Küstengold: Kriminalroman (German Edition)
Brodersen. »Die würde ich auch nicht von der Bettkante stoßen.«
Dreesen
lachte laut auf. »Tut mir leid, aber bei Jeanette hättest du keine Chance.«
Brodersen
ging darauf nicht ein. »Meine Frau ist schon in Ordnung. Sie kann gut kochen, ist
reinlich. Als Beamter kann man sich eine Scheidung nicht leisten.«
Das Glucksen
konnte sich Dreesen nicht verkneifen. »Ja, das weiß ich doch am besten. Aber ein
wenig Abwechselung kann nicht schaden. Vielleicht habe ich auch etwas für dich.
30, 50, 80. Ist das nichts?«
Ungläubig
musterte ihn Brodersen. »Ein Model für mich, oder wie meinst du das?«
Dreesen
grinste. »Nein, kein Model, sondern eine gute Gelegenheit für dich. Ich meine das
neue Teilzeitangebot, was die Landesregierung gerade ausheckt. Du musst 30 Dienstjahre
auf dem Buckel haben und mindestens 50 Jahre alt sein. Dann bekommst du 80 Prozent
der letzten Bezüge als Ruhegehalt.«
Dieser Lichtstreifen
am Horizont ließ Brodersen aufleben. »80 Prozent Pension mit 50 Jahren? Ist das
dein Ernst?«
Dreesen
lachte sich schimmelig. »Nein, natürlich nicht. Ich wollte dir zum Wochenende nur
eine kleine Freude bereiten.«
Brodersen
lachte kurz schallend, bevor er mit neidvollem Blick das Foto von Jeanette kommentierte.
»Es hat nicht jeder so viel Glück wie du.«
Dreesen
schlug Brodersen freundschaftlich auf die Schulter. »Ach, was. Das mit dem Glück
geht auf und ab. Du wirst sehen.«
Brodersen
reichte ihm die Hand zum Abschied: »Dann Waidmannsheil.«
»Waidmannsdank.«
Dreesen schnappte sich fröhlich seine Aktentasche und folgte Brodersen aus dem Büro.
Ein aufregendes Wochenende lag vor ihm, welches sein Leben von Grund auf verändern
könnte.
Wenn ihm
Stuhr nur nicht wieder in die Quere kommen würde.
Geschäfte anderer Art
Die Stimmung auf der Sonnenterrasse
der Sansibar Arche Noah wurde im Laufe des Nachmittags immer ausgelassener. Stuhr
nippte weiter genüsslich an seinem Weizenbier, während er den immer bunter werdenden
Ausführungen von Schneider lauschte.
»Frauen
einmal ganz beiseite, die sind nicht alles im Leben. Wissen Sie, mir ging es nicht
immer gut. Früher habe ich mich von morgens bis abends mit einem kleinen Bauunternehmen
abgeplagt, aber mein Bankkonto raste dennoch immer weiter in den Keller.«
Schneider
spürte Stuhrs Interesse und holte weiträumig aus. »Wissen Sie, ich habe mich immer
bemüht, ehrliche Arbeit abzuliefern. Ich hatte mich seinerzeit auf den Verkauf von
Holzvillen spezialisiert, für gehobene Ansprüche natürlich. Selbst den Ökotrip habe
ich aufgenommen und amerikanische Holzständerbaukonzepte übernommen. Irgendwann
konnte ich mich vor Bestellungen kaum noch retten.«
Das freute
Stuhr. »Na, da wird sich Ihr Konto ja schnell erholt haben.«
Verständnislos
musterte ihn Schneider. »Erholt? Wie kommen Sie denn darauf? Es hätte mich fast
in den Ruin getrieben. Sie glauben ja nicht, was ich mit der Klientel erlebt habe,
die diese Häuser kaufen.«
Stuhr rätselte.
»Vermutlich nicht ganz unvermögende Mitmenschen.«
»Vermögend
schon, aber denken Sie nicht, dass das Geld bei denen locker sitzt. Nein, anstatt
mir den verdienten Lohn zu überweisen, beauftragen sie Bausachverständige und Rechtsanwälte,
um Abzüge vom Kaufpreis zu erwirken. Dann kann man sich nur noch überlegen, ob man
gleich auf seinen Gewinn verzichtet oder frisches Geld auf juristische Zweikämpfe
setzt.«
»Hatten
Sie denn keine ehrlichen Zahler?«
Schneider
schüttelte den Kopf. »Anfangs nicht. Ein einziges Mal habe ich den gesamten Preis
bar auf die Hand gezahlt bekommen, allerdings auch zwei Säcke voll mit kleinen Scheinen
und Münzgeld. Der Kunde musste seinen persönlichen Geldspeicher geleert haben. Ich
habe erst später mitbekommen, dass der Käufer Vorsitzender der Nordfriesischen Weihnachtstombola
war.«
Stuhr konnte
das nicht glauben. »Sie denken, er hat Spenden veruntreut?«
»Was würden
Sie denn denken? So geht es nicht weiter, habe ich mir jedenfalls daraufhin gesagt.
Wenn alle bescheißen, dann musst du auch bescheißen.«
»Bescheißen?«,
wiederholte Stuhr ungläubig.
»Ja, bescheißen.
Zuerst natürlich den Staat, das geht am einfachsten. Was blieb mir übrig, als billige
Arbeitskräfte aus dem Osten einzustellen? Ohne Steuerkarte natürlich. Während der
Woche haben die Polen geknüppelt wie die Irren, damit sie am Wochenende möglichst
früh nach Hause konnten.«
»Polnische
Leiharbeiter?«
»Ja. Von
denen habe ich viel gelernt. Am
Weitere Kostenlose Bücher