Küstenfilz
Arbeitsutensilien bedeckt war und auf dem
Rechner der Bildschirmschoner lief.
Der Landrat trat an
den Schreibtisch und blieb einen Moment ratlos stehen. »Herr Manthling scheint
nicht an seinem Platz zu sein.« Er ließ seinen Blick suchend über die
Arbeitsfläche schweifen und kramte dann in den Papierstapeln. »Vielleicht finde
ich etwas«, murmelte er dabei. Nach einer Weile schien er fündig geworden zu
sein.
»Ich glaube, hier
liegt ein erster Entwurf«, sagte er und hielt das Papier mit gestrecktem Arm
von sich. »Ich habe meine Brille nicht dabei, aber soweit ich es erkennen kann,
sind das Notizen zur Ausschusssitzung in Sankelmark.« Er überreichte Lüder das
Papier. »Selbst wenn der Text noch nicht ausgereift ist, sollte es als Information
für Sie reichen.«
Dann verließ der
Landrat nach Lüder Manthlings Büro und verabschiedete sich an der Treppe, die
ins Freie führte.
Im Auto nahm Lüder
das Papier zur Hand. Der Entwurf war auf einem Blankobogen gedruckt. Für ein
Sitzungsprotokoll war es ein ungewöhnlicher Text:
Sitzung des
Ausschusses für Wirtschaft, Kreisentwicklung und Umwelt in der Akademie
Sankelmark. Anwesend waren der Vorsitzende, H. Rasmussen, die Mitglieder …
Es folgte eine
namentliche Nennung der anderen Mitglieder. D er persönliche Referent des
Landrats, Joachim Joost, ich als Vertreter des Fachdienstleiters und zeitweise
Landrat Graf von Halenberg.
Rasmussen hat die
Sitzung am Freitagvormittag plötzlich und ohne Angabe von Gründen verlassen,
nachdem er einen Telefonanruf erhalten hatte.
Während der
Arbeitstagung wurde eine Reihe von Programmpunkten behandelt. Der Schwerpunkt
der Beratungen lag auf der Erweiterung der Flächennutzung für weitere
Windkraftanlagen entlang der Schlei im Bereich der Ämter Süderbrarup und
Kappeln-Land.
Es gibt Pläne,
weitere Windanlagen zu installieren. Insbesondere Rasmussen hat sich dafür
eingesetzt. Marholt (Steinberg-Kirche) hat ihm vorgeworfen, damit nur seine
eigenen Interessen zu verfolgen. Dieser Meinung hat sich auch Kilian (Maasholm)
angeschlossen, der um die Entwicklung des Tourismus fürchtet. Anmerkung: Kilian
betreibt ein Hotel in Kappeln und eine Pension in Maasholm.
Landrat v.H. hat
während seiner Anwesenheit keine eindeutige Position bezogen. Aus seinem
Verhalten und seiner Argumentation schließe ich aber, dass er dem Projekt
skeptisch gegenübersteht. Er deutete an, dass sich in dieser Angelegenheit noch
Grundsätzliches ergeben könnte, ließ aber auf Befragen offen, um was es gehen
würde. Angeblich soll Kiel involviert sein.
In einem Pausengespräch
zwischen Rasmussen und Dehn (Tarp) habe ich mitbekommen, dass sich auch die
Bürgermeisterin aus Schleswig, Beate Blasius, hinter den Kulissen eingeschaltet
haben soll. Leider wurde nicht erwähnt, mit welcher Zielrichtung. Von ihrem
Mann, Lehrer am hiesigen Gymnasium, ist bekannt, dass er sich bei Greenpeace
engagiert und seit Langem alternative Energiemodelle befürwortet. Unter der
Hand wird geraunt, er würde damit im Widerspruch zu seiner Frau stehen.
Ich bedauere,
dass es aufgrund der vorzeitigen Abreise von Rasmussen keinen Beschluss gab und
die Entscheidung vertagt wurde.
Lüder las das Papier
ein zweites Mal. Was auch immer Robert Manthling dort geschrieben hatte – es
war auf keinen Fall der Entwurf für das Arbeitsprotokoll. Vielmehr schien es,
als sollte der Bericht jemandem Insiderinformationen über die Arbeit des
Ausschusses und das Verhalten einzelner Mitglieder liefern. Das war eine
faustdicke Überraschung. Wen versorgte der Beamte mit vertraulichen Interna?
Wer interessierte sich für die Arbeit der Kommunalpolitiker? Jedenfalls war es
ein ausgesprochen glücklicher Umstand, dass ihm dieses Papier in die Hände
gefallen war.
Lüder deponierte das
Papier in der Seitenablage der Fahrertür, stieg aus und kehrte noch einmal zum
Büro des Landrats zurück. Der war sichtlich überrascht, als Lüder erschien.
»Haben Sie etwas
vergessen?«
»Ich habe noch eine
Frage. Wer sind die ständigen Mitglieder bei solchen Arbeitstagungen wie dieser
in Sankelmark?«
Graf von Halenberg
runzelte die Stirn. »Die gewählten Mitglieder des Ausschusses.«
»Und sonst?«
»Das hängt von der
Themenstellung ab. Manchmal bin ich dabei oder aber auch Fachleute aus der
Verwaltung.«
»Gibt es Beamte, die
ständig – oder häufiger – beteiligt sind?«
»Jaa«, antwortete
der Landrat gedehnt. »Joost führt meistens das Protokoll, und sehr oft nimmt
Manthling an
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