Küstengold: Kriminalroman (German Edition)
können Sie in einer Stunde
mit Ihrem Freund und dem Geldkoffer das Haus verlassen. Vor der Tür erwartet Sie
die Limousine, die Sie vom Bahnhof hierher gebracht hat. Der Fahrer wird Sie an
einen Ort Ihrer Wahl bringen und uns von Ihrem Aufenthaltsort in Kenntnis setzen.«
Olli konnte
es kaum fassen, dass diese Veranstaltung jetzt schon beendet sein sollte. Mit dem
Kommissar war immer alles viel schwieriger, mit Stuhr unauflösbar.
Der Syndikus
rückte näher und offenbarte einen scheußlichen Mundgeruch. »Herr Heldt, nach der
Abwicklung dieser Geschichte sollten wir über andere Optionen reden. Warum nicht
über Medienverträge, eine entsprechende Beteiligung meinerseits vorausgesetzt?«
Olli nickte,
um die Gemüter zu beruhigen. Er wollte mit seinem kleinen rumänischen Goldschatz
aus dieser komplizierten Nummer herauskommen und folgte mit Jelena dem unvermeidlichen
Eckstein in das Treppenhaus.
Als sie
die marmornen Treppen herabschritten, konnte Olli Wortfetzen vernehmen, die er nicht
einschätzen konnte. »Ja, hier ist Schneider … ja ich, wer denn sonst? … sicher,
Sie bekommen alles umgehend per Mail …Verdächtigen Sie uns nicht ohne Grund … Blankenese,
auf dem Süllberg … morgen … Ja, Meyer muss sich was einfallen lassen, richtig …
Tun Sie, was Sie tun müssen …«
Dann sah
er den feinen Herrn Schneider aus dem Hotel eilen. Das schien nichts Gutes zu verheißen.
Olli wollte nur noch weg und endlich das Geld aus dem Koffer zwischen seinen Händen
fühlen.
Und seine
Jelena natürlich auch.
Heiß und kalt
Stuhrs Kopf dröhnte noch mächtig
vom Lärm des gestrigen Abends, als er spät am Vormittag aufstand. Er war gespannt,
was Petra Bester heute in ihrem Käseblatt verbreiten würde. Splitternackt öffnete
er seine Wohnungstür einen Spalt und fischte unbemerkt die Kieler Rundschau von
seiner Fußmatte. Er drückte sich einen Kaffee aus der Maschine und verzog sich mit
seiner Lektüre zurück in sein warmes Bett.
Mordserie
vor der Aufklärung? Neue Verdächtige im Visier!, lauteten die Schlagzeilen der Kieler
Rundschau. Petra Bester wurde exklusiv als Verfasserin des Artikels hervorgehoben,
was für eine Verlegerin ungewöhnlich war wegen der damit verbundenen persönlichen
Angreifbarkeit. Er blätterte auf die zweite Seite und musste ihr zugestehen, dass
sie sowohl die Titelstory als auch den Kommentar brillant geschrieben hatte. Sie
war ein echter Profi.
Allerdings
stellte Stuhr schnell fest, dass Petra mit ihren neuesten Enthüllungen und Vermutungen
einen ziemlich großen Optimismus an den Tag legte, denn es gab kaum neue Fakten.
Immerhin gab es einen Hinweis auf die KR-Online mit der Ankündigung auf neue Veröffentlichungen
am Mittag.
Stuhr stand
auf und zog seine Vorhänge im Schlafzimmer zum ersten Mal auf. Er war erleichtert,
endlich einmal in seiner neuen Wohnung ein Stück weitergekommen zu sein, und dafür
wurde er mit einem prächtigen Blick auf die Innenstadt und den Bootshafen belohnt.
Er hatte gestern auch an den Fenstern im Bad und in der Küche orange gestreiften
Markisenstoff angebracht, der wieder mehr Fröhlichkeit in sein Leben bringen sollte.
Irgendwie musste es weitergehen, auch ohne Jenny.
Die Begegnung mit Petra gestern
ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Sie hätte ihn nicht küssen müssen, denn gestern
Abend hätte sie jeden in der Festhalle haben können. Warum tat sie das? War sie
sich nicht ihrer Ausstrahlung bewusst? Oder war es Kalkül?
Das Telefon
klingelte. Die Nummer im Display begann mit 988, es war ein Anschluss der Landesregierung.
Stuhr nahm gespannt ab.
Es war Brodersens
aufgeregte Stimme, die triumphierend verkündete, dass der Staatssekretär letztendlich
nun doch nicht die Genehmigungen zur Übernahme der Energieversorger in Kiel und
Eckernförde paraphiert hatte. Dem Flurfunk nach soll der entscheidende Wink aus
dem Innenministerium gekommen sein.
Stuhr fragte
ungläubig nach: »Brodersen, wie kommst du denn darauf? Das ist nicht zu glauben.
Das Innenministerium kümmert sich um Polizei und Vergaberecht und so. Wo soll da
ein Wink herkommen?«
Brodersen
zögerte. Dann flüsterte er. »Aus der Abteilung 9 ¾, woher denn sonst?«
»Verdammt
noch mal, was in aller Welt ist denn im Innenministerium die Abteilung 9 ¾?«
»Das Innenministerium
hat sechs Abteilungen mit knapp 30 Referaten. Laut Geschäftsverteilung ist die letzte
Abteilung für den Verfassungsschutz zuständig, aber im Gegensatz zu den anderen
Referaten werden hier
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