Küstengold: Kriminalroman (German Edition)
war
glücklicherweise das letzte Lebenszeichen, was ich von ihm erhalten habe. Gestatten,
Laetitia Freifrau von Ambergen. Für Bürgerliche wie Sie kurz Titti. Prösterchen.«
»Hallo,
Titti, angenehm. Prösterchen.«
Der Drink
war erfrischend, und mit der fröhlichen Damengesellschaft auf der Sonnenterrasse
zu scherzen, das war alles andere als unangenehm. Er wollte sich revanchieren. Dazu
musste er die richtigen Worte finden. »Meine Damen, wir sollten zusammen den Herrn
Schneider versaufen. Darf ich Sie für die erlittenen Qualen mit einem Drink trösten?«
Diese Frage
löste Begeisterung bei der Damenriege aus. Euphorisiert erhob Stuhr im Arm von Verena
fünf Finger, um den Nachschub zu sichern.
Freudig
erhob sich die Barkeeperin, um den Auftrag auszuführen.
Im Laufe
des folgenden Small Talks bemerkte Stuhr an den lockeren Zungen, dass die Damen
schon ordentlich vorgeglüht haben mussten. Das gestaltete das Gespräch ausgesprochen
amüsant.
Endlich
kehrte die Barkeeperin mit den neuen Cocktails zurück und reihte sie sorgfältig
auf. Dabei glitt allerdings ihre Sprachkunst ein wenig in das Vulgäre ab. »Versaufen,
das Schwein Schneider? Ich bin dabei.«
Oh je, auch
die Barkeeperin musste einschlägige Erfahrungen mit Schneider gesammelt haben. Stuhr
erhob sein Glas zur enttäuschten Damenrunde. »Der Stimmung entnehme ich, dass wir
uns duzen sollten. Ich bin Stuhr. Prost, auf euch.«
Obwohl ihn
Verena zur Strafe fester an ihren Busen drückte, hatte sich Stuhr wieder einmal
für seinen Nachnamen zum Duzen entschieden.
Die Damen
stellten sich nun mit ihren Drink vor ihm auf. Verena musste ihn aus ihrem Griff
entlassen, damit er sich zum Brüderschaftskuss erheben konnte.
Die angeschickerte
Titti näherte sich als Erste und küsste ihn mit ihren weichen Lippen. »Schon einmal
in ein Adelshaus hineingestochen?«
Es fiel
Stuhr schwer, die Contenance zu wahren. »Bis jetzt noch nicht, Titti. Aber heute
versaufen wir erst einmal Schneider. Okay?«
Die an ihm
klebende Dame hatte alkoholisch bedingte Schwierigkeiten, sich von ihm zu lösen.
Dann nahte schon das nächste Gerät, diese Madeleine. Sie war ebenfalls reichlich
angeschickert, aber deutlich zielstrebiger. Während sie ihm ihre Botschaft ins Ohr
hauchte, zog sie ihn an sich. »Schön, dass es dich gibt, Stuhr. Vergiss mich nicht.
Die kleine Madeleine kann dir vieles ermöglichen.«
Wenngleich
Stuhr inzwischen mit dem Denken Schwierigkeiten hatte, war er heilfroh, dass nach
diesen unerwarteten Begegnungen nicht auch noch die junge Barkeeperin auf ihn zustürzte.
Verena zog
die Zügel wieder an sich, indem sie aufstand und ihn von Madeleine weg auf ihren
Stuhl zerrte. »Schnucki, weißt du eigentlich, dass du im Gegensatz zu den vielen
Flitzpiepen am Ort vieles von dem hast, was sich eine moderne Frau wünscht?«
Moderne
Frau. Hatte er nicht gerade erst einen zweiten Frauenroman erworben, um deren Seelenleben
zu erkunden? Er griff zum Glas und leerte es in einem Zug. Verena hatte schon wieder
ihre verführerischen gelben Lederstiefel an. Überhaupt, diese lebenslustige Frau,
die gefiel ihm. Das ging neben den Drinks nicht spurlos an seinem Verstand vorbei.
Er bestellte
eine weitere Runde. Während er auf die Auslieferung wartete, überlegte er, was die
Damen in ihrer ausgelassenen Fröhlichkeit verband. Erst als die junge Barkeeperin
mit neuen Drinks erschien, wurde ihm durch das Leuchten in den Augen bei bestimmten
Themen das gemeinsame Ziel der Damen klar. Allesamt wollten sie Schneider ans Leder.
Stuhr überlegte
sich, wie er den Damen schonend raten konnte, von ihren Rachegelüsten abzusehen
und nicht wieder in alte Verhaltensmuster hineinzufallen. Das hatte er aus dem hellblauen
Büchlein mitgenommen. Es war allerdings nicht zu vermuten, dass bei seinen gutgemeinten
Ratschlägen auch nur eine einzige Sorgenfalte die Gesichter der Damen trüben würde.
Plötzlich
kippte der Abendhimmel über ihm nach unten. Verena hatte ihn zurückgezogen und sich
mit ihm auf den Boden gelegt. Dann hatte sie sich gerollt, bis sie auf ihm lag.
»Ich will dich, Stuhr.«
Platt wie
eine Flunder lag er auf dem Rücken, und es konnten nicht nur die Hände von Verena
sein, die ihn bearbeiteten. Sollte das Glück sein?
Eine Männerstimme
machte sich am Terrassenausgang bemerkbar. »Zwei Jack Daniels, bitte. Auf Eis.«
Die Stimme
von Schneider war es nicht, dennoch sprangen die Damen hoch und stoben auseinander.
Madeleine verließ die Terrasse zum Strand hin,
Weitere Kostenlose Bücher