Küstengold: Kriminalroman (German Edition)
Gläschen Wein weinend einen Liebesfilm gesehen. Völlig weltfremd, befand Stuhr,
aber seine Hand glitt wieder zum Roman. Neugierig las er weiter. Jetzt lernte die
Powerfrau auch noch einen PR-Berater kennen, der sie ebenfalls umgarnte. Stuhr wünschte
sich, dass sie beide Kerle abschmetterte. Aber Vivi schien bei dem PR-Menschen schwach
zu werden. ›Wenn der Schmerz am größten ist, dann weißt du, was du am meisten vermisst.‹
Verwundert
blickte Stuhr auf. Wie konnte die Autorin seine Seelenlage erfühlen? Vielleicht
lohnte es doch noch, das Buch zu Ende zu lesen.
Sein Handy
klingelte. Er fluchte über die Störung, denn ihn interessierte mehr, ob die Powerfrau
sich an ihren Galan schmiss oder an den heimischen Herd zurückkehrte, obwohl die
Lösung noch etliche Seiten auf sich warten ließ.
Erneut nervte
ihn ein diesmal lang anhaltendes Klingeln. Verärgert entschied sich Stuhr, ein Päuschen
einzulegen. Er griff zum Handy und nahm mürrisch das Gespräch an. Die Stimme kannte
er.
»Ich bin’s,
Jenny.«
Stuhr stieg
ein Kloß im Hals hoch. Nur knapp grüßte er zurück. »Moin.«
»Das mit
Sonntag war anders, als du vielleicht denkst. Tut mir leid, aber ich war mächtig
in Brass. Ich habe mich so wegen diesem Schneider geärgert.«
Eine Entschuldigung
für die Watschen war das zwar nicht, aber immerhin lenkte sie ein.
»Ist schon
in Ordnung, Jenny. Ich lebe ja noch.«
Jennys Stimme
klang gleichgültig. »Dein Sankt Peter ist eben nicht mein Sankt Peter, Helge.«
Hallo, klang
da nicht schon wieder die beleidigte Leberwurst durch? Stuhr zwang sich, nicht wieder
in Streit mit ihr zu geraten. Das hatte er aus dem hellblauen Büchlein mitgenommen.
Aber was sollte er antworten?
So fuhr
Jenny ungehindert fort. »Ich hatte gedacht, dass du ein wenig gereift wärst nach
deiner Affäre im letzten Sommer mit deiner Verflossenen. Deine ›geliebte‹ Angelika
Rieder hat mich neulich am Telefon über so einiges aufgeklärt. Das war kein Spaß
für mich. Dich will sie nie wieder sehen. Sag was.«
Eine gute
Nachricht, denn für Stuhr war es auch kein Spaß. Schließlich hatte Angelika versucht,
ihm ihre Tochter als Vater unterzujubeln. Dem hatte sich Stuhr natürlich entzogen.
Angriff ist die beste Verteidigung, sagte er sich.
»Meinst
du eigentlich, es macht mir Spaß, dich mit meinem ehemaligen Untergebenen am Strand
herumstolzieren zu sehen?«
Jenny prustete
los. »Mit Dreesen? Sag mal, Stuhr, seit wann bist du denn eifersüchtig?«
Stuhr ärgerte
sich. Eifersucht kannte er erst, seitdem er mit Jenny zusammen war. Das musste sie
aber nicht wissen. »Bin ich ja gar nicht.«
»Und?« Jennys
Stimme klang seltsam.
»Was und?«,
fragte Stuhr nach.
»Na, das
Mädchen. Die Sophie. Ist sie dein Kind?«
Das hätte
Stuhr auch gern gewusst, aber er konnte sich nicht durchringen. Vielleicht war es
besser so, dass man es nicht wusste. Jenny wollte jedoch mit Sicherheit etwas anderes
hören.
»Das wird
zu untersuchen sein. Wenn es meine Tochter ist, dann werde ich mich um sie kümmern.«
Jennys Reaktion
war erstaunlich. »Mensch, Helge. Das hätte ich von dir nicht erwartet. Du scheinst
ja Verantwortung zu übernehmen. Hut ab.«
Er hatte
natürlich gelogen, aber zum Glück konnte Jenny seinen roten Kopf nicht sehen. »Wenn
du mehr weißt, dann kannst du dich ja einfach mal melden.«
»Egal, wie
die Sache mit der Vaterschaft ausgeht?«
Jennys Antwort
war eindeutig. »Ja, sicher. Helge, du musst zu deiner Verantwortung stehen. Ein
Kind braucht seinen Vater. Tschüß.«
Stuhr verabschiedete
sich ebenfalls. Er griff zum hellblauen Büchlein, aber seine Gedanken hingen weiter
an Jennys Lippen. Wieso interessierte sie sich so für Sophie? Eine Vaterschaft als
Mittfünfziger, dass konnte kein Vergnügen sein. Sollte er sich nicht doch einem
Vaterschaftstest unterziehen? Er malte sich aus, wie es wäre, wenn Angelikas Tochter
bei Jenny und ihm am Wochenende zu Besuch wäre. Familienleben, so nannte man das
wohl.
Ach was.
Morgen war schließlich auch noch ein Tag. Er entschied sich für das Strandleben.
Spurensuche
Schlecht gelaunt blickte Hansen
aus dem Fenster der Kieler Polizeidirektion. Wieder war ein Tag ergebnislos verstrichen.
Nichts lief zusammen, bis endlich Pferdi Fingerloos mit den Ergebnissen der Obduktion
in sein Büro marschiert kam.
»Moin, Konrad.
Halt dich fest. Sörensen war bereits tot, als er auf der Hebebühne festgebunden
wurde. Ein feiner Stich ins Herz. Blitzsauberes Handwerk.«
Hansen
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