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Küstenfilz

Küstenfilz

Titel: Küstenfilz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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tappten immer noch im Dunkeln, was das Motiv
anbetraf.
    Ab dem Bordesholmer Dreieck wurde die Autobahn leerer,
und Lüder konnte wieder zügiger fahren. Als er das Hinweisschild Richtung
Bordesholm gelesen hatte, war ihm die Querverbindung vom Bordesholmer zu dem
von Hans Brüggemann geschaffenen Altar in den Sinn gekommen, der im Schleswiger
Dom stand und die Besucher in Massen anlockte. Nicht einen Steinwurf davon
entfernt hatte man den kleinen Josh Joost gefunden.
    Als Lüder auf dem Polizeigelände Eichhof hielt, fragte
er Frauke Dobermann: »Können Sie fahren?«
    Sie warf ihm einen giftigen Blick zu. »Macho. Ich
erledige meinen Job genauso wie Sie.« Dann schlug sie die Tür von Lüders BMW zu und ging zu ihrem Fahrzeug, das
sie am Vortag dort abgestellt hatte.
    Lüder war sich sicher, dass für die Flensburger
Hauptkommissarin der Arbeitstag noch lange nicht beendet sein würde, während er
selbst Nathusius aufsuchte.
    Geduldig hörte sich der Kriminaldirektor Lüders
Bericht an.
    »Das klingt ja sehr abenteuerlich«, stellte er fest,
nachdem Lüder geendet hatte. »Wo soll denn Ihrer Meinung nach das Atomkraftwerk
an der Schlei entstehen?«
    Lüder war aufgestanden und zur Wandkarte gegangen, die
hinter Nathusius hing. Die Spitze seines Kugelschreibers als Zeigestock
benutzend, erklärte er: »Hier hat die Schlei fast den Charakter eines
Binnensees.« Lüder umfuhr die Ufer der Förde zwischen Schleswig und der
Landenge bei Missunde. »Danach ist sie ein relativ enger Fjord, der in
Lindaunis erneut eingeengt wird. Deshalb spekulieren die Strategen mit dem
Areal zwischen der Klappbrücke und Bad Arnis, ungefähr gegenüber von Sieseby.
Dort haben sie auch eine relativ dünne Besiedelung. Und Schleswig ist zudem ein
Stück entfernt.«
    Nathusius räusperte sich. »Hmh«. Ohne dass er es
sagte, war ihm anzumerken, dass er Zweifel an Lüders Theorie hegte, sich aber
davor hütete, sie als völlig abwegig abzutun.
    »Es wäre wichtig, herauszufinden, wie weit die
Planungen wirklich gediehen sind. Ist es nur eine grobe Idee? Oder sind die
Karten hinter den Kulissen schon so weit gemischt, dass die Frage nicht ob ,
sondern nur noch wann und wer lautet.«
    Der Kriminaldirektor überlegte eine Weile, bevor er
antwortete: »Nehmen wir einmal an, dass etwas an Ihrer Vermutung dran ist, dann
steckt in dieser Sache so viel politischer Sprengstoff, dass sie nicht
öffentlich bekannt werden darf. Berlin würde sein Gesicht verlieren, da man
sich unzweideutig gegen den Atomstrom ausgesprochen hat. Die Landesregierung
würde unter Druck geraten. Und wir hätten binnen kurzer Zeit an der Schlei eine
Situation, gegen die Gorleben, Brokdorf und Wackersdorf gar nichts waren. Da
wären nicht nur die Einheimischen, die mit lebhaften Protesten ihre Sorgen und
Ängste kundtun würden, sondern auch die Berufsopportunisten, denen seit einiger
Zeit lohnende Ziele abhandengekommen sind.«
    Lüder lehnte sich zurück und faltete die Hände. »Es
wäre hilfreich, wenn wir über den Stand der Planungen informiert wären. Ich
denke, am ehesten würde uns ein Gespräch mit dem Minister weiterführen.«
    »Die Polizei ist in politische Entscheidungsprozesse
nicht eingebunden«, gab Nathusius zu bedenken. »Da hat sie prinzipiell auch
nichts zu suchen. Ich glaube nicht, dass wir den Minister zu einem Gespräch mit
uns bewegen können, selbst in unserem eher liberalen Schleswig-Holstein.« Der
Kriminaldirektor schüttelte den Kopf. »Das ginge nur über die
Staatsanwaltschaft. Immer noch führt sie die Ermittlungen, und wir sind ihr
Hilfsorgan.«
    Leider hatte Nathusius recht. Und Oberstaatsanwalt
Brechmann konnte man nicht in diesen Fall einweihen. Oft genug war sein
Verhalten in der Vergangenheit zu fragwürdig gewesen. Kremer hätte sich da
anders verhalten. Lüder erinnerte sich an den jungen couragierten Staatsanwalt,
der im vergangenen Jahr brutal ermordet worden war, nachdem er sich nicht hatte
beugen wollen. Es sah so aus, als wären sie wieder einmal auf sich allein
gestellt.
    »Wir werden sehen, was sich erreichen lässt«, schloss
der Kriminaldirektor die Unterredung.
    Von seinem Büro aus versuchte Lüder erneut, einen
Verantwortlichen der Göttinger Dipl.-Ing. Wenzel GmbH zu erreichen, der ihm
Auskünfte darüber hätte geben können, wer der Auftraggeber für die
Vermessungsarbeiten an der Schlei war. Auch diesmal verweigerte man ihm jede
Information. Nun wollte er sich nicht länger zum Narren halten lassen. Er
suchte sich die

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