Küstengold: Kriminalroman (German Edition)
Honigschnute.«
Verena bemerkte,
dass sie zurzeit nicht mehr hilfreich sein konnte. »Dann erst einmal Wohlsein den
Herren. Tja, wer nicht will, der hat schon.«
Schnippisch
drehte sie sich um und verließ die beiden, um die zahlreich aufgelaufenen Bestellwünsche
von den Nachbartischen entgegenzunehmen.
Erleichtert
prostete Schneider Stuhr zu. »Verena ist schon eine klasse Frau, Stuhr. Aber einfangen
lasse ich mich nicht.«
Zum Trinken
kam Schneider jedoch nicht, denn sein Handy klingelte. Offenbar war es der Pilot,
der Bericht erstattete. Besonders aufzuregen schien Schneider dieser nicht. Er beendete
das Gespräch, indem er den Piloten anwies, eine andere Maschine zu besorgen. Dann
wendete er sich wieder Stuhr zu.
»Jetzt aber.
Prost.«
Schneider
kippte den Drink herunter und sog anschließend mit einem tiefen Zug eine gewaltige
Menge Nikotin in sich hinein. Dieser Mann schien in allen Dingen maßlos zu sein.
Stuhr tat
es ihm nach, aber gewöhnen konnte er sich nicht an das Zeug. Zudem stieg es ihm
mächtig in den Kopf.
Schneider
beugte sich wieder vor. »Meine Maschine muss geborgen und dann von der Bundesstelle
für Flugunfalluntersuchung begutachtet werden. Das kann Wochen dauern. Der Pilot
soll deshalb eine andere Maschine auftreiben. Das wird am Wochenende nicht ganz
so schnell gehen. Für mich heißt es, dass ich hier für ein paar Tage feststecke.
Gibt es einen besseren Ort dafür?«
Verena enterte mit neuen Drinks
wieder den Platz und stellte die alten Gläser beiseite. »Darf ich ein Foto mit meinem
Handy von den beiden Herren schießen?«
Stuhr begann,
die Gläser beiseite zu schieben, aber Verena stellte sie seelenruhig zurück. »Stehenlassen,
das Rot bringt doch erst richtig Farbe für die beiden Herren auf das Foto.«
Schneider
ermunterte Stuhr, gemeinsam mit ihm ein Wort in den Mund zu nehmen, das ein Lächeln
auf das Foto zaubern sollte: »Ameisenscheiße.« Stuhr tat es ihm nach, aber als das
Klicken des Handys zu vernehmen war, war er nicht sicher, ob es im richtigen Moment
aufgenommen wurde. Man würde sehen.
Die Stimmung
auf der Arche Noah wurde immer ausgelassener. Ja, in St. Peter-Ording abzufeiern,
das war schon etwas ganz Besonderes. An jedem Wochenende steppte im Sommer hier
der Bär, und dieses Mal würde Schneider in Feierlaune sicherlich noch einen oben
draufsetzen.
Je tiefer sie anschließend in das
Gespräch versanken und je ausgelassener die Feierlaune wurde, umso mehr wurde Stuhr
klar, dass dieser schillernde Schneider ihn so schnell nicht mehr loslassen würde.
Immer wieder zuckten Fotoblitze über die Sonnenterrasse bis in die späte Nacht.
Irgendwie haben Typen wie Schneider ja auch etwas Besonderes an sich.
Stuhr blickte
verstohlen zur Bedienung. Sie sah wirklich klasse aus. Jetzt bemerkte auch Verena
seinen interessierten Blick und hielt mit ihren stechenden blauen Augen dagegen,
während ihr Lächeln immer diabolischer wurde.
Bei Gott,
in welche Mördergrube war er nur hineingeraten? Nein. Stuhr maßregelte sich. Er
hatte im letzten Jahr schon genug Mist gebaut und ein unmittelbarer Nachfolger von
Schneider bei dieser Verena wollte er nicht werden.
Gesichert
war nur, dass Stuhr heute nicht mehr nüchtern vom Sand kommen würde.
Mit Pauken und Trompeten
Todmüde jagte Stuhr viel zu schnell
über die von den trüben Scheinwerfern seines alten Golfs kaum erleuchtete Landstraße.
Ungläubig schaute er auf die Uhr. Es war noch keine sechs Uhr am frühen Morgen.
Kommissar
Hansen hatte ihn aus dem Schlaf gerissen. Stuhr fragte sich, warum er das eigentlich
immer mit sich machen ließ. Der Kommissar hatte sicherlich ohnehin Bereitschaft
und schob ruhestandsfähigen Dienst. Aber er selbst hätte noch schön in seinem Hotelbett
in Sankt Peter liegen bleiben können, zumal sein Schädel von dem Gelage am Abend
vorher mit Schneider noch heftig schmerzte.
Er durchwühlte
das Handschuhfach nach einem Kaugummi, aber er wurde nicht fündig. Als Stuhr vorzeitig
pensioniert worden war, hatte er sich geschworen, nie mehr vor neun Uhr morgens
aufzustehen. Und jetzt versuchte er mühselig, im Morgengrauen den Weg nach Rendsburg
zu finden.
Am besten den Ring um den alten
Ortskern wählen und dann mit der Schwebefähre übersetzen, hatte ihm Kommissar Hansen
mit auf den Weg gegeben. Sie hatten sich vor Jahren in der Staatskanzlei kennengelernt,
als Hansen zum Personenschutz des Ministerpräsidenten abkommandiert war. Stuhr wäre
früher auch gerne zur Polizei
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