Küssen auf eigene Gefahr
Schwanger-mit-Beinahezwillingen-von-zwei-verschiedenen-Vätern-Geschichte bis zum heutigen Tag die besten Aussichten hatte, den ersten Preis für die dümmste Nachricht aller Zeiten zu gewinnen. Als Viertel vor zwei Maydeens nächste Kundin eingetroffen war, hatte Kaylee Posten am Fenster bezogen, um nach Bobby Ausschau zu halten. Dabei hatte sie sich weiter lebhaft an der Unterhaltung beteiligt.
Dann hatte der Bus den Parkplatz verlassen und war in Richtung Interstate gefahren, und sie hatte sich darauf besonnen, weswegen sie eigentlich hier war. Sie hatte durch einen Schlitz in der Jalousie vor dem Fenster nach draußen gespäht und voller Spannung darauf gewartet, dass Bobby und Catherine endlith auftauchten.
Und sie hatte gewartet.
Und gewartet.
»Verdammt noch mal, Bobby.« Sie drückte ihre Nase an die Jalousie. »Ich hoffe nur, dass das nicht die Retourkutsche für einen harmlosen kleinen Witz sein soll.«
»Haben Sie was gesagt, Herzchen?« Maydeen blickte von ihrer Kundin auf, der sie gerade die Haare shampoonierte.
»Diese verfluchten Typen!«
»Oh oh. Hat sich Ihr Freund verspätet?«
»Ja, verdammt noch mal.« Kaylee drehte sich kurz vom Fenster weg und sah Maydeen an. »Was finden wir eigentlich an den Typen, Maydeen? Keine vernünftige Frau hält es mit einem von ihnen länger als zwei Tage aus ...«
»Wem sagen Sie das, Herzchen. Und das Gesetz verbietet uns, dass wir sie kastrieren«, ergänzte die Kosmetikerin und stieß dann einen tiefen, mitfühlenden Seufzer aus.
»Offen gestanden fürchte ich, dass dieses Thema nicht ganz unschuldig an meinem Problem sein könnte«, bekannte Kaylee. Sie hatte sich inzwischen wieder der Beobachtung der Vorgänge draußen auf der Straße zugewandt und sprach halb über die Schulter. »Kurz bevor er mich hier abgeliefert hat, habe ich, äh, den gefürchteten Namen Lorena Bobbit fallen lassen.«
»Auweia. Männer scheinen jeglichen Sinn für Humor zu verlieren, sobald diese Frau ins Spiel kommt, finden Sie nicht? Muss damit zu tun haben, dass sie so geschickt mit einem Messer umzugehen versteht.«
Kaylee hörte ihr jedoch gar nicht mehr zu. Ihre Aufmerksamkeit wurde von einem Mann angezogen, der das Restaurant durch die Hintertür verlassen hatte und jetzt um das Gebäude herum zur Eingangstür ging. Eine Gänsehaut lief ihr über den Rücken, und sie wusste, dass das nichts mit der auf Hochtouren laufenden Klimaanlage im Schönheitssalon zu tun hatte.
Diesen Gang kannte sie. Und sie war sich völlig sicher, dass das, was da hin und wieder in der mittäglichen Sonne aufblitzte, goldene Ketten waren.
Dort drüben lief Jimmy Chains.
Oh Scheiße. Sie wich unwillkürlich ein Stück zurück, obwohl er bereits im Restaurant verschwunden war und sie hinter der heruntergelassenen Jalousie im Fenster des Curl Up & Dye sowieso nicht hätte sehen können, selbst wenn er geahnt hätte, dass er dort nach ihr Ausschau halten musste.
Scheiße, Scheiße, Scheiße. Damit stellte sich ihr eine völlig neue Frage, über die sie nicht einmal nachzudenken wagte. Hielt er nach ihr Ausschau? Und wo steckte Bobby?
Chains' Anwesenheit in diesem Kaff in Wyoming ließ Bobbys Ausbleiben in einem viel beängstigenderen Licht erscheinen.
Kurze Zeit später kam Jimmy Chains durch die Vordertür des Restaurants wieder heraus, und Kaylee zuckte erneut zurück. Sie trat ans andere Fenster, um ihn weiter im Auge behalten zu können, und beobachtete, wie er quer über den Parkplatz zum Motel ging und in eine silberfarbene Limousine stieg. Ihr Herz setzte für einen Schlag aus. Himmel, hatte er letzte Nacht etwa auch dort übernachtet? Es war das reinste Wunder, dass sie einander nicht in die Arme gelaufen waren.
Bitte, lieber Gott, mach, dass es Bobby und Catherine gut geht, betete sie.
Sobald Chains aus ihrem Blickfeld verschwunden war, eilte Kaylee zur Tür. Sie war schon fast draußen, als ihr noch einfiel zu rufen: »Wiedersehen, Maydeen. Ich muss jetzt los.«
»Ist Ihr Freund endlich gekommen, Herzchen?« Maydeen steckte den Lockenwickler fest, den sie ihrer Kundin gerade ins Haar gedreht hatte, und richtete sich auf. Sie bog ihren Rücken durch und rieb sich mit der Faust das Kreuz. »Diesen Kerl würde ich ja gern mal sehen.«
Kaylee zwang sich zu einem Lächeln. »Der Witzbold ist natürlich nicht aufgetaucht. Ich vermute, er ist drüben im Motel und wartet auf mich.« Das hoffte sie zumindest aus tiefstem Herzen. Bitte, bitte, lass ihn im Bett liegen und schlafen. »Danke
Weitere Kostenlose Bücher