Küstenfilz
warf
Rasmussen ein. »Unsere Polizei kommt aus Süderbrarup.«
Lüder ließ sich
nicht irritieren und verständigte die Polizeizentralstation Kappeln, die auch
für die Polizeistation im nächstgrößeren Ort zuständig war.
Während sie auf die
Ankunft der uniformierten Beamten warteten, wechselten sie kein Wort. Lediglich
als sich einer der Vermessungstechniker eine Zigarette anzünden wollte, fuhr
ihn Rasmussen barsch an: »Das tust du nich auf mein Land.«
Es dauerte nicht lange, bis sich zu den drei Fahrzeugen auf der schmalen Straße der blausilberne
Mercedes Vito der Kappelner Polizei gesellte.
Lüder erklärte den
beiden Beamten den Sachverhalt, wies sich als Kollege aus und bat die beiden
besonnen wirkenden Polizisten um die weitere Klärung. Dann kehrte er zu seinem
Wagen zurück und setzte seine Fahrt fort. Kurz darauf bog er von der Straße auf
die alleenartige Zufahrt zum Hof Rasmussen ab. Schon von Weitem sah er den
Porsche Cayenne vor dem Haus stehen. Lüder hatte Glück. Der Senior war zu
Hause.
Man hatte seine
Ankunft schon bemerkt. Jette Rasmussen, die Schwiegertochter, trat vor die Tür
und hielt die Hand über die Augen, als sie gegen die Sonne blinzelte.
»Moin«, begrüßte sie
Lüder. »Mein Mann is nich da.«
Lüder wollte sich Rückfragen
der jungen Frau ersparen und ließ deshalb unerwähnt, dass er ihrem Ehemann vor
Kurzem begegnet war. »Ich wollte zum Senior.«
»Der is in seinem
Büro. Kommen Sie man mit durch.«
Sie ging voran und
führte Lüder durch die geräumige Diele mit der verstauben Erntekrone in der
Mitte zu einem Raum, dessen Tür nur angelehnt war. Jette Rasmussen stieß sie
ganz auf.
»Vadder. Da will
jemand was von dir.«
Holger Rasmussen saß
hinter einem wuchtigen antiken Eichenholzschreibtisch und sah von seinem PC auf. Er nahm die Brille ab, kaute auf
dem Bügel und nickte Lüder zu.
»Moin, Herr Lüders.
Bitte, nehmen Sie Platz.« Er wies auf eine mit Stoff bespannte Couch, die an
der Rücken- und den Seitenlehnen mit kunstvoll gedrechseltem Holz verziert war.
»Jette, kannst du uns einen Kaffee machen?«, bat er seine Schwiegertochter. Die
junge Frau nickte stumm und verschwand.
»Sind Sie bei Ihren
Ermittlungen vorangekommen?«
»Ja, ich denke.«
»Und? Wissen Sie,
wer das abscheuliche Verbrechen an meiner Frau verübt hat?«
»Leider noch nicht.
Häufig führt der Weg zum Täter über das Motiv.«
Rasmussen schüttelte
den Kopf, als würde er an Lüders Worten zweifeln.
»Da gibt es kein
Motiv. Ich wüsste nicht, warum jemand unserer Familie eine Briefbombe ins Haus
schicken sollte.«
Ȇberlegen Sie bitte
noch einmal. Haben Sie mit irgendjemandem Streit? Privat, politisch oder
geschäftlich?«
»Quatsch.«
»Warum haben Sie nie
etwas über Ihr wirtschaftliches Engagement in der Energiegewinnung durch
Windkraft erzählt?«
»In welchem
Zusammenhang soll das mit dem Anschlag auf meine Frau stehen?«, erwiderte
Rasmussen unwirsch mit einer Gegenfrage.
»Vielleicht gibt es
missliebige Konkurrenten oder Neider?«
»Sicher wollen viele
auf diesen Zug springen. Wir haben frühzeitig diese Lücke erkannt und unsere
Chancen genutzt.« Der Mann schwieg einen Augenblick. »Es ist nicht
auszuschließen, dass manch anderer das auch gern getan hätte. Heute haben wir
einen Vorsprung an Know-how und bei den Anlagen.«
»Ihre Kontakte
reichen sogar über die Grenzen bis in die Schweiz.«
Ein durchdringender
Blick traf Lüder. »Woher wissen Sie das?«
»Nun, wir sind die
Polizei. Können Sie mir Namen von Leuten nennen, die gern in Ihre Geschäfte
einsteigen möchten?«
Sie wurden durch
Jette Rasmussen unterbrochen, die den Kaffee brachte. Die junge Frau schenkte
ein und zog sich dann wieder diskret zurück. Schweigend tranken die beiden aus
ihren Tassen. Dann schüttelte Rasmussen bedächtig den Kopf.
»Ich mag es nicht
glauben, dass jemand dazu fähig ist, unserer Familie eine Briefbombe ins Haus
zu schicken. Natürlich gibt es wie bei jedem Projekt Leute, die dagegen sind.
Nicht jeder kann sich mit den Windkraftanlagen anfreunden. Nachbarn fühlen sich
gestört, und die Tourismusbranche bricht auch nicht in Begeisterung aus. Dazu
gehört mein Nachbar Hinrich Petersen. Seit Generationen bewirtschaften die
beiden Familien die Höfe. Doch niemand kann voraussagen, wie lange wir noch
einträglich von der Landwirtschaft leben können. Deshalb suchen wir nach
Alternativen. Während ich mich auf die Energiegewinnung konzentriere, hat
Hinrich in den
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