küssen auf eigene Gefahr

Titel: Küssen auf eigene Gefahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Andersen
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Er wandte sich von ihr ab, um ein T-Shirt aus seiner Reisetasche zu holen, und Catherine konnte das Spiel der Muskeln an seinem Rücken verfolgen, während er es sich über den Kopf streifte.
    »Ja, äh, mir war wirklich ein bisschen kalt. Sie scheinen Gedanken lesen können.« Peinlicherweise krächzte ihre Stimme ein wenig, und sie räusperte sich verlegen. »Danke.« Sie schraubte das Nagellackfläschchen zu, stellte es weg und schlüpfte in die Ärmel des Hemdes. Dann schlug sie sorgfältig ein paar Mal die Manschetten um.
    An dem Baumwollstoff hafteten noch die Wärme von Sams Körper und sein Geruch. Catherine fühlte sich zum ersten Mal wieder anständig angezogen, seit sie im Busbahnhof in Seattle gezwungen gewesen war, sich von ihrer Bluse zu trennen. Sie zog ihre nassen Haare aus dem Hemdkragen und schnupperte verstohlen an dem rechten Ärmel, während sie Sam beobachtete, der sich jetzt wieder auf dem anderen Bett niederließ. Das Hemd verströmte den Geruch von Waschmittel und Mann. Sein Besitzer bedachte sie noch nicht einmal mit einem Blick, als er ein metallisch schimmerndes Teil seiner Pistole aufhob und damit fortfuhr, sie zu reinigen. Sie griff nach einem Wattebausch und der Flasche mit Nagellackentferner und machte sich daran, den Farbklecks auf ihrer Zehe zu beseitigen.
    Es war zum Verzweifeln. Sie wurde aus diesem Kerl einfach nicht schlau. Im einen Augenblick drohte er ihr damit, sie zu fesseln und zu knebeln, und im nächsten gab er ihr sein Hemd, weil er dachte, sie würde frieren.
    Sie konnte das natürlich einfach als schizoide Persönlichkeitsstörung betrachten, aber was ließ sich dann über sie sagen?
    Seit Sam in ihr Leben geplatzt war, hatte sie sich völlig anders verhalten als sonst. Normalerweise war es Kaylees Spezialität, sich unbekümmert und aufmüpfig zu geben - Catherine verzichtete im Allgemeinen darauf, weil es ihr immer nur Schwierigkeiten einbrachte. Doch zurzeit ließ sie sich ständig zu irgendwelchen unüberlegten Handlungen hinreißen, genau wie in der Nacht, in der sie und ihre Schwester sich das gleiche Motiv auf den Hintern hatten tätowieren lassen. Und wenn das kein Beweis für schlechtes Urteilsvermögen war, was dann?
    Selbst ohne dieses dauerhafte Andenken war es eine Nacht, die Catherine niemals vergessen würde, und sei es auch nur, weil sie sich für kurze Zeit ausnahmsweise einmal völlig solidarisch mit ihrer Schwester gefühlt hatte. In Auflehnung gegen die unablässigen Predigten ihrer Mutter und nach zu vielen Gläsern billigem Wein, den Kaylee ihrem Vater direkt unter seiner Nase stiebitzt hatte, war es Catherine gewesen, die auf die Idee mit dieser vermaledeiten Tätowierung gekommen war. Als stummer Widerstand gegen die ständigen Ermahnungen ihrer Mutter war ihr der kleine rote Kussmund damals äußerst witzig und passend erschienen.
    Was nur zeigte, wohin es führte, wenn sie einem spontanen Einfall nachgab. Als sie am nächsten Morgen aufgewacht war, mit einem schweren Kopf und einem nicht mehr zu entfernenden Mal auf der Pobacke, das zu allem Überfluss auch noch höllisch wehtat, hatte sie das Ganze gar nicht mehr witzig gefunden.
    Sie sagte sich grimmig, dass sie sich nur in eine ähnlich unangenehme Situation bringen würde, wenn sie jetzt nicht aufpasste, was sie tat.
    Und doch ...
    Irgendwie mochte sie ihre Tätowierung. Sie hatte es satt, immerzu vernünftig zu sein, vor allem, wenn dann so etwas wie jetzt mit McKade dabei herauskam. Und obwohl es sie oft zur Verzweiflung getrieben hatte, dass ihre Schwester nie nachzudenken schien und sich beharrlich weigerte, Verantwortung zu übernehmen, hatte sie Kaylees Unbekümmertheit insgeheim bewundert. Sie selbst fühlte sich oft so gehemmt. Es musste ungemein befreiend sein, einfach das zu tun, wonach einem der Sinn stand, und sich einen Dreck darum zu scheren, ob das den Leuten passte. Nur wenn sie einer Eingebung gefolgt war und irgendetwas improvisiert hatte, um ihrer Schwester aus der Klemme zu helfen, hatte sie etwas Ähnliches empfunden. Aber das war eine Art Rollenspiel, So-tun-als-ob - es hatte nichts damit zu tun, sich so zu geben, wie man wirklich war, und sich dabei auch noch wohl zu fühlen.
    Es war nicht dasselbe.
    Na gut, vielleicht würde sie das wahre Gefühl von Freiheit niemals kennen lernen, aber sie würde dafür sorgen, dass bei der Katastrophe hier wenigstens irgendetwas für sie heraussprang. Sie hatte sich geschworen, Sam auf der Fahrt nach Miami jedes erdenkliche

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