Küstenfilz
Fremdenverkehr investiert. Er hat eigenes Land auf der anderen
Schleiseite, drüben in Schwansen. Bei Kopperby hat er Ferienhäuser gebaut. Auch
in Damp und Schönhagen ist er dabei. Unsere gute Nachbarschaft hat einen Knacks
bekommen, weil Petersen um zahlungskräftige Gäste fürchtet, wenn noch mehr
Windanlagen in der Landschaft stehen und sie verschandeln, wie er sagt.«
»Ist es bei Ihnen
Idealismus oder Geschäftssinn?«
»Was?«
»Ihr Engagement in
erneuerbare Energie.«
Rasmussen lehnte
sich zurück. Seine Gesichtszüge nahmen einen fast entspannten Ausdruck an.
»Seit Generationen
sind die Rasmussens Bauern. Wir haben nicht nur fleißig die Scholle bearbeitet,
sondern uns auch stets dem Wandel unterworfen. Gehen Sie heute einmal auf einem
Bauernhof in den Stall. Da finden Sie ein teures Equipment. Der Bauer von
früher ist tot. Heute sind wir Agrarunternehmer. Wenn Sie im Mai, Juni durch
unsere Gegend fahren, erfreuen Sie sich am gelben Blütenmeer des Rapses. Ist
Ihnen bewusst, dass der in den heute produzierten Mengen nicht nur für
Speisezwecke verwendet wird, sondern für viele andere Dinge Verwendung findet?
Im Biodiesel zum Beispiel. Die Landwirtschaft ist heute nicht nur Produzent von
Nahrungsmitteln, sondern auch innovativ auf der Suche nach neuen
Anwendungsmöglichkeiten in der Energiewirtschaft. So ist mir die Idee gekommen,
mich auf dem Sektor der erneuerbaren Energie zu engagieren.«
»Also kein
Idealismus.«
»Bedingt«, räumte
Rasmussen ein. »Die globale Erderwärmung hat zum Beispiel zur Folge, dass zwei
der größten Gletscher Grönlands schmelzen und zwar zwei- bis dreimal so schnell
wie noch vor vier Jahren. Der Grund ist wahrscheinlich der globale Klimawandel.
So hat sich die Fließgeschwindigkeit des Kangerdlugssuaq in Grönland seit 2001
verdreifacht. Das trifft aber auch auf andere Gletscher zu. Und dies hat
direkte Auswirkungen auf den Meeresspiegel. Die zusätzlichen Wassermassen aus
Gletscher- und Polareis haben im vergangenen Jahrhundert den Meeresspiegel
schätzungsweise um zehn bis zwanzig Zentimeter steigen lassen. Das ist eine
Dreisatzaufgabe, wann wir hier alle absaufen.« Wie um seine Ausführungen zu
unterstreichen, zeigte er mit ausgestrecktem Arm einmal in die Runde.
»Das werden wir
nicht mehr erleben«, warf Lüder ein. »Das stört Sie aber nicht, sich bis dahin
noch ein gutes Leben zu gönnen.«
Rasmussen war
aufgestanden und hatte die Tür eines massiven dunkel getönten Eichenschranks
geöffnet.
»Auch einen
Cognac?«, fragte er.
Lüder lehnte dankend
ab.
Rasmussen entnahm
dem Schrank eine angestaubte Flasche Cognac Vieux von Peuchet & Cie, füllte
einen großzügigen Schluck in ein schweres geschliffenes Kristallglas von
Nachtmann und trank den Alkohol noch im Stehen aus. Dann goss er erneut ein und
kehrte mit dem Getränk in der Hand zu seinem Sitzplatz zurück.
»Ich kann die
Dummheit der Menschheit nicht bremsen, aber versuchen, als Unternehmer und als
Politiker ein wenig einzuschränken. Natürlich verdiene ich daran, aber ich habe
auch ein wenig Verantwortung für die Zukunft übernommen.«
Er nippte an seiner
Kaffeetasse und trank erneut vom Cognac.
»Wissen Sie von den
Landvermessern, die heute auf Ihrem Grund und Boden unterwegs waren?«
Rasmussen sah Lüder
erstaunt an. »Landvermesser?«
Lüder berichtete von
der Begegnung mit dem Junior des Hauses und dem Vermessungstrupp.
Sein Gegenüber
lächelte versonnen. »Peter ist ein Hitzkopf, aber ein liebenswerter«, fügt er
etwas leiser hinzu. »Der Junge ist mit Leib und Seele Bauer. Dies hier«,
Rasmussen zeigte auf den Schreibtisch und den Computer, »ist nicht seine Welt.
Nein, von einer Landvermessung weiß ich nichts.«
»Wer könnte die
beauftragt haben? Die Behörde?«
Der Mann schüttelte
seinen grauen Kopf. »Davon wüsste ich. Wenn sich da etwas tut, da höre ich
davon. Das ist mein politisches Betätigungsfeld.«
Er griff erneut zum
Cognacglas. »Ich verstehe aber Peters Erregung. Schließlich waren schon zwei
Mal Leute hier, die sich für unser Land interessierten.«
Lüder setzte sich
gerade auf dem Sofa auf. Rasmussen verstand die Geste richtig als Zeichen besonderen
Interesses.
»Vor zwei oder drei
Monaten tauchten hier zwei Männer auf. Die sahen aus wie Pat und Patachon. Sie
gaben vor, von einer Unternehmensberatung zu kommen, und wollten wissen, ob wir
an einen Verkauf von Flächen interessiert wären.«
»Erinnern Sie sich
noch an die Namen der Leute? Oder an die
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