Küssen auf eigene Gefahr
Tür, nachdem sie ein paarmal vergeblich daran gerüttelt hatte.
Es kam ihr so vor, als hätte sie mit jedem einzelnen Einwohner von Arabesque gesprochen. Und die Einzige, die sich an einen Mann erinnern konnte, auf den Bobbys Beschreibung passte, war die Kassiererin im Restaurant. Sie hatte ihn mit jemandem weggehen sehen, der, so wie sie ihn schilderte, eine verdächtige Ähnlichkeit mit Jimmy Chains aufwies.
Es half nichts, sie musste den Tatsachen ins Auge blicken. Es bestand die Möglichkeit, dass Bobby keineswegs einem Verbrechen zum Opfer gefallen war. Sie hatte überall gesucht, wo man jemanden verstecken konnte. Sie hatte selbst gesehen, wie Chains weggefahren war, und bis jetzt war ihr kein merkwürdiger Erdhügel aufgefallen, der auf ein hastig geschaufeltes Grab schließen ließ. Ganz gleich, von welcher Seite aus sie es auch betrachtete, sie kam immer zu demselben Schluss.
Bobby steckte mit Jimmy Chains unter einer Decke, und das schon die ganze Zeit. Welche Erklärung hätte es sonst dafür gegeben, dass Chains es geschafft hatte, sie in diesem Nest aufzuspüren? Der Kerl war für gewöhnlich schon damit überfordert, seinen Namen zu buchstabieren.
Sie hätte nie gedacht, dass es ihr so viel ausmachen würde, aber die Vorstellung, von Bobby betrogen worden zu sein, war so schmerzhaft, dass es ihr fast das Herz abdrückte. Bis jetzt hatte sie sich eingeredet, Bobby sei einfach nur irgendein Typ, mit dem sie ausgehen und sich im Bett amüsieren konnte, aber er hatte es in den vergangenen Tagen geschafft, dass ihre Wachsamkeit nachgelassen hatte und er mehr für sie geworden war. Wahrscheinlich hatte es etwas damit zu tun, dass er sich bereit erklärt hatte, ihr bei der Suche nach Catherine zu helfen, obwohl er die ganze Zeit auf für ihn so wichtigen Sex verzichten musste und er offensichtlich wenig Lust hatte, in die ganze Sache hineingezogen zu werden.
Aber damit hatte er sie ganz schön an der Nase herumgeführt, oder? Indem er so tat, als sei ihm das alles zuwider, hatte er sie dazu gebracht, dass ihre Zuneigung für ihn wuchs, weil er trotzdem bei ihr blieb und sich nach Kräften bemühte, ihr zu helfen. Mein Gott, er musste sich jedes Mal halb totgelacht haben, wenn er das Motelzimmer verlassen hatte und sie in dem Glauben ließ, er sei ins Restaurant gegangen, um etwas zu essen zu besorgen, während er sich in Wahrheit mit Chains traf, um mit ihm zu besprechen, wie sie sie am besten um die Ecke brachten.
Sie schlug mit der Faust gegen die Tür. »Zum Teufel mit dir, Bobby!«
»Hallo?«
Es war nur ein heiseres Flüstern, so leise, dass sie zuerst dachte, sie hätte es sich eingebildet. Sie gab ein verächtliches Schnauben von sich. Du Idiotin. Jetzt meinst du schon, irgendwas zu hören, wo nichts zu hören ist. Das hättest du wohl gern, dass du ihn zu Unrecht verdächtigst.
Aber da war von der anderen Seite der Tür her ein leises Kratzen zu vernehmen und die kaum verständlichen leisen Worte: »Ist da jemand?«
Ihr Kopf fuhr in die Höhe. »Bobby?« Mit neu erwachter Hoffnung presse sie ihr Ohr an die Tür, und ihr Herz begann so laut zu schlagen, dass es fast alle anderen Geräusche übertönte. »Bobby? Bist du da drin?«
»Ja.«
»Oh mein Gott. Bist du verletzt?«
»Hmm.« Es folgte eine lange Pause, dann murmelte er: »Kalt.«
Kaylee rüttelte erneut an der Klinke und warf sich mit ihrem ganzen Gewicht gegen die Tür.
Sie gab genauso wenig nach wie bei ihrem ersten Versuch. »Die Tür klemmt. Ich bin sofort wieder da; ich hole nur schnell Hilfe.«
Keine Antwort. Sie presste ihr Ohr wieder an die Tür und verharrte einen Augenblick unschlüssig. »Bobby? Kannst du mich hören, Liebling? Ich hole Hilfe.«
Bobby gab immer noch keine Antwort, und Kaylee wurde langsam von Panik erfasst, als er endlich mit kaum hörbarer Stimme flüsterte: »Kay.«
Sie rannte um das Motel herum zum vorderen Eingang und riss die Tür zur Rezeption mit so viel Schwung auf, dass die Jalousie an der Glasscheibe noch scheppernd hin- und herschwang, als sie bereits am Tresen stand.
Es war niemand da.
Kaylee schlug mit der flachen Hand auf die kleine Glocke, die auf dem Tresen stand, und als daraufhin nicht sofort etwas passierte, tat sie es noch einmal. Und noch einmal.
Zu guter Letzt hämmerte sie auf die Glocke ein.
»Was zum Teufel ist denn los?« Der Besitzer des Motels kam aus dem Hinterzimmer herbeigestürzt, wobei er sich mit der Serviette in der einen Hand Tomatensauce vom Mund wischte und
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