Küssen auf eigene Gefahr
Rasierapparat.«
Sie schob den Apparat mit ihrer Schulter zur Seite und machte eine kleine Verrenkung, um den letzten Streifen Schaum auf der Rückseite ihres Beins zu entfernen. »Das ist ein Epiliergerät, McKade.«
»Ja und?«
»Der schneidet die Härchen nicht wie der elektrische Rasierapparat Ihrer Mutter sauber ab, er reißt sie mitsamt der Wurzel aus. Benutzen Sie ihn doch. Ich stehe nicht so drauf, mir selbst wehzutun.«
»Warum haben Sie das bescheuerte Ding dann überhaupt eingepackt?«
Sie wirbelte herum und hatte bereits den Mund geöffnet, um ihm ein paar passende Worte entgegenzuschleudern, da hob er seine Hand, um ihr Einhalt zu gebieten.
»Schon gut, ich will es gar nicht wissen.« Er legte den Kopf schief, um einen Blick auf ihre Wade zu werfen. »Sind Sie dann fertig? Ich kann es mir nicht den ganzen Tag verkneifen, Red: Ich muss pinkeln.«
»Mein Gott.« Sie sah ihn fassungslos an. »Das ist doch die Höhe.«
»Was denn? Wenn man muss, dann muss man eben.«
Sie gab ein Geräusch von sich, das so klang, als ließe ein Kessel Dampf ab. »Gut.« Dann warf sie den Waschlappen, mit dem sie den letzten Rest Schaum von ihrem Bein gewischt hatte, in das Waschbecken und schob sich an Sam vorbei. »Fühlen Sie sich ganz wie zu Hause, undankbarer Kerl.«
Sie war bereits draußen, als seine Stimme sie innehalten ließ. »Red.«
»Was ist?« Sie drehte sich nicht einmal um. Zum Teufel mit ihm, sie hätte sich einfach aus dem Staub machen sollen, als sie die Gelegenheit dazu hatte.
»Danke. Wegen letzter Nacht.« Seine Stimme klang leise und heiser und jagte ihr einen Schauer über den Rücken. »Ich will gar nicht erst behaupten, dass ich wüsste, warum Sie zurückgekommen sind, aber ich bin Ihnen wirklich dankbar. Ich fühle mich heute Morgen schon sehr viel besser, und ich weiß, dass ich das Ihnen zu verdanken habe.« Mit diesen Worten schlug er die Tür zwischen den beiden Zimmern zu.
Verdammt. Catherine starrte durch einen Spalt zwischen den beiden Vorhängen auf die Regentropfen, die an der Fensterscheibe herunterliefen, ohne wirklich etwas zu sehen. Sam trieb sie noch in den Wahnsinn. Er war so arrogant. So überheblich. So fürchterlich verbohrt, dass er es nicht schaffte, weiter als bis zu seiner eigenen Nasenspitze zu sehen.
So aufregend.
Sei's drum, sie musste den Tatsachen ins Auge sehen. Sie hatte heute Morgen ihre Entscheidung getroffen, also brauchte sie sich jetzt nichts mehr vorzumachen. Sie war geblieben, weil sie neugierig war, wohin diese merkwürdige Reise noch führen würde.
Jahrelang hatte sie geglaubt, dass sie sich ein Leben wie das der Familie in Lassie wünschte. Ein Leben, das normal und sicher war. Aber vielleicht hatte sie mit Kaylee mehr gemeinsam, als sie immer gedacht hatte. Und vielleicht war das gar nicht so schlimm.
Allmählich ging ihr auf, mit welcher Vehemenz sie über die Jahre hinweg einen wichtigen Teil ihrer Persönlichkeit unterdrückt und verleugnet hatte. Wenn man alles etwas lockerer nahm, führte das nicht unbedingt schnurstracks ins Verderben. Und wenn sie ihre Sexualität akzeptierte, bedeutete das nicht, dass sie verantwortungslos war. Zweifellos hatte Kaylee Eigenschaften, die auch die ihren waren. Eigenschaften, um die sie sie insgeheim beneidet hatte. Vielleicht kam es letzten Endes ja nur darauf an, was sie mit diesen Eigenschaften anfing.
Nachdenklich kramte sie in ihrem Koffer herum. Bis Sam wieder aus dem Badezimmer kam, war sie sich zumindest über eine Sache klar geworden.
»Ich hatte Recht«, brummte er, als er ins Zimmer trat. »Die Klinge ist nicht mehr zu gebrauchen. Die Beine von Frauen und die Gesichter von Männern sind nicht dafür geschaffen, sich einen Rasierapparat zu teilen.« Er warf einen finsteren Blick auf ihre Beine und deutete dann mit dem Finger auf einen winzigen Fetzen Toilettenpapier, der auf einem Schnitt an seinem Kiefer klebte, und danach auf all die anderen Schnipsel, die sein Gesicht verzierten. »Sehen Sie sich das an! Ich bin möglicherweise fürs Leben entstellt.«
»Sie Ärmster!« Ihr Herz begann laut zu pochen, was sie jedoch nicht davon abhielt, das Zimmer zu durchqueren und sich vor ihn zu stellen. Und zwar so dicht, dass zwischen ihren Körpern nur noch wenige Zentimeter Abstand waren.
Als sie den Kopf hob und sah, dass er sie mit einem halb warnenden, halb argwöhnischen Ausdruck betrachtete, hätte sie beinahe doch noch der Mut verlassen. Falls das, was sie vorhatte, danebenging, würde sie
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