Küssen will gelernt sein: Roman (German Edition)
erst richtig kennen.«
Helen zog die Augenbrauen zusammen und blinzelte verwirrt. »Du bist ja übergeschnappt. Ich hab dir keinen Drohbrief hinterlassen.«
»Drohbriefe.« Delaney glaubte ihr keine Sekunde. »Es waren zwei.«
»Ich glaube nicht, dass Helen …«
»Klappe, Tommy«, fuhr Delaney ihm über den Mund, ohne den Blick von ihrer alten Feindin zu wenden. »Deine blöden Drohbriefe machen mir keine Angst, Helen. Sie ärgern mich vielmehr.« Bevor sie sie stehen ließ, stieß sie noch eine letzte Warnung aus. »Halt dich von mir fern und von allem, was mir gehört!« Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und drängelte sich mit hämmerndem Kopf durch das Getümmel. Und wenn es Helen nun gar nicht war? Unmöglich. Helen hasste sie.
Sie war bis zur Tür gekommen, als Steve sie einholte.
»Wo willst du hin?«, fragte er und ging neben ihr her.
»Nach Hause. Ich hab Kopfschmerzen.«
»Kannst du nicht noch ein Weilchen bleiben?«
»Nein.«
Sie liefen zum Parkplatz und blieben an Delaneys Wagen stehen. »Wir haben doch noch gar nicht getanzt.«
Im Moment verstörte sie allein schon die Vorstellung, mit einem Mann zu tanzen, der vorn an seiner Hose rumspielte. »Ich will nicht tanzen. Ich hatte einen langen Tag und bin hundemüde. Ich will nur ins Bett.«
»Hättest du gern Gesellschaft?«
Delaney blickte in sein süßes Surfergesicht und lachte leise. »Netter Versuch.« Er beugte sich vor, um sie zu küssen, doch sie hielt ihn davon ab.
»Okay.« Er lachte gutmütig. »Vielleicht das nächste Mal.«
»Gute Nacht, Steve«, sagte sie und stieg in ihren Wagen. Auf dem Heimweg hielt Delaney am Value-Rite und kaufte sich eine Großpackung Reese’s-Erdnussbutterkekse, eine Flasche Cola und ein Vanilleschaumbad. Selbst wenn sie jetzt noch ein heißes Bad nahm, konnte sie gegen zehn im Bett sein.
Ich hab dir keinen Drohbrief hinterlassen . Helen musste einfach lügen. Natürlich konnte sie nicht zugeben, dass sie es war. Nicht vor Tommy.
Und wenn sie nun nicht log? Zum ersten Mal befiel sie echte Angst, doch sie versuchte, sie zu ignorieren. Delaney wollte sich lieber nicht vorstellen, dass der Verfasser der Drohbriefe jemand anders sein könnte als ihre alte Erzfeindin. Jemand, den sie nicht kannte.
Als sie auf den Parkplatz hinter ihrem Salon fuhr, wartete dort bereits Nick in seinem Jeep auf sie. Im Dunkeln konnte sie nur schemenhaft erkennen, wie er entspannt am Heckkotflügel
lehnte. Die Scheinwerfer ihres Miata strahlten seine Lederjacke an, als er sich von dem Wagen abstieß.
Delaney schaltete den Motor aus und griff nach ihrer Plastiktüte mit den Einkäufen. »Stellst du mir etwa nach?«, fragte sie, als sie aus dem Wagen stieg und die Tür schloss.
»Na klar.«
»Warum?« Die Absätze ihrer Stilettos wühlten den Kies auf, als sie auf die Treppe zusteuerte.
»Erzähl mir von den Drohbriefen.« Er streckte die Hand aus und riss ihr im Vorbeigehen die Einkaufstüte aus der Hand.
»Hey, ich kann das selber schleppen«, protestierte sie, und im selben Moment wurde ihr klar, dass ihr schon ewig kein Mann mehr Hilfe beim Tragen angeboten hatte. Auch wenn Nick es nicht angeboten hatte.
»Erzähl mir von den Drohbriefen.«
»Woher weißt du davon?« Er stieg so dicht hinter ihr die Treppe hinauf, dass sie seinen schwereren Schritt unter ihren Schuhsohlen spürte. »Hat Ann Marie dir davon erzählt?«
»Nein. Ich hab heute Abend dein Gespräch mit Helen mitbekommen.«
Delaney fragte sich, wer es sonst noch alles mitbekommen hatte. Sie war ganz außer Atem, als sie rasch die Tür aufschloss. Da es sowieso verlorene Liebesmüh gewesen wäre, sparte sie sich den Hinweis, dass er nicht mit reindurfte. »Helen hat mir reizende Briefchen geschrieben.« Sie ging in die Küche und schaltete das Licht an.
Nick folgte ihr, zog den Reißverschluss seiner Jacke auf und nahm mit seiner stattlichen Erscheinung den ganzen Raum ein. Ihre Einkäufe stellte er auf der Theke ab. »Was steht drin?«
»Lies doch selbst.« Sie wühlte in ihrer Manteltasche und reichte ihm den Brief, den sie vorhin eingesteckt hatte. »In dem anderen stand so was wie ›Ich beobachte dich‹.« Sie eilte
an ihm vorbei und lief in den kleinen Flur, der zum Schlafzimmer führte.
»Hast du den Sheriff angerufen?«
»Nein.« Sie hängte ihren Mantel in den Wandschrank und kam zurück. »Ich kann nicht beweisen, dass Helen die Briefe geschrieben hat, auch wenn ich mir sicher bin. Und außerdem sind die Briefe nicht richtig bedrohlich,
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