Küssen will gelernt sein: Roman (German Edition)
fährst.«
»Ach so.« Delaney war schon seit Jahren nicht mehr bei
Schnee gefahren und hatte feststellen müssen, dass es nicht so war wie mit dem Fahrradfahren. Sie hatte es verlernt und würde viel lieber mit Henrys silbernem Schlitten herumkurven als in ihrem kleinen Miata. »Danke, ich hol ihn mir morgen ab.«
Nach dem Mittagessen nahm sie sich den Rest des Tages frei und fuhr zu Lisa, um ihr ein paar Bücher über Flechtfrisuren vorbeizubringen und ihr Brautjungfernkleid abzuholen. Das Samtkleid war weinrot und changierte je nach Lichteinfall zu burgunderrot. Es war wunderschön, und wären Delaneys Haare nicht gewesen, hätte es ihr super gestanden. Doch so viele verschiedene Rottöne an einem einzigen Menschen ließen sie wie ein Picasso-Gemälde aussehen. Etwas ratlos strich sie den kühlen Stoff über ihrem Bauch glatt.
»An deine Haare hab ich nicht gedacht«, räumte Lisa ein, als sie einen Schritt zurücktrat und Delaney in ihrem Schlafzimmerspiegel musterte. »Vielleicht könntest du einen riesigen Strohhut tragen.«
»Keine Chance.« Sie legte den Kopf schief und betrachtete sich im Spiegel. »Ich könnte zu meiner natürlichen Haarfarbe zurückkehren.«
»Was ist denn deine natürliche Haarfarbe?«
»Ich weiß schon gar nicht mehr genau. Wenn ich meine Haaransätze nachfärbe, ist es eine Art Honigblond.«
»Kriegst du das denn wieder hin, ohne dass dir die Haare ausfallen?«
Entrüstet stemmte Delaney die Hände in die Hüften und drehte sich zu ihrer Freundin um. »Was ist los mit euch in dieser Stadt? Natürlich kann ich die Farbe wegbekommen, ohne dass mir die Haare ausfallen. Ich weiß schon, was ich tue. Ich mach das schon seit Jahren.« Ihre Stimme wurde immer lauter. »Ich bin nicht Helen. Mir rutscht nicht die Schere aus!«
»Meine Güte, ich frag ja nur.«
»Ja, aber nicht nur du.« Sie zog den Reißverschluss am Rücken auf und stieg aus dem Kleid.
»Wer denn noch?«
Ihr schoss das Bild von Nick durch den Kopf, wie er auf ihrem Sofa saß. Sein heißer Mund auf ihrem. Seine Finger, die in ihren Schenkel gepresst waren. Sie wünschte, sie könnte ihn hassen, weil er sie dazu brachte, ihn zu begehren und ihm zu sagen, dass sie ihn wollte, und sie dann alleinließ mit ihren Träumen in der Nacht. Doch sie konnte ihn nicht hassen und war so durcheinander, dass sie mit niemandem darüber sprechen wollte, bevor sie den Zwischenfall verdaut hatte. Nicht einmal mit Lisa. Sie legte das Kleid auf Lisas karierte Bettdecke und zog wieder ihre Jeans an. »Schon gut. Ist nicht wichtig.«
»Was denn? Nervt deine Mutter dich immer noch, weil du Friseurin bist?«
»Nein, sie hat mich sogar gebeten, die Frisuren für die Weihnachtsmodenschau zu machen.« Delaney schaute von ihrem Hosenknopf auf. »Sie hat wohl gehofft, mich damit dazu zu bringen, bei dieser Mutter-Tochter-Farce mitzumachen wie früher.«
Lisa lachte. »Erinnerst du dich noch an das goldene Lameekleid mit der Riesenschärpe und der Schleife hinten?«
»Wie könnte ich das vergessen?« Sie zog sich ihren Angorapullover über den Kopf, setzte sich auf die Bettkante und schlüpfte in ihre Doc Martens. »Und danach macht meine Mutter über Weihnachten mit Max Harrison eine Karibik-Kreuzfahrt.«
»Deine Mutter und Max?« Lisa setzte sich neben Delaney. »Das ist ja sonderbar. Ich kann mir deine Mutter mit niemandem außer Henry vorstellen.«
»Ich glaube, Max tut ihr gut.« Sie band sich einen Stiefel zu
und widmete sich dem anderen. »Auf jeden Fall ist es seit zehn Jahren das erste Mal, dass ich Weihnachten zu Hause bin, und sie fährt einfach weg. Das ist echt bezeichnend, wenn ich so drüber nachdenke.«
»Du kannst auch zu mir kommen. Bis dahin wohne ich bei Louie und Sophie, und wir feiern Weihnachten dort.«
Delaney stand auf und griff nach ihrem Kleid. »Ich sehe mich schon zusammen mit den Allegrezzas an der festlich gedeckten Tafel sitzen.«
»Bei unserem Hochzeitsessen wirst du sowieso mit uns ›an der festlich gedeckten Tafel sitzen‹.«
Delaney wurde angst und bange, während sie das Kleid betont gelassen auf den Bügel hängte. »Es gibt doch ein Büfett, oder?«
»Nein. Es ist ein richtiges Abendessen im Lake Shore Hotel.«
»Ich dachte, das Abendessen wäre nach dem Probedurchlauf.«
»Nein, das ist das Büfett.«
»Wie viele Leute kommen zu diesem Abendessen?«
»Fünfundsiebzig.«
Delaney entspannte sich wieder. Bei so vielen Gästen wäre es ein Kinderspiel, gewissen Angehörigen von Louie aus dem
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