Küstengold: Kriminalroman (German Edition)
zuckte
erschrocken zusammen. Allerdings nicht wegen der grauslichen Tat, sondern weil ihn
Fingerloos wieder mit seinem Vornamen ansprach. Hansen pfiff durch die Zähne. »Filigranarbeit
war das nicht. Brutal wie in Kiel und Eckernförde.«
Fingerloos
stimmte zu. »Das sieht auf den ersten Blick so aus. Eine ähnliche Handschrift, wenige
Spuren. Das Nylontau war jedoch nicht identisch mit dem Material, das in Kiel und
Eckernförde verwendet wurde. Es ist völlig anders geflochten, dickere Stärke. Das
ist seltsam.«
»Todeszeitpunkt?«,
fragte Hansen nach.
»Sörensen?
Zwei Stunden vorher. Vermutlich Samstagmorgen gegen zwei Uhr. Anschließend ist er
vermutlich in einem Kofferraum transportiert worden, den Druckstellen nach zu urteilen.
Wir lassen Fasern analysieren, um den Wagentyp genau bestimmen zu können.«
Hansen nickte,
aber der Kollege Fingerloos war noch nicht am Ende. »Kurz vor vier hat offenbar
der schwerere Täter mit den größeren Schuhen den Toten an die Hubkanzel gebunden
und zu den Windflügeln hochgefahren. Zack! Rübe ab und weg. Aber das ist noch nicht
alles.«
Fingerloos
eilte zur Bürotür von Hansen und verschloss sie von innen. Dann stellte er eine
Kühlbox auf den Tisch. »Hier. Mach mal auf.«
Hansen drehte
sich der Magen um, den abgerissenen Kopf von Sörensen in Augenschein nehmen zu müssen.
Er weigerte sich mit erhobenen Händen.
»Mensch,
du stellst dich aber an. Dann mache ich das eben.«
Kopfschüttelnd
beobachtete Hansen, wie Fingerloos ohne mit der Wimper zu zucken den Verschluss
löste und beherzt in die Box griff. Hansen war zwar einiges gewöhnt, aber nun drehte
er sich weg. Wenig später erschreckte ihn eine eiskalte Dose am Hals. Erstaunt blickte
er sich zum schmunzelnden Fingerloos um, der ihm ein Bier an den Hals hielt.
»Stößchen«,
prostete Fingerloos ihm zu. Dann öffnete er den Verschluss und nahm einen tiefen
Zug. »Komm, wir versaufen den armen Sörensen. Schlecht ging es ihm übrigens nicht.
Er hatte am Abend vor dem Tod noch Sex. Wir haben DNA-Spuren sichern können, die
nicht von ihm stammen. Wir müssen unbedingt die Rumänin aufspüren.«
Ungläubig
musterte Hansen seinen Kollegen von der Spurensicherung. »Und was ist, wenn uns
Magnussen mit dem Bier erwischt?«
Fingerloos
tat das ab. »Ach was, der ist im Innenministerium und holt sich neue Orders ab.
Hier, mach mal auf.« Fingerloos reichte ihm eine Tüte mit Salzstangen.
Hansen griff
beherzt zu und nahm einen großen Schluck Bier. »Und ich dachte schon …«
Fingerloos
grinste breit. »… dass ich Sörensens abgehackten Kopf aus der Gerichtsmedizin anschleppen
würde? Mensch, Hansen, du kennst doch die Vorschriften. Dass ich nicht lache.«
Hansen musste
über sich selbst lachen, dass ein Profi wie er seinem Kollegen Fingerloos auf den
Leim gegangen war. »Sonst noch irgendwelche Hinweise?«
Fingerloos
stockte kurz, und dann verschwand seine Hand wieder in der Box. Er fischte einen
abgetrennten Finger heraus, der in einer durchsichtigen Plastikfolie eingeschweißt
war. »Hier, Sörensens linker Ringfinger, den hätte ich fast vergessen. Schau mal,
Konrad, die Druckstelle von einem Ring kann man immer noch deutlich erkennen. Am
Tatort war er aber nicht aufzufinden.«
Dieses Mal
erschrak Hansen nicht wegen seines Vornamens. Er rannte zum Waschbecken und spuckte
seinen Mundinhalt aus.
Fingerloos
beobachtete ihn staunend. »Ist irgendetwas mit dir nicht in Ordnung? Das ist doch
eine klasse Spur, die ich entdeckt habe.«
»Nicht in
Ordnung? Das ist eine Riesensauerei, mir aus diesem Behälter Bier und Salzstangen
anzubieten.«
Fingerloos
zeigte sich ungerührt. »Wieso, es war doch alles original verpackt, selbst der Finger.
Wenn wir Sörensens Ring finden, dann haben wir vermutlich den Täter gefunden oder
zumindest genauere Hinweise auf den Täterkreis erlangt.«
»Das mag
sein, aber es ist ekelhaft. Wie bist du überhaupt an den Finger geraten?«
Fingerloos
tat unschuldig. »Der Finger lag im Kühlraum der Gerichtsmedizin herum und schaute
mich an. Schien mir interessant zu sein.«
Ungläubig
schüttelte Hansen den Kopf. »Dann sieh bitte zu, dass er schnellstmöglich dorthin
zurückkehrt.«
Fingerloos
zuckte mit den Schultern und legte den Finger in die Kühlbox zurück. »Der Täter
wird ihn dem Opfer abgerissen haben, weil er den Ring nicht anders herunterbekam.
Wenn dieser Mord eine Warnung an die Energiewirtschaft darstellen sollte, dann ist
der verschwundene Ring sicherlich nicht
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