Küstengold: Kriminalroman (German Edition)
mit den Adressen der ehemaligen Rädelsführer
übergeben. Nur du kannst ihm helfen.«
Olli zeigte
sich aber unwillig: »Was soll das, Stuhr? Hamburg ist groß. Wie soll ich denn die
Stecknadel im Heuhaufen finden? Warum bittet Hansen nicht einfach um Diensthilfe
bei der Hamburger Kripo?«
»Mensch,
Olli, das gäbe sofort ein großes Gehacke der Behörden um die Zuständigkeiten. Nein,
das ist völlig ausgeschlossen. Es muss verdeckt ermittelt werden. Der Kommissar
setzt voll auf dich!«
Von Olli
war kein Laut zu vernehmen.
»He, Olli.
Szenekneipen und lange Nächte im Auftrag der Kieler Polizei. Du bekommst einen Tausender
als Lockmittel. Da muss doch was zu machen sein!«
Begeistert
klang Olli nicht, als er zustimmte. »Gut, dann schicke die Liste herüber. Aber ich
garantiere für nichts.« Ohne Gruß beendete Olli das Gespräch.
Das hatte gut geklappt. Zufrieden
machte sich Stuhr auf den Weg zum Kollegen Brodersen ins Wirtschaftsministerium.
Den Kollegen kannte Stuhr schon seit Menschengedenken, und er war genau wie Oberamtsrat
Dreesen mit allen Wassern gewaschen.
Mit einem
kräftigen Schulterklopfen wurde Stuhr begrüßt. »Alter Haudegen! Dich habe ich lange
nicht gesehen. Was kann ich für dich tun?«
»Nur eine
kleine Einschätzung, Brodersen. Nicht mehr. Du hast doch den Meyer-Riemenscheidt
gut gekannt. Ich habe ihn am Samstag in der alten Wassermühle im Neumünsteraner
Staatsforst identifizieren müssen. Er war übel zugerichtet.«
Brodersen
sah ihn betreten an. »Ich habe davon gehört. Mein Gott, er war ein bunter Vogel.
Dennoch war er gewissenhaft bei seinen Prüfungen.«
Stuhr setzte
nach. »Zumindest dauerten diese lange, wie man hört. Du weißt doch sicherlich auch,
dass er andersherum war. Meinst du, dass er deswegen erpresst worden sein könnte?«
Brodersen
setzte nun wieder das breiteste Grinsen auf, das ihm möglich war. »Nein, Stuhr.
Der hat nie einen Hehl aus seinem Schwulsein gemacht. Das wussten alle. Er war nicht
unbeliebt. Meyer-Riemenscheidt kam sogar auf einem rosa Damenfahrrad zum Dienst
und verschenkte zum Geburtstag Seife am Band an seine männlichen Kollegen, damit
sie keine Angst beim Duschen vor ihm haben mussten. Er war ein feiner Kerl.«
Endlich
einmal ein Fürsprecher für Meyer-Riemenscheidt. Stuhr ging ans Eingemachte. »Du
hörst doch viel, Brodersen. Wie schätzt du denn das Gerücht ein, dass die Russen
bei uns an der Übernahme der örtlichen Energieversorger interessiert sind?«
Brodersen
setzte eine ernste Miene auf. »Da ist absolut etwas dran, Stuhr. Meyer-Riemenscheidt
hat mir vertraulich berichtet, dass die russische UniProm in sieben Städten Schleswig-Holsteins
die Mehrheit der Energieversorger übernehmen will. Nach dem Herunterfahren der Atommeiler
wird das sicherlich ein lukratives Geschäft für die nächsten Jahrzehnte werden.«
Stuhr biss
sich auf die Lippen. Warum nur hatte er Meyer-Riemenscheidt nicht gefragt, ob es
noch mehr Übernahmeanträge gab?
Brodersen
setzte seine Rede fort. »Das ist aber noch nicht alles. Es gibt einen zweiten russischen
Mitbewerber, zumindest in Kiel, Eckernförde, Rendsburg und auch in Neumünster: Die
RusskiGaz. Hast du schon einmal von denen gehört? Der Vorstandschef ist ein gewisser
Oleg Korschunow, der soll ein ganz harter Brocken sein.«
Korschunow?
Das war doch der Russe aus der Sonntagszeitung, der von Schneider und dem Ratsherrn
Meyer eingerahmt wurde. Stuhr bohrte nach. »Das verstehe ich nicht. Der Energiemarkt
in Deutschland ist doch zwischen wenigen großen Anbietern aufgeteilt. Kümmert die
das nicht weiter, wenn die Russen bei uns die kleinen Energieversorger aufkaufen?«
Brodersens
Antwort war erstaunlich lapidar: »Nö. Die kleinen Kraftwerke sind nicht sonderlich
von Interesse für die großen Energieversorger. Peanuts sozusagen. Die wollen lieber
in die Stromnetze investieren, neue Großkraftwerke bauen und Kohlendioxidbunker
unter der Nordsee anlegen, bis die erneuerbaren Energien in ausreichendem Umfang
profitabel betrieben werden können.«
Stuhr zog
eine Bilanz seines neu gewonnenen Wissens. »Aber Kraftwerke, deren Abgase unterirdisch
verbuddelt werden, die könnten doch mithelfen, die Lücke zwischen dem Abschalten
von Atomkraftwerken und der vermehrten Nutzung der erneuerbaren Energien zu schließen?«
Brodersen
schüttelte den Kopf. »Du hast nur theoretisch recht. Deswegen planen die großen
Energieversorger die Kohlendioxidendlager im Wattenmeer, die an der
Weitere Kostenlose Bücher