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Kuessen kann schon mal passieren

Kuessen kann schon mal passieren

Titel: Kuessen kann schon mal passieren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fuelscher
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am Meer schoss es mir durch den Kopf. Dabei dachte ich nicht nur an mich, sondern an all die anderen, die nicht verreisen konnten und trotzdem ein bisschen Ferienfeeling haben wollten.
    Sofort machte ich mich an die Arbeit. Ich kleidete das Schaufenster mit blauer Folie aus, die im Keller des Ladens vor sich hin staubte. Danach nahm ich alles aus den Regalen, was nur irgendwie blau oder weiß war – Teller, Tassen, Schüsseln, kleine Elefanten, Kerzen, Servietten – und arrangierte die Verkaufsartikel auf meinem künstlich geschaffenen Meer. Dazwischen dekorierte ich bunte Ketten aus Mamas und meinem Privatbesitz sowie Rosenblätter, die ich zu dem Zweck extra aus Onkel Pauls Mülltonne stibitzte.
    Am frühen Abend war ich fertig. Mama staunte nicht schlecht, aber auch ich war begeistert, als ich das Ergebnis vom Bürgersteig aus begutachtete. Frau XXL stieß einen kleinen Schrei des Entzückens aus, ließ mich noch mehr Latte macchiato holen und steckte mir zur Belohnung 25 Euro zu.
    Ich freute mich, vor allem weil mir die kreative Arbeit nicht mal schwergefallen war. Meer, blaues Geschirr, Rosenblüten – all das stand für Jade und Luca und ihre bestimmt wahnsinnig aufregenden Ferien. Die beiden simsten mir zwar hin und wieder, aber es waren bloß Bruchstücke aus ihrem Urlaubsleben, die mich ein bisschen neidisch machten und immer wieder daran erinnerten, dass ich allein zu Hause zurückgeblieben war. Ich hätte zwar Ewa oder Mira anrufen können, die ebenfalls nicht weggefahren waren, doch irgendwer oder irgendwas hinderte mich ständig daran. Vielleicht mein inneres Gedankenkarussell, das zu meiner Überraschung ständig wieder Filippo in die Umlaufbahn schickte. Mal sah ich seine grünbraunen Augen vor mir, mal seinen athletischen Körper und ich fragte mich, ob sich so die Vorstufe von Verknalltsein anfühlte. Zu dumm, dass Jade nicht da war. Sie hätte es mir sicher erklären können.
    Am Ende der zweiten Ferienwoche, es war ein Samstag, holte ich meine Mutter von der Arbeit ab. Wir wollten uns den Luxus gönnen und zum Japaner gehen. Sushi essen. So etwas taten wir viel zu selten. Weil das Geld nicht reichte. Und wenn welches da war, überlegte Mama dreimal, ob es nicht etwas anderes gab, das dringend angeschafft werden musste.
    Â»Lena«, sagte Mama mit seltsam belegter Stimme, als sie die Ladentür abschloss. »Würde es dir etwas ausmachen, wenn wir das Sushi-Essen verschieben? Mir ist etwas dazwischengekommen.«
    Â»Was dazwischengekommen?«, echote ich. »Wieso, was denn? Und so plötzlich? Heute Morgen hast du noch …«
    Ich verstummte, weil meine Mutter mich an der Schulter festhielt, zu der komischen Stimme ein ebenso komisches Gesicht machte und mir zuraunte: »Ich erklär’s dir morgen. Fahr zu Onkel Paul. Bitte. Er kocht für dich.« Im nächsten Moment ließ sie mich los und flötete eine Oktave höher: »Günther! Grüß dich! Schön dich zu sehen!«
    Ich drehte mich um und sah einen Mann mit langen Schritten auf sie zueilen. Wilde Locken à la Luca ringelten sich um sein Gesicht – nur dass seine Haare grau waren und er weder Polohemd noch Totenkopf-T-Shirt, sondern einen Anzug mit Krawatte trug. Mama blinzelte mich flehend an. Offenbar hatte sie nicht mal vor, mich ihm vorzustellen.
    Schöne Scheiße. Ich hatte mich so auf das Sushi-Essen gefreut und jetzt schob sie mich einfach zu Onkel Paul ab, um sich mit einem Kerl namens Günther zu vergnügen. Sie hätte mich vorher wenigstens per SMS informieren können – so fand ich es einfach nur gemein.
    Enttäuscht machte ich auf dem Absatz kehrt und ersparte es ihr, uns miteinander bekannt zu machen. Passend zu meiner ultramiesen Stimmung fing es auch noch an zu regnen, als ich losradelte. Dicke Tropfen pladderten mir ins Gesicht, und als ich bei Onkel Paul ankam, war ich klitschnass.
    Â»Na, dann schlage ich doch vor, dass du dir erst mal was Elegantes aus meinem Kleiderschrank holst«, sagte er statt einer Begrüßung.
    Ich musste lachen, weil Onkel Paul mit seiner Küchenschürze, die mit einem glupschäugigen Fisch bedruckt war, so lustig aussah. Aus dem Innern der Wohnung drang klassische Musik und es roch lecker nach Essen. Vielleicht würde es ja doch noch ein schöner Abend werden.
    ***
    Zwei Stunden später hockte ich nudelschwanger und in einem

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