Küssen will gelernt sein: Roman (German Edition)
gerade noch rechtzeitig herum, um Mrs Vaughn im pinkfarbenen Hauskleid mit Stützstrumpfhose langsam davongehen zu sehen. »In Truly glauben doch sowieso alle, dass wir Sex miteinander haben. Aber dir sollte es was ausmachen, weil du die Immobilien verlieren kannst, die Henry dir hinterlassen hat.«
»Ach ja? Soweit ich informiert bin, kriegt beim Sex irgendwann einer einen Orgasmus. Sonst ist es nichts weiter als eine Fummelei.«
Delaney vergrub stöhnend den Kopf in den Händen. »Ich gehöre nicht hierher. Ich hasse diese Stadt. Ich hasse alles daran. Ich kann es nicht abwarten, wieder von hier wegzukommen. Ich will mein altes Leben zurück.«
»Sieh es doch mal positiv«, knurrte er, und sie hörte das dumpfe Geräusch seiner Stiefel, als er in den hinteren Teil des Ladens ging. »Wenn du weggehst, gehst du als reiche Frau. Du hast dich zwar für Henrys Kohle verraten, aber letztlich wird es die Sache wert sein.«
Sie sah ihm wütend nach. »Du bist so ein Heuchler! Du hast deinem Teil des Testaments auch zugestimmt.«
Er stürmte in ihren Lagerraum und kam in Sekundenschnelle wieder heraus. »Stimmt, aber da gibt es einen Unterschied.« Mit immer noch offenem Hemd warf er sich seine Lederjacke über. »Diese spezielle Klausel ist für mich nicht schwer zu erfüllen.«
»Warum hast du dann versucht, mir den Pulli auszuziehen?«
Er bückte sich und hob seinen Bohrer auf. »Weil du mich gelassen hast. Nimm’s nicht persönlich, aber du hättest sonst wer sein können.«
Seine Worte trafen sie wie ein Schlag in den Magen. Sie biss sich auf die Innenseite der Wangen, um nicht zu weinen, loszuschreien oder beides. »Ich hasse dich«, sagte sie kaum lauter als ein Flüstern, doch er hörte es.
»Klar doch, Wildkatze«, spottete er und wickelte die Schnur um den Bohrer.
»Du solltest mal erwachsen werden, Nick. Erwachsene Männer müssen Frauen nicht befummeln, nur um zu sehen, ob sie damit durchkommen. Richtige Männer sehen Frauen nicht mehr als erotisches Spielzeug an.«
Er starrte sie über die Distanz hinweg an, die sie trennte.
»Wenn du das glaubst, bist du noch dasselbe alberne, naive Mädchen, das du schon immer warst.« Er riss die Hintertür auf. »Vielleicht solltest du deinen eigenen Rat befolgen«, rief er und knallte die Tür hinter sich zu.
»Werd endlich erwachsen, Nick!«, schrie sie ihm nach. »Und … und … lass dir mal die Haare schneiden!« Sie hatte keine Ahnung, warum sie ihm das nachgeschleudert hatte. Vielleicht, weil sie ihm wehtun wollte, was lächerlich war. Der Mann hatte keine Gefühle. Sie drehte sich um und starrte auf ihr leeres Terminbuch. Ihr Leben ging immer mehr den Bach runter. Zwei Stunden, dachte sie. Sie würde dem Klatsch zwei Stunden geben, bis er ihrer Mutter zu Ohren kam, und auch nur, weil Laverne schon eine ganze Stunde bräuchte, um zu ihrem Wagen zu kommen.
Tränen der Wut ließen alles verschwimmen, und ihr Blick fiel auf den Brief auf der Registrierkasse. Sie riss ihn auf. Ein Zettel fiel heraus, auf den mittig in fetter Schrift drei Worte getippt waren. ICH BEOBACHTE DICH! , stand darauf. Delaney zerknüllte den Zettel und pfefferte ihn quer durch den Salon. Super! Das hatte ihr noch gefehlt. Dass Psycho-Helen sie beobachtete und anonyme Briefe unter ihrer Tür hindurchschob.
ZEHN
Nick umklammerte das Lenkrad, bis seine Fingerknöchel weiß wurden. Das beharrliche Pochen in seinen Lenden drängte ihn, den Jeep zu wenden und sein schmerzliches Verlangen zwischen Delaneys weichen Schenkeln zu stillen. Aber das war natürlich unmöglich. Aus diversen Gründen.
Keine Frage, er könnte Gail mit dem Handy anrufen und sich mit ihr treffen. Es gab auch noch andere, die er anrufen könnte, aber das wollte er nicht. Er wollte nicht mit einer Frau schlafen und dabei an eine andere denken. Eine andere begehren. So ein Arschloch war er nicht. Und auch nicht so pervers.
Statt irgendeine Braut anzurufen, hielt er neben den verkohlten Trümmern von Henrys Pferdestall an. Er ließ den Motor laufen und nahm den Gang heraus. Er wusste nicht, warum er hier war. Vielleicht, weil er in dem rußgeschwärzten Schutt nach Antworten suchte. Nach Antworten, die er nie finden würde.
Ich gehöre nicht hierher. Ich hasse diese Stadt. Ich hasse alles daran. Ich kann es nicht abwarten, wieder von hier wegzukommen. Ich will mein altes Leben zurück. Ihre Worte klangen immer noch in seinem Kopf nach. Lösten immer noch den Wunsch in ihm aus, sie zu packen und zu
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