Küstenfilz
den Besprechungen teil, damit die Politiker gleich einen
fachkompetenten Ansprechpartner haben. Wieso fragen Sie?«
»Ach, nur so«,
antwortete Lüder lapidar und verabschiedete sich.
Man konnte folglich
davon ausgehen, dass Robert Manthling über die vertraulichen Gespräche
informiert war. Wen setzte der Mann davon in Kenntnis? War es möglicherweise
die Presse? Auf jeden Fall erfolgten die Spitzeldienste nicht uneigennützig.
Dieser Spur wollte Lüder als Nächstes nachgehen. Er kehrte zum Büro des Beamten
zurück. Es war immer noch leer. Das traf auch auf den benachbarten Raum zu.
Von der anderen
Seite des Flures erklang lautes Stimmengewirr, unterbrochen von Lachsalven. Auf
Lüders Pro-forma-Klopfen wurde nicht reagiert. Als er eintrat, blickten ihn
vier Männer und eine Frau an, die entweder an den Schreibtischen saßen oder auf
deren Kanten hockten.
»Hier ist kein
Publikumsverkehr«, herrschte ihn ein mittelgroßer Mann in einem selbst
gestrickten Pullunder an, ohne nach seinem Begehr zu fragen.
»Ich suche
Manthling«, erwiderte Lüder und unterdrückte sowohl eine Begrüßung wie das
»Herr« vor dem Namen.
Prompt kam es
zurück.
»Bei uns heißt es
›Herr‹ Manthling«, antwortete der Mann mit dem Pullunder und der Jeans, die
Lüder höchstens bei der Gartenarbeit getragen hätte.
»Ob er ein ›Herr‹
ist, wird er mir im Gespräch selbst verraten. Also, was ist? Ist er hier?«
»Wer hat Sie
überhaupt hereingebeten?« Der selbst ernannte Wortführer wollte sich vor seinen
Kollegen beweisen.
»Der Landgraf«,
erwiderte Lüder und erntete dafür verständnislose Blicke. Deshalb ergänzte er:»Von Halenberg.«
Die Leute im Büro
sahen sich an.
»Soll ich Ihren Chef
holen, damit er mir zeigt, wer Manthling ist?«, fragte Lüder.
Von der Schreibtischkante
erhob sich ein zu leichtem Übergewicht neigender Mann mit aschblondem,
zurückgekämmtem Haar, das an der Stirn tiefen kahlen Buchten gewichen war.
»Ich bin es«, sagte
der Mann und drehte seine Kaffeetasse, die er zuvor auf einer schlichten Untertasse
balanciert hatte. »Was wollen Sie von mir?«
»Ich hätte Sie gern
unter vier Augen gesprochen.«
Gestärkt durch das
forsche Auftreten seines Kollegen wollte sich auch Robert Manthling keine Blöße
geben.
»Wenn Sie mir sagen,
um welche Angelegenheit es sich handelt, kann ich Ihnen hier und sofort
weiterhelfen.«
Lüder war die
Diskussion leid. Mochten diese Mitarbeiter der Kreisverwaltung ihr
außerdienstliches Pläuschchen gern halten. Er hatte versucht, den Mann diskret
unter vier Augen zu sprechen. Jetzt platzte ihm der Kragen.
»Lüders.
Landeskriminalamt«, stellte er sich vor. »Wollen Sie jetzt mit mir kommen? Oder
soll ich meine Forderung noch eindringlicher vortragen?«
Nicht nur der
Angesprochene wurde bleich. Auch seine eben noch so widerborstig erscheinenden
Kollegen erstarrten.
Ohne ein weiteres
Wort strebte Robert Manthling zur Tür. Lüder folge ihm in sein Büro.
»Was kann ich für
Sie tun?«, fragte der Beamte, ohne nach Lüders Legitimationspapier zu fragen.
»Sie haben an der
Ausschusssitzung in Sankelmark teilgenommen und waren nach dem Ausfall von
Herrn Joost damit beauftragt, das Protokoll zu schreiben?«
Manthling sah Lüder
an, ohne zu antworten. Er spielte nervös mit seinen Händen. Als er
registrierte, dass Lüder seine Unruhe bemerkte, nahm er einen Kugelschreiber
von der Kunststoffunterlage vor sich und drückte auf den Knopf zum Herausfahren
der Mine.
»Sie haben aber
nicht nur das interne Protokoll verfasst, sondern auch einen Bericht für
Außenstehende erstellt und damit gegen Ihre Dienstpflichten verstoßen.«
»Ich … ich verstehe
nicht recht«, stammelte der Beamte. Er war kreideweiß geworden, und ein
leichter Schweißfilm schimmerte auf seiner Gesichtshaut.
»Spielen Sie nicht
den Ahnungslosen«, fuhr ihn Lüder an und nutzte den Überraschungsmoment aus.
Manthling war so
perplex, dass er instinktiv zwischen den Papieren auf seinem Schreibtisch zu
suchen begann.
»Das liegt dort
nicht mehr. Der Landrat und ich haben uns das Dokument angeeignet«, sagte
Lüder. »Für wen ist es bestimmt?«
Der Mann war so
überrascht, dass er überhaupt nicht an ein Leugnen dachte. Er machte den
Eindruck eines gestellten Bösewichts.
»Das kann ich
erklären«, sagte er in einem fast weinerlichen Ton. Es war eher das
Selbstmitleid, das bei ihm mitschwang, als die Reue über sein Vergehen.
»Erklärungen und
Rechtfertigungsversuche dürfen Sie an
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