Küstengold: Kriminalroman (German Edition)
habe ich vor meinen Kollegen
mit lauter Stimme beklagt, dass ich in meiner Bund-Länder-Arbeitsgruppe verlässlich
erfahren habe, dass der Bund den ganzen Kohlendioxid-Dreck im Meeresgrund der Nordsee
in Schleswig-Holstein lagern will. Alles bei uns.«
Brodersen
verstand das nicht. »Und?«
Jetzt triumphierte
Dreesen. »Da haben alle lange Ohren bekommen. Schließlich haben sich inzwischen
überall an der Nordsee Bürgerinitiativen gegen die Kohlendioxid-Verklappung gebildet,
und überall im Watt wehen Protestflaggen.«
Brodersen klappte die Kinnlade herunter.
Nachdenklich fragte er nach: »Aber wenn der Hesselbein jetzt zur Bund-Länder-Arbeitsgruppe
gehört, bekommt der doch mit, was du angezettelt hast.«
Dreesen
schüttelte den Kopf. »Nö. Der Bund-Länder-Arbeitsgruppe habe ich einfach ohne Begründung
schriftlich abgesagt.«
Brodersen
schaute ihn fassungslos an.
Dreesen
fuhr ungerührt fort. »Ich habe anschließend meine Kollegen in Berlin angerufen und
Ihnen von den vielen Bürgerprotesten an der Westküste berichtet. Und dass unsere
Politiker das Ziel haben, alle weiteren Aktivitäten der Arbeitsgruppe zu verhindern.
Keine Reisen und so. Das haben die sofort begriffen. Schleswig-Holstein behält sich
vor, selbst zu entscheiden, wann sie wieder an der Arbeitsgruppe teilnehmen wollen,
haben sie vermerkt. Erstmal keine Einladungen mehr nach Schleswig-Holstein versenden,
heißt das in der Verwaltungspraxis.«
Brodersen
war die Sorge um Dreesen deutlich anzumerken. »Hesselbein wird vermutlich früher
oder später über die Akten stolpern.«
Oberamtsrat
Dreesen lächelte überlegen. »Nein, die Akten sind absolut sicher verwahrt. An einem
Ort, wo sie niemand suchen oder finden wird. Rate mal.«
Brodersen
fiel nichts ein.
Dreesen
erlöste ihn. »In der Zentralregistratur, wo sie hingehören. Ein Labyrinth.«
Brodersen
konnte seine Bewunderung nicht mehr zurückhalten. »Mensch, Dreesen. Du bist ein
Ass. Du gehörst zu denen, die wirklich etwas im Land bewegen.«
»Wenn nicht
ich, Brodersen, wer denn sonst?« Dreesen nickte selbstgefällig. Die Beerdigung der
Bund-Länder-Arbeitsgruppe war ihm staubfrei gelungen. Es wäre ja auch noch schöner,
wenn sich Hesselbein in sein gemachtes Nest gesetzt hätte.
Dreesens Gedanken schweiften wieder
zu Jeanette ab. Gut, sie siezten sich noch. Seit fast einem Jahr. Stuhr hatte letzten
Sommer einfach im falschen Moment dazwischengefunkt. Aber der war seit einiger Zeit
glücklicherweise abgemeldet. Dreesen würde den nächsten Schritt zu einer engen Beziehung
mit Jenny jetzt angehen. Ob es auf Dauer gut gehen würde?
Nachdenklich
sah er seinen Kollegen an. »Sag mal, Brodersen. Bist du eigentlich glücklich?«
Sein Amtskollege
war von dieser unerwarteten Anfrage überrascht, denn er wand sich wie ein Aal. »Mensch,
Dreesen. Du kannst aber anspruchsvolle Fragen stellen. Kennst du einen einzigen
Mann mit Frau und Kindern, der glücklich ist?«
»Nein, ich
meine etwas anderes. Ich bin an einer faszinierenden Frau dran. Hamburger Geldadel,
ausgesprochen gut aussehend. Sonntag geht es mit ihr gemeinsam an die Nordsee.«
Brodersen
wiegelte ab, bevor er die Frage mit einer wegwerfenden Handbewegung abtat. »Na,
erst einmal müsst ihr euch richtig kennen lernen. Nach zehn Jahren ist es dann egal,
mit wem man zusammen ist. Das musst du doch noch von der Ehe mit deiner Olsch wissen.«
Dreesen
hielt dagegen. »Du kannst Jeanette nicht einfach so mit meiner Alten vergleichen.
Das ist eine ganz andere Preisklasse. Zudem verehre ich sie.«
»Deine Exfrau
nicht?«
»Bist du
verrückt, Brodersen? Meine Olsch hat mir nach der Scheidung finanziell dermaßen
die Hosen ausgezogen, dass ich am Stock gehe. Nun kommt endlich wieder ein wenig
Licht in mein Leben, und du machst mir das mies. Ein feiner Kumpel bist du. Hast
du noch einen Pieper?«
Den hatte
Brodersen. »Auf einem Bein kann man bekanntlich schlecht stehen, Dreesen.« Er griff
in die Hosentasche, und dann wiederholte sich die Trinkzeremonie. Brodersen war
neugierig. »Hast du ein Foto von dieser Jeanette?«
Tänzelnd
holte Dreesen beschwingt den Fotoaufsteller von seinem Schreibtisch und übergab
ihn seinem Kollegen. Das Foto zeigte Jeanette und ihn. Sie standen zwar noch getrennt
auf beiden Seiten eines Dienstfahrzeugs, aber solche Beweise zählten in einer Behörde:
Ehepartner, Geliebte, Scheidungen und Kinderglück, all dies ließ sich aus den Fotoaufstellern
ablesen.
»Nicht schlecht«,
brummelte
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