Küstenfilz
Übergriffs auf meinen
Kollegen«, stellte Schmiedel fest und war erstaunt, als Lüder dies verneinte.
»Mich interessiert, mit welchem Auftrag Sie hier
unterwegs sind.«
Der kleine Mann blieb stehen und sah Lüder verwundert
an. »Eine ungewöhnliche Frage. Darf ich die Hintergründe wissen?«
»Es geht um eine Reihe schwerwiegender Straftaten. Sie
haben von dem Bombenanschlag auf die Frau eines Lokalpolitikers und von der
Kindesentführung gehört, die tragischerweise mit dem Tod eines Jungen endete.
Wir haben Hinweise darauf, dass es Zusammenhänge mit der Verfolgung
wirtschaftlicher Interessen in dieser Region gibt.«
Schmiedel schien ehrlich erschüttert. »Das kann ich
nicht in Verbindung mit unserem Auftrag bringen«, sagte er zögernd. »Sie
glauben doch nicht, dass wir, mein Kollege und ich, damit zu tun haben?«
»Grundsätzlich geht es bei dem, was mich interessiert,
nicht um Glauben , sondern um nackte Tatsachen«, belehrte ihn Lüder. »Wir
können das Ganze unkompliziert handhaben, wenn Sie meine Fragen beantworten.
Natürlich haben die Ermittlungsbehörden auch andere Möglichkeiten, die
gewünschten Informationen von Ihnen zu erlangen.« Lüder warf Schmiedel einen
aufmunternden Blick zu. »Ich schätze Sie als Mann der Praxis aber so ein, dass
Ihnen der kurze Dienstweg sympathischer ist.«
»Ganz sicher«, gab sich der Mann kooperationswillig.
»Darf ich davon ausgehen, dass Sie Diskretion wahren über das, was ich Ihnen
anvertraue?«
»Das versichere ich Ihnen«, sagte Lüder und war
überrascht, dass der Unternehmensberater so schnell bereit war, zu plaudern.
Lüder dachte an LSD , den durchtriebenen
Journalisten Leif Stefan Dittert vom Massenblatt, der es mit der Wahrheit nicht
immer so genau nahm und durchaus an Lüders Stelle mit einer undurchsichtigen
Masche auf Recherche sein könnte.
»Franz-Josef Wurzberger und ich arbeiten für die Business
Consulting Partner aus Bad Homburg. Das ist die deutsche Dependance eines
internationalen Beratungsunternehmens mit Sitz in Rochester, USA . Wir haben für diesen Auftrag gleich
zwei Klienten, in deren Namen wir die Region erkunden und die Stimmung in der
Bevölkerung und in den einflussreichen Kreisen eruieren sollen. Es geht um die
Ansiedlung eines größeren Industrieprojektes.«
»Um was genau?«, wollte Lüder wissen, um den
Wissensstand der Unternehmensberater abzufragen. Doch Schmiedel schüttelte bedauernd
den Kopf.
»In Details sind wir nicht eingeweiht. Ich kann Ihnen
nur sagen, dass es ein großes Vorhaben ist, das Chancen und Risiken birgt. Zum
einen könnte es einer industriell unterversorgten Region Arbeitsplätze und
Wirtschaftskraft bescheren, andererseits aber bestehende Strukturen und Idylle
zerstören. Das wissen auch unsere Auftraggeber. Deshalb sind wir als Vorhut
unterwegs, um die Stimmung auszuloten.«
»Haben Ihre Auftraggeber konkrete Absichten geäußert?«
»Darüber bin ich nicht informiert«, gestand Schmiedel
ein. »Ob unser Management in Bad Homburg mehr weiß, entzieht sich meiner
Kenntnis.«
»Und wer sind Ihre Auftraggeber?«
Schmiedel druckste ein wenig herum. Erneut blieb er
stehen und sah Lüder ins Gesicht, als wollte er prüfen, ob er ihm vertrauen
könne. »Das ist ein wenig pikant, da die beiden unabhängig voneinander den
Auftrag erteilt haben und nichts davon wissen.«
»Dann sind Sie also Doppelverdiener? Sie recherchieren
einmal und stellen Ihre Arbeit jedem gesondert in Rechnung.«
Der kleine Unternehmensberater rieb sich die Hände wie
Pilatus. »Das ist nicht meine Aufgabe. Ich bin nur ein Frontmann, der die
Aufträge erledigt, die ihm übertragen werden.«
»Von solchen Leuten sind die Geschichtsbücher voll«,
merkte Lüder sarkastisch an. »Wer sind nun die beiden Klienten?«
»Die RAG ,
im Volksmund besser als die ehemalige Ruhrkohle bekannt, und die EDF , die Électricité de France.«
Lüder hielt Schmiedel am Arm fest und drehte ihn halb
zu sich um. »Ihr Arbeitgeber wird sicher Wert auf erstklassige Mitarbeiter
legen. Ich gehe davon aus, dass Sie sich bei dieser Konstellation Ihre eigenen
Gedanken gemacht haben.«
Der Unternehmensberater nickte bedächtig. »Das schon.
Die EDF ist ein Quasimonopolist
und gilt als das mächtigste Energieunternehmen Europas. Zwar auf einem anderen
Gebiet, aber so ähnlich ist die Ruhrkohle zu sehen. Wir vermuten, dass an der
Schlei ein neues Kraftwerk entstehen soll. Wenn man den Fluss ausbaggert und
einen Hafen anlegt, dann könnte der mit
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